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TIERVERSUCH/534: Tierverbrauch im Studium - Erstes tiereinsatzfreies Lernlabor (tierrechte)


tierrechte Nr. 60, Juni 2012
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Tierverbrauch im Studium
TiHo Hannover: Erstes tiereinsatzfreies Lernlabor

Von Cristeta Brause



Immer mehr Hochschulen bieten in den medizinischen Fachbereichen ihren Studierenden mit innovativen Übungsmodellen ausgestattete Trainingszentren für ärztliche Fertigkeiten an. Die Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) realisiert nun als Erste ein solches "Skills Lab" für die Veterinärmedizin.


Zu den tierärztlichen Tätigkeiten gehören praktische Fertigkeiten, die in der Ausbildung zunächst erlernt werden müssen, wie z. B. Injektions-, Operations- und Nahttechniken, das Endoskopieren und Intubieren oder die rektale Untersuchung bei Großtieren. Dieser Trainings-Notwendigkeit steht jedoch die Problematik gegenüber, dass hierfür in entsprechenden Übungsveranstaltungen auch lebende Tiere verwendet werden. Für die betreffenden Tiere sind die Kurse mit Belastungen verbunden, die vom Zustand einer leichten Stressbelastung bis hin zu Schmerzen, Leiden, Schäden oder schlimmstenfalls zum Tod führen können. Dass die Behandlungs- und Untersuchungstechniken in den Kursen erst noch geübt werden müssen, steigert die Belastung für die Tiere.

Ausreichend Übungsmodelle erforderlich

Da solche "Übungstiere" nicht immer in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen, und sich eine mehrmalige Durchführung bestimmter Maßnahmen an ein und demselben Tier schon aus rein medizinischen Gründen verbietet, haben oft nur einige der teilnehmenden Studierenden überhaupt die Gelegenheit, die entsprechende Übung auch tatsächlich praktisch durchzuführen. Folglich sind diese Kurse unter Einsatz lebender Tiere auch im Hinblick auf das Lernziel, praktische Fähigkeiten durch Übung zu erlangen, nur begrenzt geeignet. Es besteht also Bedarf an tiereinsatzfreien Modellen, die neben dem Tierschutz auch dem Qualitätsanspruch an die tierärztliche Ausbildung gerecht werden.

Dummys, E-Learning und Co.

Die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover ist hier in vorbildlicher Weise aktiv geworden: Die Studierenden erhalten voraussichtlich noch zum kommenden Wintersemester ein Lernlabor, das sogenannte Skills Lab, mit Simulationsmodellen und E-Learning-Modulen zum Trainieren von tierärztlichen Tätigkeiten. Finanziert wird dieses zusätzliche Lehrangebot mit 2,4 Mio. Euro aus dem "Qualitätspakt Lehre". Diese Fördermittel wurden von der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) des Bundes und der Länder für den Zeitraum von fünf Jahren bewilligt. Das neue Lernen wird auch durch Ausbildungsforscher begleitet.

Bei den Simulationsmodellen handelt es sich u.a. um "Dummys", die bezüglich relevanter anatomischer und physiologischer Gegebenheiten den realen klinischen Bedingungen am Tierpatienten sehr nahekommen. Tierkopfmodelle, an denen das Einsetzen eines Luftröhren-Tubus trainiert werden kann, künstliche Tierbeine zum Üben intravenöser Injektionen und Blutentnahmen, ein Phantom zum Üben der rektalen Untersuchung beim Großtier sowie Hautmodelle aus Silikon für das Erlernen von Nahttechniken sind in Hannover bereits verfügbar. Bei Bedarf wird die Hochschule weitere Modelle kaufen oder sich auch an der Entwicklung von Lernmodellen, die für die tiermedizinische Ausbildung bislang noch nicht existieren, beteiligen. Die Studierenden dürfen das Skills Lab auch außerhalb der regulären Veranstaltungszeiten zum intensiven Selbststudium nutzen.

TiHo setzt Zeichen

Der eigentliche Beitrag des "Skills Lab" zum Tierschutz liegt sowohl in der Reduktion von Übungen an lebenden Tieren als auch in der Minderung der damit verbundenen Belastungen für die Tiere durch die gute praktische Vorbereitung der Studierenden. Ein zusätzlicher Ethik- und Tierschutzunterricht rundet das neue Lehrangebot ab. Er bietet den Studierenden eine intensivere Vorbereitung auf die wichtige verantwortungsbewusste Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen tierärztlichen Handelns im späteren Berufsleben. Die Tierärztliche Hochschule Hannover engagiert sich zudem im Projekt KELDAT für den Aufbau eines Kompetenzzentrums für E-Learning, Didaktik und Ausbildungsforschung der Tiermedizin. Hierfür werden alle sieben deutschsprachigen tiermedizinischen Hochschulen in Deutschland, Schweiz und Österreich zusammenarbeiten und Erfahrungen sowie erfolgreiche Ideen austauschen können. Der Bundesverband hofft, dass sich solche "VetSkillsLabs" schnell verbreiten werden.

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Quelle:
tierrechte - Nr. 60/Juni 2012, S. 18
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. August 2012