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MELDUNG/1972: Die Schulter hält, der Gegner fällt (SB)



Artur Beterbijew viel zu stark für Ezequiel Maderna

Nach seiner verletzungsbedingten Pause von einem Jahr hat sich der Halbschwergewichtler Artur Beterbijew erfolgreich im Ring zurückgemeldet. Der in Montreal lebende Russe hatte weder Probleme mit der operierten rechten Schulterpartie noch mit seinem Gegner Ezequiel Maderna, der im Bell Centre nach 56 Sekunden der vierten Runde die Segel streichen mußte. Während der 31jährige Beterbijew damit in zehn Profikämpfen ungeschlagen ist, stehen für den zwei Jahre jüngeren Argentinier jetzt 23 Siege und drei Niederlagen zu Buche.

Zum Auftakt zollte man dem am Freitag im Alter von 74 Jahren verstorbenen Muhammad Ali auf traditionelle Weise mit zehn Schlägen der Ringglocke Tribut, worauf das Publikum den Refrain "Ali, Ali" skandierte. Als dann der Hauptkampf des Abends eingeläutet wurde, ließ Beterbijew keinerlei Eingewöhnungsprobleme erkennen, sondern ging sofort in die Offensive. Der Russe wirkte etwas massiver als vor Jahresfrist und war seinem Kontrahenten körperlich überlegen. Dies erlaubte es ihm, durch die Schläge des Argentiniers hindurchzumarschieren, der allenfalls phasenweise mithalten konnte. Maderna wußte natürlich um die gefürchtete Schlagwirkung des Russen, der bislang alle Gegner vorzeitig besiegt hat und längst zu den allerbesten Akteuren seiner Gewichtsklasse gezählt wird.

Daher versuchte der Außenseiter aus Buenos Aires, den wuchtigen Treffern Beterbijews zu entgehen, indem er sich durch Drehungen entzog. Da es ihm aber sowohl an Schnelligkeit als auch an Schlagwirkung fehlte, vermochte er den Russen nicht lange aufzuhalten. Dieser bereitete mit kurz und hart geschlagenen Jabs seine Angriffe mit der Rechten vor, deren Wucht den Kontrahenten zusehends in Mitleidenschaft zog. Nachdem er Maderna zwei Runden lang unablässig gejagt hatte, schickte er ihn im folgenden Durchgang zweimal auf die Bretter. In beiden Fällen spuckte der Argentinier den Mundschutz aus, um sich Erholungszeit zu verschaffen, wofür ihn Ringrichter Marlon B. Wright mit einem Punktabzug bestrafte.

Maderna erreichte mit diesem Manöver zwar die vierte Runde, wurde dann aber bereits nach wenigen Sekunden von der Rechten Beterbijews ein drittes Mal zu Boden geschlagen. Der Argentinier zögerte kurz, kam dann rechtzeitig auf die Beine und landete sofort wieder auf den Brettern. Dort blieb er sitzen, um sich auszählen zu lassen, worauf seine Ecke zum Zeichen der Aufgabe der Handtuch warf, noch bevor der Referee bei zehn angekommen war. Beterbijew erwies sich schlichtweg als zu stark für den argentinischen Olympiateilnehmer des Jahres 2008, der in diesem Kampf von Anfang an heillos überfordert wirkte. [1]

Artur Beterbijew hatte sich im Juni 2015 in der siebten Runde gegen Woody Johnson durchgesetzt. Danach bereitete er sich gerade auf einen Ausscheidungskampf vor, dessen Sieger neuer Pflichtherausforderer des Weltmeisters werden sollte, als er sich die Verletzung am Schultergelenk zuzog. Diese wurde als gravierend diagnostiziert, so daß eine Operation unvermeidlich war. Um eine Titelchance zu bekommen, muß der Russe nun einen etwas längeren Anlauf als geplant nehmen, was den beiden amtierenden Weltmeistern nur recht sein kann.

Sergej Kowaljow, der Champion der Verbände WBA, WBO und IBF, ist vorerst ohnehin in andere Aufgaben eingebunden. Im Rahmen seines Vertrags mit dem Sender HBO trifft er zunächst am 11. Juli auf Isaac Chilemba, worauf im Herbst ein schwerer Kampf gegen Andre Ward ansteht, den ungeschlagenen ehemaligen Weltmeister im Supermittelgewicht. Der Kalifornier aus Oakland ist ebenfalls vertraglich an HBO gebunden, wobei ihr Duell als krönender Abschluß einer Serie von jeweils drei Kämpfen konzipiert ist. Artur Beterbijew, der seinen russischen Landsmann vor Jahren im Amateurlager besiegt hat und darauf vertraut, diese Dominanz auch unter professionellen Bedingungen durchsetzen zu können, muß sich also bis 2017 gedulden, ehe es zum Kräftemessen mit Sergej Kowaljow kommen könnte.

Beterbijew wirkte bei seinem jüngsten Auftritt in Montreal muskulöser als in der Vergangenheit und deutlich massiver als sein argentinischer Kontrahent. Er könnte problemlos im Cruisergewicht antreten und muß vor seinen Auftritten in der angestammten Gewichtsklasse offenbar gehörig abkochen, um beim offiziellen Wiegen im vorgeschriebenen Limit zu bleiben. Der Russe ist gefährlich wie eh und je, bewegt sich aber nicht sonderlich schnell, was seine Fußarbeit und die Schläge betrifft. In seiner Kampfesweise erinnert er ein wenig an den jungen George Foreman, dessen Schläge durchaus im Ansatz zu erkennen waren, aber mit verheerender Wucht eintrafen.

Sollte Beterbijew im nächsten Jahr auf den WBC-Champion Adonis Stevenson treffen, könnte ihm dessen Schnelligkeit Probleme bereiten. Zudem kann der Kanadier seinerseits gewaltig zuschlagen, so daß der Russe solide Nehmerqualitäten unter Beweis stellen müßte. Andererseits bietet auch Beterbijew eine enorme Schlagwirkung auf, die ausreichen würde, um Stevenson von den Beinen zu holen. Daher könnte sich der Russe durchaus als das "Kryptonit" erweisen, dem Adonis "Superman" Stevenson nicht gewachsen ist. [2]


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/15963867/undefeated-light-heavyweight-artur-beterbiev-scores-fourth-round-ko-ezequiel-maderna-return

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/06/beterbiev-stops-maderna/#more-211506

6. Juni 2016


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