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MELDUNG/2131: Himmelsblick bei der Achterbahnfahrt (SB)



Arthur Abraham einstimmiger Punktsieger über Robin Krasniqi

In der mit 6000 Zuschauern ausverkauften Erfurter Messehalle hat sich Arthur Abraham einstimmig nach Punkten gegen Robin Krasniqi durchgesetzt (118:110, 115:114, 117:111). Da es sich um einen Ausscheidungskampf des Verbands WBO im Supermittelgewicht handelte, winkt Abraham nun die Chance, eine Revanche gegen den amtierenden Weltmeister Gilberto Ramirez aus Mexiko zu bestreiten. Sowohl für den 37jährigen Berliner als auch den sieben Jahre jüngeren Münchner stehen jetzt 46 Siege und fünf Niederlagen zu Buche.

Der notorische Spätstarter Abraham machte zunächst keine gute Figur und wurde in den ersten fünf Runden von dem größeren Krasniqi dominiert, der seine Reichweitenvorteile ausspielte. Der Münchner arbeitete fleißig mit dem Jab und schnellen Kombinationen, bewegte sich geschwind und boxte auf diese Weise einen Punktvorsprung heraus. Im sechsten Durchgang drehte Abraham jedoch den Spieß um und versetzte Krasniqi eine wuchtige Rechte, die den Gegner zurücktaumeln ließ. Von diesem Zeitpunkt an befand sich Krasniqi auf der Flucht, um weiteren schweren Treffern zu entgehen. Von den Zuschauern angefeuert, hatte Arthur Abraham nun freie Hand, ihn zu jagen und ihm weitere Schläge zu versetzen.

Offenbar hatte der gebürtige Kosovare jegliche Zuversicht eingebüßt, da er phasenweise nur noch weglief und kaum schlug. Zugleich schien ihn diese unablässige Flucht über Gebühr zu ermüden, da er ausgepumpt wirkte und die direkte Konfrontation mied. In der achten Runde forderte Abraham den Gegner demonstrativ auf, nicht nur im Ring umherzulaufen, sondern mit ihm zu boxen, was jedoch wenig fruchtete. Im neunten Durchgang mußte der Münchner erneut schwere Treffer einstecken, doch ging er nicht zu Boden und hielt bis zum Ende durch. Die Erfurter Zuschauerschaft zeigte sich sehr geduldig mit dem ungleichen Kampf und dem überforderten Krasniqi, was wohl vor allem darauf zurückzuführen war, daß mit Abraham der Publikumsliebling einem sicheren Sieg entgegensteuerte. [1]

Es sei ein sehr sehenswerter Kampf mit einem klaren Sieger gewesen, urteilte der deutsche Verbandspräsident Thomas Pütz. Wenig später endete die Veranstaltung allerdings in einem nächtlichen Chaos, als sich Fangruppen beider Lager unmittelbar am Ring eine kurze, aber heftige Schlägerei lieferten, bei der Stühle flogen. Die Sicherheitskräfte waren überfordert. Darin verwickelt wurde der Halbschwergewichtler Karo Murat, der den Kampf in der ersten Reihe verfolgte. Er zog sich eine Verletzung zu und mußte an der Lippe genäht werden. [2]

Wie Abraham nach seinem Erfolg anmerkte, hätten 70 Prozent seines Potentials gereicht, um den Sieg davonzutragen. Dessen ungeachtet sei Krasniqi ein guter Gegner gewesen, was man anerkennen müsse. In diesem Kampf sei es um alles oder nichts gegangen, so der Berliner. Er spreche seinem gesamten Team einen Glückwunsch aus, da man gemeinsam gut gekämpft habe. Nun wünsche er sich die Revanche mit Ramirez, um sofort wieder Weltmeister zu werden und noch ein oder zwei Jahre gute Kämpfe zu zeigen.

Im Falle einer Niederlage müsse Abraham die Karriere beenden, hatte sein Trainer Ulli Wegner, der in wenigen Tagen 75 Jahre alt wird, im Vorfeld gedroht. Ausnahmsweise mit seinem Schützling recht zufrieden, warnte er jedoch, daß Arthur bei einem Kampf um die Weltmeisterschaft noch eine Schippe drauflegen müsse. Ihm schien die Enttäuschung vom 9. April 2016 noch immer in den Knochen zu stecken, da Abraham damals im MGM Grand von Las Vegas chancenlos gegen Gilberto Ramirez gewesen war und sämtliche Runden wie auch den Titel an den jungen Mexikaner abgegeben hatte.

