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MELDUNG/2297: Weltergewicht - Meister verlockender Perspektiven ... (SB)



Bob Arum winkt mit einem Kampf zwischen Crawford und Spence

Terence Crawford ist Champion der WBO im Weltergewicht, sein US-amerikanischer Landsmann Errol Spence Titelträger der IBF. Wie Crawfords Promoter Bob Arum angekündigt hat, hofft er einen Kampf der beiden Weltmeister, wenn möglich bereits im ersten Halbjahr 2019, auf die Beine stellen zu können. Daß es tatsächlich zu diesem attraktiven Duell kommt, gilt jedoch als sehr unwahrscheinlich, da Crawford wie alle Boxer von Top Rank beim Sender ESPN zu sehen ist, während Spence mit Showtime/CBS zusammenarbeitet. Theoretisch könnte der Kampf natürlich von beiden Sendern übertragen werden, was aber zu jeweils geringeren Zuschauerzahlen als bei einer exklusiven Ausstrahlung führen wurde.

Der 30jährige Crawford ist bereits seit 2011 mit Bob Arum assoziiert und hat seinen Vertrag mit Top Rank kürzlich vorzeitig verlängert. Wenngleich keine Details veröffentlicht wurden, verlautete doch aus offenbar gut unterrichteter Quelle, daß seine Mindestbörse künftig über den 3 Millionen Dollar liegen werde, die er bei seinem letzten Kampf erhalten hat. Sollte diese Information zutreffen, wäre unmittelbar nachvollziehbar, warum sich der Boxer gern in dieses gemachte Bett legt. Vor gut einem Monat hatten Top Rank und ESPN bekanntgegeben, daß sie weitere sieben Jahre bis August 2025 zusammenarbeiten werden. Terence Crawford wird demnach wohl bis zum Ende seiner Karriere zu den Konditionen Bob Arums auftreten.

Sollte es in den ersten sechs Monaten nicht klappen, dann eben später im Jahr. Dieses Duell müsse einfach über die Bühne gehen, erweckt Arum den Eindruck, als sei es ihm bitter ernst damit, das Vorhaben unbedingt zu realisieren. Das wird indessen bezweifelt, da es schlichtweg zu früh dafür wäre, weil beide Akteure noch am Ausbau ihrer Fangemeinde arbeiten müssen. Der in 33 Auftritten ungeschlagene Crawford war zwar zuvor schon Weltmeister im Leichtgewicht und hat im Halbweltergewicht sogar alle Titel zusammengeführt. Dennoch ist er bislang nur zu Hause in Omaha, Nebraska, ein populärer Kassenfüller, während ihn ansonsten nur jene Teile des Publikums schätzen, die ihre Freude an einem technisch hochklassigen Konterboxen haben, das dem überwiegenden Teil der Fans jedoch auf die Dauer zu langweilig ist.

Dem in 24 Kämpfen unbezwungenen Errol Spence eilte lange der Ruf eines ebenso talentierten wie gefährlichen Aufsteigers voraus, was dazu führte, daß ihm namhafte Konkurrenten tunlichst aus dem Weg gingen. Deshalb ist der 28jährige erst seit einem Jahr Weltmeister und hat an namhaften Gegnern nur den Briten Kell Brook vor den Fäusten gehabt, den er beim Titelgewinn im Mai 2017 vor dessen Heimpublikum in Sheffield eindrucksvoll in der elften Runde besiegte. Danach verteidigte er den IBF-Titel im Januar 2018 vor 12.000 Zuschauern im Barclays Center in Brooklyn souverän gegen Lamont Peterson, der nach der siebten Runde die Segel streichen mußte. Große Namen wie Keith Thurman, Shawn Porter, Danny Garcia oder auch Amir Khan fehlen jedoch bislang in seiner Liste. Um zu einem regelrechten Star aufzusteigen, der das Publikum massenhaft in seinen Bann schlägt und im Pay-TV große Kasse macht, müßte er schon den einen oder anderen aus dieser Riege besiegen. Das würde wiederum so schnell nicht zu schaffen sein, weshalb ein Aufstieg ins Halbmittel- oder Mittelgewicht eine bedenkenswerte Alternative böte.

