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MELDUNG/2177: Ernüchterung beim Kassensturz? (SB)



Viele leere Plätze bei Mayweather gegen McGregor

Wie alle Geschäftsleute haben auch Floyd Mayweather und Conor McGregor mit der Perspektive auf künftig zu realisierenden Zugewinn gehandelt, sei es in Gestalt eines spannenden und hochklassigen Kampfs, sei es in Form rekordverdächtiger Erlöse. Besonders krass war in ihrem Fall freilich das Unterfangen, ihr anfangs als Treppenwitz der Branche eingestuftes Duell mittels einer gewaltigen und kostspieligen Werbekampagne in den Fokus allgemeiner Aufmerksamkeit zu katapultieren und astronomische Einkünfte für alle Beteiligten zu prognostizieren. Legte man die Quoten der Buchmacher als eine Art Gradmesser für die jeweils vorherrschende Einschätzung zugrunde, war es den beiden Unterhaltungskünstlern mit vereinten Kräften tatsächlich gelungen, den zunächst als krassen Außenseiter gehandelten Iren zu einem nahezu gleichwertigen Gegner starkzureden.

Was die sportliche Seite des Spektakels betrifft, ist der Wellenschlag kontroverser Einschätzungen noch längst nicht verebbt. Während die einen argumentieren, Mayweather habe eben doch nachgelassen, wovon McGregor in der Anfangsphase profitieren und ihm zusetzen konnte, machen die anderen geltend, der US-Amerikaner habe seinen Gegner förmlich durch den Kampf getragen und erst zu einem ihm genehmen Zeitpunkt ernst gemacht. Inzwischen wird diese Debatte mehr und mehr von den finanziellen Aspekten überlagert, zumal nun mit dem Erlös aus dem Verkauf der Eintrittskarten der erste maßgebliche Parameter bekannt ist. Gemessen an der hochgeschraubten Erwartung, die Rekordwerte des Kampfs zwischen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao im Mai 2015 würden übertroffen, muß man von einer ersten Ernüchterung sprechen.

Bei der Veranstaltung am 26. August in der T-Mobile Arena in Las Vegas wurden laut ESPN 55.414.865,79 Dollar an Eintrittsgeldern eingenommen. Die mehr als 55 Millionen Dollar muten für sich genommen geradezu monströs an, liegen aber deutlich unter den 72.198.500 Dollar beim letztendlichen Duell der ewigen Rivalen Mayweather und Pacquiao. Wer den jüngsten Kampf unter Beteiligung des derzeit populärsten Akteurs der Mixed Martial Arts vor Ort miterleben wollte, mußte im Schnitt 4.232 Dollar bezahlen, in der Nähe des Rings kam man nicht unter 10.000 Dollar davon. Daß der Zuspruch des zahlenden Publikums am Schauplatz des Geschehens eher zurückhaltend war, belegt der Umstand, daß von den 20.500 verfügbaren Eintrittskarten lediglich 13.094 einen Abnehmer fanden.

Dies trug maßgeblich dazu bei, daß der Gesamterlös hinter den Erwartungen zurückblieb. Offenbar scheuten die Boxfans ebenso wie die Anhänger des UFC die hohen Eintrittspreise, zumal angesichts eines Kampfs, dessen Qualität ungewiß war. Es traf ein 40jähriger Boxer zwei Jahre nach dem offiziellen Ende seiner Karriere auf einen prominenten Akteur der Mixed Martial Arts, der noch nie einen regulären Boxkampf bestritten hatte. Vermutlich zogen es viele Interessierte vor, sich das Duell lieber bei Showtime im Pay-TV anzuschauen. Rückblickend gesehen wäre es womöglich einträglicher gewesen, die Preise in der T-Mobile Arena etwas moderater zu gestalten und auf diese Weise für ein volles Haus zu sorgen.

