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MELDUNG/2047: Flurbereinigung im Mittelgewicht (SB)



WBA ordnet Kampf zwischen Gennadi Golowkin und Daniel Jacobs an

Der Verband WBA hat seine Ankündigung wahrgemacht und einen Kampf zwischen dem 34jährigen Superchampion Gennadi Golowkin und dem fünf Jahre jüngeren regulären Weltmeister Daniel Jacobs im Mittelgewicht angeordnet. Laut WBA-Präsident Gilberto Mendoza wurde den beiden Lagern eine Frist von 30 Tagen eingeräumt, sich über die Konditionen zu einigen. Sollte keine Übereinkunft erzielt werden, komme es zu einer Versteigerung der Austragungsrechte. Der Kampf müsse binnen 120 Tagen über die Bühne gehen. Da der Sender HBO den 26. November für Golowkins nächsten Auftritt freihält, könnte das der Termin dieses Duells sein.

Die beiden Mittelgewichtler haben sich am vergangenen Wochenende jeweils vorzeitig gegen ihre Herausforderer durchgesetzt. Jacobs hatte am Freitag keine Probleme, seinen Titel in Reading, Pennsylvania, gegen den überforderten Sergio Mora zu verteidigen, der nach insgesamt fünf Niederschlägen in der siebten Runde die Segel streichen mußte. Am Samstag setzte sich Golowkin in der ausverkauften Londoner O2 Arena gegen den Briten Kell Brook durch, dessen Trainer in der fünften Runde das Handtuch warf.

Für den in 36 Kämpfen ungeschlagenen Kasachen, der die Gürtel der Verbände WBA, WBC, IBF und IBO in seinem Besitz hat, war dies die 17. erfolgreiche Titelverteidigung und der 23. K.o.-Sieg in Folge. Der in Brooklyn lebende Jacobs hat 32 Auftritte gewonnen und einen verloren. Für beide Akteure böte sich bei ihrem Kampf die Gelegenheit, einen namhaften Gegner vor die Fäuste zu bekommen. Wie Jacobs erklärte, wolle er sich mit dem besten Mittelgewichtler messen, und das sei nun einmal Gennadi Golowkin. Der Kasache bezeichnete Jacobs als sehr guten Boxer, mit dem sich in New York ein großartiger Kampf auf die Beine stellen lasse. Unter den gegebenen Umständen sei dies wohl die beste Wahl.

Golowkin würde am liebsten mit Saul "Canelo" Alvarez in den Ring steigen, doch der Mexikaner geht ihm aus dem Weg. Gemeinsam mit seinem Promoter Oscar de la Hoya erfindet er immer neue Ausreden, warum er erst zu einem späteren Zeitpunkt gegen den Kasachen antreten möchte. Da "Canelo" den Anspruch erhebt, der neue Superstar dieser Gewichtsregion, wenn nicht gar der gesamten Branche zu sein, und zudem eine riesige mexikanische Fangemeinde mobilisieren kann, wäre dies der attraktivste und zugleich höchstdotierte Kampf für Golowkin.

Als ein weiterer Wunschgegner ist der Brite Billy Joe Saunders zu nennen, dem der Kasache den WBO-Titel abnehmen möchte, um seine Sammlung mit dem letzten noch fehlenden Titel im Mittelgewicht zu komplettieren. Da aber auch Saunders das Hasenpanier ergriffen hat, stellt Daniel Jacobs die nächstbeste Option dar, und keine schlechte dazu. Auch der New Yorker liebt die Offensive und kann gehörig zuschlagen, so daß ein attraktiver und unterhaltsamer Auftritt zu erwarten wäre.

