Schattenblick → INFOPOOL → SPORT → BOXEN


MELDUNG/2167: Nie wieder in Australien! (SB)



Revanche zwischen Manny Pacquiao und Jeff Horn in Arbeit

Warum Manny Pacquiao keine Lust hat, die Revanche mit Jeff Horn in Australien auszutragen, liegt auf der Hand. Der 38jährige Philippiner war am 2. Juli in Brisbane als amtierender WBO-Weltmeister im Weltergewicht und haushoher Favorit in den Ring gestiegen. Im Vorfeld stimmten die allermeisten Kommentatoren darin überein, daß diese Titelverteidigung des verblassenden Stars auf einen ungleichen Kampf hinausliefe, da der neun Jahre jüngere Herausforderer zu unerfahren sei und qualitativ nicht in derselben Liga boxe. Es sollte bekanntlich ganz anders kommen. Der Australier konnte sich nach zwölf Runden als einstimmiger Punktsieger und neuer Champion, vor allem aber für den als sensationell empfundenen Triumpf über die Legende feiern lassen. Was war geschehen? Pacquiao mußte sich zu Recht den Vorwurf gefallen lassen, er habe seinen früheren Biß vermissen lassen und es versäumt, für klare Verhältnisse zu sorgen.

Andererseits erinnerte der Gegner in seiner Vorgehensweise weniger an einen Boxer als vielmehr einen Akteur der Mixed Martial Arts, da sich Horn immer wieder mit gesenktem Kopf im Stil eines Footballspielers auf ihn stürzte. Der Australier nutzte seine körperlichen Vorteile, um die offensichtlich fehlenden technischen Mittel zu kompensieren und Pacquiao nicht zum Zuge kommen zu lassen. Am Ende war des Gesicht des Titelverteidigers blutüberströmt, da ihm der Kontrahent mit seinen Kopfstößen zwei Rißwunden zugefügt hatte. Wie immer in solchen Fällen, in denen sich einer der beiden Akteure durchgängig grenzwertiger bis regelwidriger Mittel bedient, hätte es eines energischen und mutigen Ringrichters bedurft, um auf einen regulären Boxkampf zu bestehen und alles konsequent zu unterbinden, was dem nicht entsprach. Zudem hätten natürlich auch die Punktrichter ihres Amtes walten und nur das werten können, was im Boxsport erlaubt ist. Das war leider ebenfalls nicht der Fall.

Teddy Atlas, einst einer der namhaftesten Trainer der Branche und seit vielen Jahren ein renommierter Analyst des Senders ESPN, war nicht der einzige Experte, der hinterher davon sprach, daß man Manny Pacquiao des Sieges beraubt habe. Das gefiel Horn und seinem Team natürlich ganz und gar nicht, die sich dagegen verwahrten, von Atlas auf diese Weise in Zweifel gezogen zu werden. An den geschaffenen Fakten änderte die nachträgliche Einschätzung natürlich nichts: Jeff Horn ist neuer Weltmeister und kann darangehen, diesen Status nach besten Kräften zu verwerten. Da der Kampfvertrag jedoch eine Rückkampfklausel enthielt, muß er seinem Vorgänger eine Revanche gewähren, sofern dieser von der Option Gebrauch macht.

Wie Pacquiao bekräftigt hat, wolle er einen zweiten Kampf gegen Jeff Horn austragen, jedoch nicht in Australien, sondern auf den Philippinen, in Dubai oder in den USA. Zudem wünsche er sich eine Mitsprache bei der Auswahl der Punktrichter, um ein neutrales Kampfgericht zu gewährleisten. Wer sich den Verlauf des ersten Aufeinandertreffens vor Augen geführt hat, wird wohl zustimmen, daß diese Vorsichtsmaßnahmen nicht zuviel verlangt sind. Um sich mit seinen Vorstellungen durchzusetzen, muß sich Pacquiao allerdings nicht nur gegen das Lager des Australiers, sondern auch seinen eigenen Promoter behaupten.

