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MELDUNG/2008: Steiniger Rückweg auf den Gipfel (SB)



Marco Huck hat sich den Briten Ovill McKenzie ausgesucht

Als Marco Huck noch beim Berliner Promoter Sauerland Event unter Vertrag stand und von Ulli Wegner trainiert wurde, war er von 2009 bis 2015 sechs Jahre lang WBO-Weltmeister im Cruisergewicht und hat diesen Titel dreizehnmal erfolgreich verteidigt. Bei einem Abstecher ins Schwergewicht trat er im Februar 2012 gegen Alexander Powetkin an, der damals regulärer WBA-Weltmeister war. Obgleich Huck neun Kilo leichter als der Russe war, gab er eine ausgezeichnete Vorstellung und nötigte dem Favoriten nach zwölf Runden ein umstrittenes Unentschieden ab.

Nach seiner Trennung von Sauerland und Wegner vermarktete sich Huck in Eigenregie und gab im August 2015 sein Debüt in den USA. Er traf dabei auf den ungeschlagenen Polen Krzysztof Glowacki, der als Außenseiter galt. Der Titelverteidiger ging mit aller Macht auf den Herausforderer los, um ihn niederzuzwingen, lief dabei aber ins offene Messer, da er sich durch K.o. in der elften Runde geschlagen geben mußte. Er lag zu diesem Zeitpunkt nach Punkten in Führung und hätte den Vorsprung bei einer besonneneren Kampfesweise sicher nach Hause boxen können.

Ende Februar 2016 kehrte Huck in den Ring zurück und traf dabei vor 7000 Zuschauern in Halle/Westfalen zum vierten Mal auf seinen alten Rivalen Ola Afolabi, der den Titel des kleineren Verbands IBO mitbrachte. Der vier Jahre ältere gebürtige Nigerianer, der die britische Staatsbürgerschaft besitzt und in Los Angeles lebt, kam von Beginn an mit dem Ungestüm seines Gegners nicht zurecht, der ihn immer wieder mit wuchtigen Schlägen traktierte. Afolabi hielt zwar recht gut mit, geriet aber zusehends in Rückstand. Der Kampf wurde schließlich nach der zehnten Runde von dem erfahrenen Ringrichter Jack Reiss auf Anraten des Ringarztes abgebrochen, da das linke Auge des Titelverteidigers derart zugeschwollen war, daß ihm aufgrund der eingeschränkten Sicht ein schwerer Niederschlag drohte. Damit war Huck wieder Weltmeister, wenn auch vorerst nur des kleinen Verbands IBO.

Marco Huck, dessen Bilanz 39 Siege, drei Niederlagen und ein Unentschieden aufweist, verteidigt seinen IBO-Titel am 24. September in Frankfurt am Main gegen Ovill McKenzie. Der britische Herausforderer hat 25 Auftritte gewonnen, zwölf verloren sowie einmal unentschieden geboxt und wird in der WBC-Rangliste an Nummer acht geführt. Ob es sich dabei um einen Ausscheidungskampf handelt, dessen Sieger neuer Pflichtherausforderer des WBC-Weltmeisters wird, ist bislang nicht bekannt. Diese Position nimmt derzeit der Ranglistenerste Mairis Briedis ein, der eigentlich vor allen anderen an die Reihe kommen sollte.

Champion dieses Verbands ist der Brite Tony Bellew, der als schwächstes Glied in der Kette der Weltmeister im Cruisergewicht gilt. Neben Briedis harrt auch Grigori Drodsd, der vom WBC als Champion im Wartestand geführt wird, auf eine Gelegenheit, sich den Titel zu sichern. Alles hängt nun davon ab, wie lange der Verband zuläßt, daß Bellew diesen beiden gefährlichen Gegnern aus dem Weg geht, denen er kaum gewachsen wäre. Darf der Brite seinen Titel noch geraume Zeit freiwillig verteidigen, wird er sich aller Voraussicht nach schwächere Kandidaten aussuchen.

Was Marco Hucks kommenden Gegner betrifft, so wurde der 36jährige McKenzie in seinem letzten Kampf durch ein fragwürdiges Unentschieden um den Sieg gebracht. Der Brite trat im Oktober 2015 in Buenos Aires gegen den IBF-Weltmeister Victor Ramirez an, den er so gut in den Griff bekam, daß ihn internationale Experten als Sieger sahen. Wenngleich man leider stets damit rechnen muß, daß bei einem relativ engen Kampfverlauf der Heimvorteil den Ausschlag gibt, schien in diesem Fall die Überlegenheit des Gastes auszureichen, um ihn vor einer Benachteiligung zu bewahren. Um so größer war das Erstaunen bei Verkündung des Unentschiedens, wodurch Ramirez den Titel behielt und McKenzie leer ausging.

Für den 31 Jahre alten Marco Huck ist dieser Herausforderer insofern nicht die allerbeste Wahl, als ein Sieg über den Briten mit keinem großen Sprung nach vorn in der WBC-Rangliste verbunden wäre. Huck strebt bekanntermaßen einen Titelkampf gegen Tony Bellew an, den er wohl erst dann bekommen würde, wenn er sich in die Position des Pflichtherausforderers vorangearbeitet hat. Nach seinem Sieg gegen Illunga Makabu im Mai hatte der Brite vollmundig verkündet, er sei nun der beste Boxer im Cruisergewicht und scheue keinen Gegner. Dessen ungeachtet sieht es so aus, als suche er sich für seine erste Titelverteidigung einen vergleichsweise leichten Gegner aus. Daß Huck in naher Zukunft eine Chance bekommt, weil Bellew ihn aus freien Stücken wählt, ist höchst unwahrscheinlich, zählt der ehemalige WBO-Weltmeister doch nach wie vor zu den gefährlichsten Akteuren seiner Gewichtsklasse. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/07/marco-huck-vs-ovill-mckenzie-september-24/#more-213623

21. Juli 2016


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