Nachdem der Verkauf der Eintrittskarten vergleichsweise zögerlich angelaufen war, sprang Leonard Ellerbe von den Mayweather Promotions zwei Wochen vor dem Kampf mit der Prognose in die Bresche, das Spektakel werde alle Rekorde brechen. Da bis dato bereits Karten im Wert von 60 Millionen Dollar verkauft worden seien, stehe dem Erfolg nichts im Wege. Wie man heute weiß, wurden am Ende nur 55 Millionen Dollar aus dem Kartenverkauf eingenommen, weshalb man wohl davon ausgehen kann, daß Ellerbe damals einen Schuß ins Blaue abgefeuert hat. Dem lag wohl die grundsätzliche Strategie zugrunde, die Latte in jeder Hinsicht hoch zu hängen, um alle Zweifel aus dem Feld zu schlagen.

Leonard Ellerbe, Floyd Mayweather, Conor McGregor und UFC-Präsident Dana White könnten jedoch zuletzt und damit am besten lachen, sofern das Resultat des Bezahlfernsehens den bislang bestehenden US-Rekord von 4,6 Millionen Buchungen, erzielt beim Kampf zwischen Mayweather und Pacquiao, übertrifft. White sprach sogar von mehr als 6 Millionen Buchungen, die weltweit zu erzielen seien. Sollte sich diese Vorhersage bestätigen, wenn die offiziellen Zahlen von Showtime vorliegen, wäre das ein phänomenaler Erfolg. Feststehen dürfte indessen, daß in jedem Fall mindestens das zweitbeste Resultat aller Zeiten eingefahren wird. Auch im Pay-TV waren die Preise gesalzen, da die Kunden 89,95 Dollar für das Standard- und 99,95 Dollar für das Premiumpaket bezahlen mußten.

Auch in dieser Hinsicht stellt sich natürlich die Frage, ob ein günstigerer Preis unter dem Strich nicht einträglicher gewesen wäre. Das Vorprogramm war jedenfalls nicht dazu angetan, mögliche Zweifel am Hauptereignis des Abends zu kompensieren. Das Beste am Beiwerk war noch ein Duell zwischen Nathan Cleverly und Badou Jack, die jedoch beide dem breiteren Publikum in den USA eher unbekannt sind. Man fühlte sich an den Kampf zwischen Mayweather und Pacquiao erinnert, dessen Vorprogramm ebenfalls lieblos zusammengewürfelt und relativ anspruchslos war.

Selbst wenn ein neuer Rekord verfehlt, aber die Marge von 4 Millionen Buchungen erreicht wird, können sich alle Beteiligten höchst zufrieden die Hände reiben. Sie hätten damit etwas erreicht, was noch vor wenigen Monaten völlig abwegig schien und ein grandioser Verkaufserfolg wäre. Wenngleich die beiden Hauptakteure versichern, daß es ein einzigartiges Duell gewesen sei, das sich nie mehr wiederholen werde, dürfte der Lockruf eines zweiten außergewöhnlichen Zahltags höchst verführerisch sein. Genaugenommen hat Mayweather nur erklärt, er ziehe sich unwiderruflich aus dem Boxsport zurück. Diese Wortwahl schließt beispielsweise eine Revanche mit McGregor, diesmal jedoch im Oktagon mit entsprechend modifizierten Regeln, nicht aus.

Letzten Endes ist auch der Ertrag des Kartenverkaufs ein bemerkenswerter Erfolg, zumal die gut 55 Millionen Dollar immer noch weit vor den drittplazieren 20 Millionen rangieren, die beim Kampf zwischen Floyd Mayweather und Saul "Canelo" Alvarez im Jahr 2013 eingenommen wurden. Damals war das MGM Grand in Las Vegas mit rund 16.000 Zuschauern ausverkauft, da das Interesse der beiderseitigen Fangemeinden gewaltig war, aber in der Spielerstadt noch keine größere Arena zur Verfügung stand. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/09/mayweather-mcgregor-brings-disappointing-55m-gate-numbers/#more-242220

8. September 2017


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