Spence ist sich augenscheinlich im klaren darüber, daß er nicht nur mit hervorragenden Auftritten im Ring überzeugen, sondern auch aktiv nach attraktiven Gegnern suchen muß. So war er am 13. September vor Ort, als Shawn Porter und Danny Garcia vor gut 13.000 Zuschauern im Barclays Center um den vakanten WBC-Titel im Weltergewicht kämpften, der Keith Thurman wegen zu langer Inaktivität aberkannt worden war. Kaum hatte Porter nach Punkten gewonnen und sich den Gürtel gesichert, als Spence auch schon zur Stelle war und ihn öffentlich herausforderte. Wie der frischgebackene WBC-Weltmeister erwiderte, sei er jederzeit bereit, sich mit ihm zu messen. Da beide bei dem Berater Al Haymon unter Vertrag stehen und mit dem Sender Showtime zusammenarbeiten, stünde ihrem Kampf zumindest in dieser Hinsicht nichts im Wege.

Errol Spence, Weltmeister der IBF und gegenwärtig der überragende Boxer im Weltergewicht, hatte auch das Geschehen aufmerksam verfolgt, als die Mittelgewichtler Gennadi Golowkin und Saul "Canelo" Alvarez jüngst in Las Vegas aufeinandertrafen. In einer anschließenden Stellungnahme kritisierte er den Kasachen, weil dieser immer wieder zurückgewichen sei, sobald er angegriffen wurde. Das sei nun wirklich nicht der mexikanische Stil, den Golowkin stets für sich reklamiere. Wer zum Kämpfen gekommen sei, müsse das auch tun, machte Spence kräftig Werbung in eigener Sache. Er könne "Canelo" einen verdienten Sieg attestieren, weil der fortwährend in die Offensive gegangen sei.

Sein erklärtes Interesse, sich mit dem Mexikaner zu messen, schien bei dessen Promoter auf fruchtbaren Boden zu fallen. Für "Canelo" wäre Spence früher oder später eine attraktive Option, sofern er nicht zu gefährlich wird. Saul Alvarez hatte sich in der Vergangenheit schon den Weltergewichtler Amir Khan geholt, der ihm einen beherzten Kampf lieferte, aber körperlich derart unterlegen war, daß ihn der Mexikaner schließlich mit einem Volltreffer von den Beinen holen konnte. Im Unterschied zu dem Briten weiß sich Spence aber auch im Nahkampf zu behaupten und verfügt aus allen Distanzen über eine enorme Schlagwirkung, die "Canelo" fürchten muß.

Arums Erwähnung des Namens Errol Spence dürfte in erster Linie der Absicht geschuldet sein, Terence Crawford zu mehr Zuschauern bei ESPN zu verhelfen. Auch wenn dieser Kampf möglicherweise nie zustande kommt, könnte seine wiederholte Ankündigung doch geeignet sein, die Fangemeinde in Spannung zu versetzen und bei Laune zu halten. Auf diese Weise verfuhr der Promoter mit Manny Pacquiao, dessen Duell mit Floyd Mayweather er von 2009 bis 2015 immer wieder in Aussicht stellte. Es trug maßgeblich zur wachsenden Popularität des Philippiners bei, von diesem Kampf so zu sprechen, als stehe er unmittelbar bevor. Tatsächlich dauerte es jedoch sechs Jahre, bis die beiden endlich aufeinandertrafen. Obgleich sie den Zenit ihres Könnens überschritten hatten und Pacquiao trotz einer Verletzung antrat, die seine Niederlage von vornherein besiegelte, spielte dieses Duell weit mehr Geld als jedes andere in der Geschichte des Boxsports ein.

Terence Crawford steigt am 13. Oktober vor heimischem Publikum in Omaha mit dem ebenfalls ungeschlagenen Jose Benavidez in den Ring. Da man nicht gerade von einem herausragenden Gegner sprechen kann, folgt dieser Auftritt dem sattsam bekannten Muster. Crawford hat sich mit Viktor Postol, Felix Diaz, John Molina, Julius Indongo und zuletzt dem Australier Jeff Horn gemessen, die dem durchschnittlichen US-amerikanischen Publikum allesamt eher wenig bekannt sind. Es waren zwar keine schwachen Gegner, aber eben auch nicht Rivalen aus der Beletage ihrer jeweiligen Gewichtsklasse. Durchaus Errol Spence vergleichbar, hat Crawford noch nicht gegen Kontrahenten wie Keith Thurman, Shawn Porter, Danny Garcia, Manny Pacquiao oder Amir Khan gekämpft, was auch in seinem Fall noch geraume Zeit dauern dürfte, wenn es denn überhaupt dazu kommen sollte. [1]


Fußnote:

[1] www.boxingnews24.com/2018/09/arum-wants-errol-spence-jr-vs-terence-crawford-in-early-2019/

21. September 2018


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