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MELDUNG/065: Ägypten - Hai-Angriffe bedrohen Tourismus, Kritik an "Vergeltungsmaßnahmen" (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. Januar 2011

Ägypten: Hai-Angriffe bedrohen Tourismus - Kritik an 'Vergeltungsmaßnahmen'

Von Adam Morrow and Khaled Moussa Al-Omrani


Kairo, 12. Januar (IPS) - Nach den letzten Haiattacken in ägyptischen Küstengewässern haben die Behörden wieder Entwarnung gegeben. Doch die Sorge der Tourismusunternehmer ist geblieben. Sie fürchten schwere Verluste, sollten Haie erneut in Küstennähe gesichtet werden.

"Wir mussten bereits empfindliche Einbußen hinnehmen", berichtet ein Hotelier, der seinen Namen nicht nennen will. "Etliche Reisegruppen haben ihre Reservierungen aus Angst vor den Haien zurückgezogen."

Ende November waren vier ausländische Besucher - drei Russen und ein Tourist aus der Ukraine - in den Küstengewässern des am Roten Meer gelegenen Taucherparadieses Sharm al-Sheikh durch Haie zum Teil schwer verletzt worden.

Die Behörden reagierten prompt und schlossen die Strände. Kurz danach gab das ägyptische Umweltministerium bekannt, dass die beiden Angreifer - ein Weißspitzen-Hochsee- und ein Makrelenhai - getötet worden seien. Daraufhin wurden die Strände wieder zum Baden freigegeben - zu früh, wie sich herausstellen sollte: Am 5. Dezember wurde eine deutsche Urlauberin in der Naama-Bucht von einem Hai zerfetzt. Erneut kam es zur Schließung der Strände.

In den 20 Jahren zuvor war es in Ägypten zu 14 Haiangriffen gekommen, von denen drei tödlich endeten. Der letzte dieser Vorfälle ereignete sich 2009 im südlichen Ferienort Marsa und kostete einem französischen Urlauber das Leben.

Die Haiattacken versetzten nicht Badegäste und Taucher, sondern auch die gesamte Tourismusbranche unter Schock, die eine der Haupteinnahmequellen Ägyptens darstellt. Allein für das Neue Jahr rechnet das Tourismusministerium mit Einkünften in Höhe von 13 Milliarden US-Dollar.


Experten uneins

Um das Geschäft nicht zu gefährden, stellte die Regierung ein Team aus in- und ausländischen Experten zusammen, die die Ursachen der gehäuften Haianschläge ermitteln sollten. Doch eine eindeutige Erklärung des Phänomens blieben die Biologen schuldig. Stattdessen nannten sie am 11. Dezember mehrere mögliche Faktoren für die zunehmende Präsenz der Haie in Küstennähe wie etwa illegale Haifütterungen, Klimawandel und eine Überfischung des Roten Meeres. Auch sollen Haie immer wieder von Schafskadavern angelockt werden, die illegal im Meer entsorgt werden.

Die Experten sprachen sich für eine erneute Freigabe der Badestrände unter der Bedingung aus, dass in Küstennähe sechs Meter hohe Beobachtungstürme aufgestellt, die Bademöglichkeiten auf einige ausgewiesene Regionen begrenzt und die Haifütterungen vollständig verboten werden.


Zweifel an Erholung

Eine Woche später gab der der Gouverneur von Süd-Sinai, Abdel Fadil Shousha, auf einer Pressekonferenz bekannt, dass sich die lokale Tourismusbranche von der Krise erholt habe. Doch viele Beobachter schenken den Worten keinen Glauben. "Die Dezembereinnahmen werden sich halbiert haben", meint etwa der Wirtschaftsexperte und ehemalige Vorsitzende der Sadat-Akademie für Verwaltungswissenschaften mit Sitz in Kairo, Hamdi Abdelazim.

Die Regierung forderte er auf, die Sicherheitsempfehlungen der Expertenkommission unverzüglich umzusetzen. "Denn sollte es zu einem weiteren Haiangriff kommen, werden die wirtschaftlichen Folgen verheerend sein."

Die Organisation 'Sharkproject International' beklagt, dass die Angriffe auf Badegäste dazu geführt haben, dass Haie gnadenlos abgeschlachtet würden. Es komme zu einer "völlig hirnlosen und ungeregelten Jagd auf die Schlüsseltierklasse des marinen Ökosystems", die dringend beendet werden müsse, heißt es in einem Brief an das ägyptische Tourismusministerium und die Provinzregierung von Süd-Sinai. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.sharkproject.org/Content.Node/news_foren/Stoppt-das-Abschlachten-der-Haie-am-Sinai.de.php
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=54047

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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Januar 2011