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MELDUNG/1939: Finnisches Publikum konsterniert (SB)



Johann Duhaupas schickt Robert Helenius auf die Bretter

In einem Kampf zweier namhafter Schwergewichtler, der in der Hartwall Arena der finnischen Hauptstadt Helsinki über die Bühne ging, hat der Franzose Johann Duhaupas den Lokalmatador Robert Helenius in der sechsten Runde besiegt und ihm damit die erste Niederlage seiner Profikarriere beigebracht. Zugleich sicherte sich der französische Gast den vakanten Silbergürtel des Verbands WBC. Für den 35 Jahre alten Duhaupas, der in der WBC-Rangliste an Nummer dreizehn geführt wird, stehen nun 34 gewonnene und drei verlorene Auftritte zu Buche. Die Bilanz des 32jährigen Helenius, der an zwölfter Stelle der IBF-Rangliste notiert ist, weist jetzt neben 22 Erfolgen den aktuellen Rückschlag auf.

Helenius kam während des gesamten Kampfes schlecht mit der Taktik seines Gegners zurecht, auf ihn loszumarschieren und fortgesetzt Druck auszuüben. Wenngleich der Finne dem angreifenden Franzosen gut plazierte Treffer verpaßte, zeigte dieser keinerlei Wirkung und ging unbeirrt durch diese Schläge hindurch. Wohl war es Helenius, der die größere Wucht in den Fäusten aufzubieten schien, doch stellte sein Kontrahent außergewöhnliche Nehmerqualitäten unter Beweis. Auf diese Weise gelang es Duhaupas, sich immer wieder in Position zu bringen, um dem Finnen seinerseits Schläge zu versetzen, deren Anzahl die des Lokalmatadors deutlich übertraf.

In der Vergangenheit hatte der zwei Meter messende Helenius von seiner Größe und überlegenen Reichweite profitiert, die es ihm erlaubte, deutlich kleinere Gegner mit seinen Schlägen auf Abstand zu halten und oftmals auf die Bretter zu schicken. Das funktionierte jedoch im Falle des Franzosen überhaupt nicht, der mit 1,95 m zu nah an den Finnen heranreichte und vor allem so robust agierte, daß er mit einzelnen Treffern weder aufzuhalten noch in seiner Schlagfrequenz zu bremsen war.

In welchem Maße Duhaupas den Favoriten des Publikums in Helsinki mit seinen häufigeren Treffern zermürbt hatte, zeigte sich in der vierten Runde, als Helenius nach einem Schlag gegen den Kopf erstmals zu Boden gehen mußte. Er kam rechtzeitig wieder auf die Beine und setzte den Kampf fort, schien aber in der Folge ungeachtet der größeren Aktivität des Franzosen rascher als dieser zu ermüden. Ob das auf grundsätzliche Konditionsprobleme des Finnen oder eher die häufigeren eingesteckten Treffer zurückzuführen war, sei dahingestellt, jedenfalls wirkte Helenius zunehmend geschwächt.

In der sechsten Runde war es schließlich um ihn geschehen, als ihn Duhaupas mit einer sehenswerten Links-rechts-Kombinationen ein zweites Mal niederschlug. Auch diesmal raffte sich Helenius wieder auf, bevor er ausgezählt werden konnte, doch taumelte er schwer angeschlagen durch den Ring und fiel in die Seile, worauf der mexikanische Referee Jose Guadalupe Garcia den Kampf völlig zu Recht für beendet erklärte, da sich der Finne nicht mehr verteidigen konnte. [1]

Nach acht Jahren im Profigeschäft steht Robert Helenius mit leeren Händen da. Der frühere Europameister galt einst als eines der vielversprechendsten Talente im Schwergewicht, wurde dann aber von Verletzungen heimgesucht und durch den Streit mit seinem damaligen Promoter Sauerland Event, der mit einer Trennung endete, über eine längere Frist auf Eis gelegt. Er war gerade dabei, seine Karriere neu aufzubauen und ihr nach einigen leichteren Kämpfen mit dem erhofften Sieg über Johann Duhaupas einen beträchtlichen Schub zu verleihen, als dieses Vorhaben nun in einen herben Rückschlag mündete.

Zweifellos hatte Helenius den Kampf des robusten Franzosen gegen Deontay Wilder im September 2015 ausgiebig studiert, bei dem sich der WBC-Weltmeister in der elften Runde durchsetzen konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der US-Amerikaner, dessen Schläge wegen ihrer enormen Schnelligkeit und Wucht gefürchtet sind, dem Franzosen zahlreiche schwere Treffer verpaßt, die der Herausforderer jedoch lange unbeeindruckt wegstecken konnte. Wilders Offensive und Beweglichkeit schränkten den Franzosen indessen beträchtlich ein, und als dieser im elften Durchgang Treffer um Treffer einstecken mußte, nahm ihn der Ringrichter schließlich aus Gründen des Schutzes aus dem Kampf.

Hingegen war Helenius nicht in der Lage, den Kampf auch nur annähernd so schnell wie Wilder zu gestalten und Duhaupas fortgesetzt Schläge zu verpassen. Statt dessen setzte der Finne auf Einzeltreffer, die er mit großer Wucht anzubringen versuchte. Das reichte bei dem standhaften Franzosen schlichtweg nicht aus, der an diesem Abend erneut unter Beweis stellte, daß er ein sehr guter Schwergewichtler ist. Wenngleich sich erst noch zeigen müßte, wie er mit dem ebenfalls robusten und überdies schlaggewaltigen Kubaner Luis Ortiz zurechtkäme, könnte Duhaupas allen anderen namhaften Konkurrenten Probleme bereiten, ob sie nun Tyson Fury, Wladimir Klitschko, Anthony Joshua, Alexander Powetkin oder Kubrat Pulew heißen. Der nun gewonnene Silbergürtel des WBC sollte dem Franzosen nicht nur in der Rangfolge dieses Verbands einen deutlichen Sprung nach vorn bescheren.

Für Robert Helenius sieht die nahe Zukunft hingegen wesentlich problembefrachteter aus, da bei seiner Niederlage in Helsinki gleich mehrere Mängel zutage traten. Zum einen brach er konditionell zu einem relativ frühen Zeitpunkt ein, so daß er in dieser Hinsicht viel Arbeit investieren muß, um mit einer hochklassigen Konkurrenz mithalten zu können. Auch ist seine Körpergröße längst keine Ausnahmeerscheinung mehr, da die oberen Ränge des Schwergewichts inzwischen von einer ganzen Reihe talentierter Akteure bevölkert sind, die annähernd zwei Meter oder mehr messen. Vor allem aber erwies sich seine Kampfesweise, mit eher sporadischen wuchtigen Einzeltreffern zu arbeiten, als eindimensional und unflexibel. Er müßte schon eine durchgängig höhere Schlagfrequenz etablieren, will er gefährliche Kontrahenten an der Entfaltung hindern und zermürben. Ein großes Fragezeichen steht nicht zuletzt hinter seinen Nehmerqualitäten, die Duhaupas erfolgreich auf die Probe zu stellen verstand. Auch dies scheint ein Aspekt zu sein, der für Helenius in der Vergangenheit nur deswegen nicht negativ zu Buche schlug, weil die zumeist körperlich unterlegenen Gegner des Finnen nicht nahe genug an ihn herankamen, um einen Volltreffer ins Ziel zu bringen.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/04/johann-duhaupas/#more-207573

4. April 2016


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