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MELDUNG/2094: Transatlantischer Schulterschluß (SB)



Richard Schaefer und David Haye arbeiten als Promoter zusammen

Der britische Schwergewichtler David Haye geht davon aus, daß er noch fünfmal im Ring stehen wird, bevor er die Boxhandschuhe endgültig an den Nagel hängt und sich ausschließlich einer Karriere als Promoter widmet. Am 4. März bekommt es der 36jährige Londoner, für den 28 Siege und zwei Niederlagen zu Buche stehen, vor seinem Heimpublikum in der O2 Arena mit Tony Bellew aus Liverpool zu tun. Der Kampf gegen den WBC-Weltmeister im Cruisergewicht, der 28 Auftritte gewonnen, zwei verloren sowie einen unentschieden abgeschlossen hat, soll für Haye lediglich eine Durchgangsstation sein. Ihm steht der Sinn nach seinen Landsleuten Anthony Joshua und Tyson Fury, mit denen er in England noch einmal sehr viel Geld verdienen könnte.

Sollte sich David Haye wie erwartet gegen den 33jährigen Liverpooler durchsetzen, hätte er gute Aussichten, eine Chance gegen den populären IBF-Champion Joshua zu bekommen. Dessen Promoter Eddie Hearn zeigte sich jedenfalls sehr interessiert an dieser Option, die zweifellos einträglich wäre. Allerdings muß Joshua zunächst am 29. April gegen Wladimir Klitschko die Oberhand behalten. Tyson Fury vor die Fäuste zu bekommen dürfte hingegen nicht so einfach sein. Zum einen ist ungewiß, wann der ehemalige Champion seine Karriere wieder aufnimmt, zum anderen hat ihn Haye in der Vergangenheit zweimal aufgrund von Verletzungen versetzt. Ob Furys Wort noch gilt, daß Haye für ihn gestorben sei, da man sich nicht auf ihn verlassen könne, wird sich zeigen.

Auf welche Weise Haye seine sportliche Laufbahn ausklingen lassen kann, hängt natürlich insbesondere davon ab, ob er als Sieger aus seinen geplanten Auftritten hervorgeht und damit attraktiv für andere namhafte Gegner bleibt. Zöge er beispielsweise gegen Anthony Joshua den kürzeren, wäre wohl eine Herausforderung des WBC-Weltmeisters Deontay Wilder aus den USA kein Thema mehr. Dann müßte er mit Kontrahenten wie dem Neuseeländer Joseph Parker, dem Kubaner Luis Ortiz, dem Briten Hughie Fury oder dem Veteranen Shannon Briggs vorliebnehmen. [1]

Daß David Haye dem Boxsport als Promoter erhalten bleibt, ist insofern eine gute Nachricht, als er stets medienaffin für Unterhaltung gesorgt hat, wenngleich man über deren Niveau geteilter Meinung sein kann. Jedenfalls versteht es der Brite ausgezeichnet, Fehden zu inszenieren, die das Publikum in ihren Bann schlagen und zu hochdotierten Kämpfen wie jenem gegen Wladimir Klitschko oder Dereck Chisora führen. Für seine ersten Schritte im neuen Metier hat er sich mit dem denkbar besten Lehrmeister zusammengetan: Richard Schaefer hat 2002 zusammen mit Oscar de la Hoya in Los Angeles die Golden Boy Promotions gegründet und maßgeblich zu ihrem Aufstieg beigetragen. Als ihm De la Hoya in Folge persönlicher Probleme das Ruder zeitweise vollständig überließ, war es der Schweizer, der das gemeinsame Unternehmen im Alleingang zum Marktführer machte und zu einer der einflußreichsten und anerkanntesten Persönlichkeiten der Branche avancierte.

Als De la Hoya wieder auf dem Damm war und Regie führen wollte, kam es zum Zerwürfnis mit Schaefer, der 2014 die Golden Boy Promotions verließ und sich für eine gewisse Frist jeglicher Tätigkeit in diesem Metier enthielt. Im Juni 2016 meldete er sich mit der Gründung von Ringstar Sports zurück und nahm insbesondere hochklassige Amateurboxer unter Vertrag, die größtenteils an den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro teilgenommen hatten. Vor wenigen Tagen wurde dann die Zusammenarbeit mit David Haye bekanntgegeben, die dem Vernehmen nach eine Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe vorsieht. Hayemaker Ringstar soll vor allem Veranstaltungen in Großbritannien über die Bühne bringen, wobei ein Engagement in den USA aber nicht ausgeschlossen ist.

Schaefer wird demnach bereits bei Hayes Kampf gegen Bellew als Co-Promoter mit an Bord sein, so daß es Bellews Promoter Eddie Hearn plötzlich mit einem ausgesprochenen Schwergewicht seiner Zunft zu tun bekommt. Da die Verträge mit Haye bereits unter Dach und Fach sind, wird Schaefers Präsenz diesbezüglich nichts ändern. Andererseits ist nicht ausgeschlossen, daß der Schweizer und sein britischer Kollege über Formen und Möglichkeiten einer künftigen Kooperation nachdenken werden. Schaefer tritt zwar erstmals auf dem britischen Marktsegment in Erscheinung, ist aber bereits seit 2008 gut mit Haye bekannt, mit dem er damals noch in seiner Funktion als operativer Chef der Golden Boy Promotions einen Vertrag als Co-Promoter geschlossen hat. Eigenen Angaben zufolge steht Schaefer kurz vor Abschluß eines Vertrags mit einem britischen Fernsehsender, der die Kampfabende von Haymaker Ringstar übertragen soll.

Wie gut David Haye seine Vorhaben in der Öffentlichkeit verkauft, belegt die Ankündigung seiner Zusammenarbeit mit Richard Schaefer. Der Schulterschluß von Hayemaker und Ringstar werde eine Schockwelle durch das britische Boxgeschäft rollen lassen, so Haye. Gemeinsam wolle man ein völlig neues Konzept von Promotion etablieren: In der Geschichte dieses Sports habe stets der Boxer für den Promoter gearbeitet. Die Geschäftsphilosophie von Hayemaker Ringstar sehe vor, dieses Verhältnis umzukehren, für den Boxer zu arbeiten und auf diese Weise die gesamte Branche positiv zu beeinflussen. Man wolle außergewöhnliche junge Talente entdecken und fördern, so daß sie zu weltweiten Stars aufsteigen könnten.

Die führenden britischen Promoter seien für ihre gute und erfolgreiche Arbeit bekannt. Doch durch die Kombination aus Richard Schaefers beispielloser Erfolgsgeschichte und David Hayes Wissen aus erster Hand, womit einem Boxer am besten gedient ist, stelle Hayemaker Ringstar das bestmögliche Umfeld bereit, um Boxer sportlich und finanziell zu fördern. Er hege nicht den geringsten Zweifel daran, daß Hayemaker Ringstar zum führenden britischen Promoter aufsteigen werde, verkündet David Haye. Daß er gerade erst angefangen hat, sich konkret mit seiner zweiten Karriere zu befassen, hindert ihn keineswegs daran, sich umgehend zum künftigen König der Branche zu erklären. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/01/haye-wants-fury-joshua-part-last-5-fights/#more-225605

[2] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/18522032/richard-schaefer-teams-haye-promotional-alliance

22. Januar 2017


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