Da Golowkin vertraglich mit HBO verbunden ist, doch Jacobs mit keinem Sender fest zusammenarbeitet, ist die Frage der Fernsehübertragung mit einigem Gesprächsaufwand verbunden. Daniel Jacobs gehört dem umfangreichen Kader des Beraters Al Haymon an, der vor einiger Zeit von HBO boykottiert wurde. Inzwischen ist jedoch Tauwetter in den Beziehungen eingetreten, worauf HBO die Boxer Al Haymons als Gegner der bei dem Sender unter Vertrag stehenden Stars akzeptiert. So trat Golowkin im April gegen den Pflichtherausforderer Dominic Wade und Saul Alvarez im Mai gegen Amir Khan an. Ob Haymon die Verhandlungen für Jacobs führt, wird sich zeigen, wobei er im Falle einer Versteigerung seine schrumpfende Kriegskasse gegen Golowkins Lager ins Feld führen könnte, das von HBO unterstützt wird. [1]

Möglicherweise könnte die WBA einwilligen, Golowkin zunächst gegen Billy Joe Saunders kämpfen zu lassen und die Pflichtverteidigung gegen Daniel Jacobs auf das Frühjahr 2017 zu verschieben. Dies würde allerdings voraussetzen, daß sich der Brite in Kürze dazu bereiterklärt, was höchst unwahrscheinlich ist. Er hat in der Vergangenheit seine Meinung gewechselt wie das Hemd und sogar laufende Verhandlungen mit Golowkins Team abgebrochen, so daß er in jedem Fall ein unsicherer Kantonist bliebe, auf dessen anfängliche Zusage man solange nichts geben könnte, bis die Verträge unterschrieben sind.

Daß sich Golowkin an die Vorgaben der WBA hält, selbst wenn sie ihm nicht sonderlich gefallen sollten, liegt auf der Hand. Er hat sich zum Ziel gesetzt, alle Titel im Mittelgewicht zusammenzuführen, weshalb er den Gürtel der WBA natürlich nicht am grünen Tisch verlieren möchte. So bleibt nur zu hoffen, daß die anderen Verbände nicht auf die Idee kommen, ihm sogleich den nächsten Pflichtherausforderer vorzusetzen, was ihn auf längere Sicht hindern würde, sich mit Saunders zu befassen.

Für Daniel Jacobs käme der Kampf gegen Golowkin zum bestmöglichen Zeitpunkt, da er seit Beginn seiner Profikarriere im Jahr 2007 noch nie auf so hohem Niveau geboxt hat wie heute. Seine einzige Niederlage bezog er 2010 durch Dimitri Pirog, der ihn von Beginn an dominierte und in der fünften Runde auf die Bretter schickte. Danach fuhr Jacobs Siege gegen nicht allzu gefährliche Gegner wie Jessie Orta, Robert Kliewer, Josh Lutheran, Chris Fitzpatrick und Keenan Collins ein, worauf bekanntere Kontrahenten wie Giovanni Lorenzo und Milton Nunez folgten. Vor zwei Jahren setzte er sich im Kampf um den vakanten Titel des regulären WBA-Weltmeisters gegen den Australier Jarrod Fletcher durch.

Im August 2015 mußte sich Sergio Mora bei ihrer ersten Begegnung in der zweiten Runde wegen eines Bruchs im Fußgelenk geschlagen geben. Im Dezember traf Jacobs in Brooklyn auf seinen guten Freund Peter Quillin, den er bereits in der ersten Runde mit einem Volltreffer besiegte. Quillin war im Grunde sein einziger hochklassiger Gegner, denn bei seinen weiteren Titelverteidigungen hatte Jacobs wieder leichteres Spiel. Die Revanche gegen Mora erwies sich als schlechte Idee, da dieser bei seinem ersten Auftritt seit der Niederlage gegen Jacobs nicht mehr in der Verfassung war, dem Weltmeister Paroli zu bieten. Einem Gegner wie Golowkin hat Daniel Jacobs noch nie gegenübergestanden, zumal der Kasache in der Vergangenheit keine Probleme damit hatte, auch hart schlagende Herausforderer wie Gabriel Rosado, Curtis Stevens und David Lemieux souverän in die Schranken zu weisen. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/17530901/gennady-golovkin-daniel-jacobs-mandatory-bout-monday

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/09/wba-orders-golovkin-vs-jacobs/#more-217146

14. September 2016


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