Der Berliner hat im Kampf mit Robin Krasniqi unter Beweis gestellt, daß er auch gegen einen beweglichen und immer wieder entweichenden Kontrahenten die Oberhand behalten kann, indem er ihm konsequent nachsetzt und den Weg abschneidet. Dies zu unterlassen, war das entscheidende Manko Abrahams bei der desaströsen Niederlage gegen Ramirez gewesen, der allerdings eine ganze Klasse höher als Krasniqi einzustufen ist. Der Münchner ließ ihm freie Hand, da er sich in der zweiten Hälfte ihres Duells auf die Flucht beschränkte und kaum zurückschlug. Das wäre im Falle des Mexikaners ganz anders, der den angreifenden Abraham mit schnellen Kontern eindecken würde und dessen Offensive damit ausbremsen könnte.

Abraham kann auf eine lange Profikarriere zurückblicken, in der er Weltmeister in zwei verschiedenen Gewichtsklassen und bei zwei unterschiedlichen Verbänden war. 2005 gewann er den IBF-Gürtel im Mittelgewicht, den er insgesamt zehnmal verteidigen konnte. 2012 wurde der gebürtige Armenier Champion der WBO im Supermittelgewicht. Nachdem er den Titel wieder an seinen Vorgänger Robert Stieglitz abgegeben hatte, holte er ihn sich im März 2014 zurück und verteidigte ihn in der Folge fünfmal, bis er im April 2016 Gilberto Ramirez unterlag.

Robin Krasniqi, der beim Magdeburger SES-Boxstall unter Vertrag steht, kam aus dem Halbschwergewicht herunter, um sich mit Abraham zu messen. Der Münchner war 2013 in einem Titelkampf der WBO an dem Waliser Nathan Cleverly und 2015 an dem regulären WBA-Weltmeister Jürgen Brähmer aus Schwerin gescheitert. Vor dem Kampf gegen Arthur Abraham hatte sich der gebürtige Kosovare von seinem langjährigen Trainer Dirk Dzemski getrennt. An dessen Stelle trat Magomed Schaburow, der mit seinem Schützling vor dem Ausscheidungskampf eigenen Angaben zufolge insbesondere an der Schnelligkeit und Schlagfrequenz gearbeitet hatte. Das zahlte sich jedoch nur in den ersten fünf Runden aus, worauf der Münchner angesichts der überlegenen Schlagwirkung des Gegners regelrecht unterging. Er habe sechs Monate umsonst trainiert, doch sei alles vergeblich gewesen, erklärte Krasniqi tief enttäuscht noch im Ring und blieb anschließend der obligatorischen Pressekonferenz nach dem Kampf fern. [3]

Während im Kampf für Arthur Abraham und Ulli Wegner alles nach Plan gelaufen war, scheint es im Team Sauerland hinter den Kulissen kräftig zu rumoren. "Wir wurden allein gelassen", beschwerte sich der Trainer, womit er offenbar nicht Promoter Kalle Sauerland meinte, der seine Abwesenheit mit einer Grippe entschuldigt hatte. Sauerland Event verlegt aufgrund schmaler gewordener finanzieller Mittel seinen Firmensitz von Berlin nach Hamburg und hat einigen Angestellten und Trainern gekündigt. Christian Meyer vom Sauerland-Team will in den nächsten Tagen mit WBO-Weltmeister Gilberto Ramirez in Verhandlungen treten, schätzt es aber schon im Vorfeld als sehr schwer ein, den Kampf nach Deutschland zu holen. Als Termin sehe er eher den Herbst als den Sommer, so Meyer.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/04/arthur-abraham-vs-robin-krasniqi-results/#more-232885

[2] https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/sport_nt/article163921536/Der-alte-Abraham-kann-es-noch-WM-Chance-im-Herbst.html

[3] https://www.tz.de/sport/mehr/arthur-abraham-gegen-robin-krasniqi-so-sehen-sie-boxkampf-live-im-tv-und-im-live-stream-8196355.html

23. April 2017


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