Jeff Horns Trainer Glenn Rushton spricht davon, daß man den Rückkampf Anfang Dezember wiederum in Brisbane austragen und eine Klimaanlage zur Kühlung der Boxer installieren könne. Als Alternative böte sich ein Stadion in Melbourne an, das 56.000 Zuschauern Platz bietet. In Australien hätte Horn abermals den Heimvorteil auf seiner Seite, vor allem aber ließe sich nirgendwo sonst soviel Geld mit diesem Kampf verdienen. Selbst auf den Philippinen fände Pacquiao zwar ein euphorisches Publikum, aber bei einem Gegner wie Horn eher keine Sponsoren, die dazu beitragen würden, die Kasse zu füllen. Hört man Bob Arum über den Austragungsort reden, klingt es wie eine beschlossene Sache, daß nur eine australische Arena zur Debatte stehe. Daher kann man davon ausgehen, daß er in diesem Sinne auf Pacquiao einwirken wird.

Dieser müßte sich schon auf die Hinterbeine stellen und im Zweifelsfall geringere Einkünfte in Kauf nehmen, wollte er so weit wie möglich ausschließen, abermals benachteiligt zu werden. Ob Horn bereit wäre, anderswo in den Ring zu steigen, ist nicht bekannt. Da er trotz seines Titelgewinns nur vor heimischem Publikum viel Geld verdienen kann, würde ein Auftritt im Ausland für ihn wenig Sinn machen. Wiederum ist Pacquiao insofern der günstigste Gegner für ihn, als er sich zumindest Hoffnungen machen kann, den Philippiner ein zweites Mal zu besiegen. Träte er hingegen gegen die heute im Weltergewicht führenden Akteure wie Keith Thurman oder Errol Spence an, wäre sein Untergang besiegelt. Beide sind ihm körperlich mindestens ebenbürtig und boxerisch klar überlegen, so daß er sich nicht ungestraft auf sie werfen könnte, wie ihm das bei dem kleineren und leichteren Pacquiao gelungen war. Ohnehin kann man wohl davon ausgehen, daß Jeff Horn nicht allzu lange Weltmeister bleiben wird.

Als Bob Arum vor einiger Zeit sondierte, ob ein Kampf gegen Amir Khan in Dubai auf die Beine zu stellen sei, kam dort schlichtweg nicht genug Geld zusammen. Daran dürfte sich seither nichts geändert haben, zumal Pacquiaos Stern gesunken und Horn längst nicht so bekannt wie der Brite ist. Auch in den USA wäre der Australier überhaupt keine Zugnummer, da ihn das halbwegs boxinteressierte Publikum nicht kennt und eingefleischte Fans kaum für ihn zu begeistern wären. Unter diesen Voraussetzungen läuft alles auf einen zweiten Kampf in Australien hinaus, weshalb sich der Philippiner und sein Trainer Freddie Roach ausgiebig Gedanken darüber machen müssen, wie Jeff Horn auf günstigere Weise als im ersten Anlauf beizukommen sei.

Der Australier hat bereits angekündigt, daß er seine Kampfesweise bei der Revanche ändern werde, um Pacquiao keine Gelegenheit zu geben, sich taktisch auf ihn einzustellen. Der Philippiner ist nach wie vor ein gefährlicher Gegner, da er beherzt angreift und in hoher Frequenz schlägt. Um ihn zu neutralisieren, bedürfte es schon eines Defensivkünstlers und versierten Konterboxers, womit der Australier nicht aufwarten kann. Möglicherweise will er sich auf häufiges Klammern verlegen und davon ausgehen, daß auch das vom Ringrichter hingenommen wird. Ohne grenzwertige Bremsmanöver mitzuboxen, kann er sich bei diesem Kontrahenten nicht leisten. [1]

Glenn Rushton lockt Pacquiao mit den Worten, dessen Stolz stehe auf dem Spiel. Außerdem habe er bei Rückkämpfen stets eine gute Figur gemacht und brauche das Geld dringend, um seine diversen wohltätigen Stiftungen zu finanzieren. Also werde der Philippiner auf Rache sinnen und fest von deren Gelingen ausgehen. Diesen Plan wolle er durchkreuzen, so Horns Trainer, da sein Schützling der einzige Boxer sein werde, dem es gelungen ist, Manny Pacquiao zweimal zu besiegen. Um das zu schaffen, müßte der WBO-Weltmeister seinen Vorgänger abermals mit Hilfe eines Referees, der beide Augen zudrückt, über den Tisch ziehen.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/08/pacquiao-wants-horn-rematch-philippines-u-s/#more-240429

12. August 2017


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang