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TIERVERSUCH/588: Bremer Affenversuche - Bundesverwaltungsgericht kippt Staatsziel Tierschutz (TSB)


Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes - 4. Februar 2014

Bremer Affenversuche:
Bundesverwaltungsgericht kippt Staatsziel Tierschutz



Nach aktuellem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) dürfen die Affenversuche an der Bremer Universität fortgeführt werden. Der Deutsche Tierschutzbund und der Bremer Tierschutzverein sind schockiert über diese Entscheidung. Damit wird das Ende 2012 vom Oberverwaltungsgerichts Bremen gefällte Urteil zu den Versuchen für rechtskräftig erklärt. Dies ist ein Tiefschlag für den Tierschutz. Der eigentliche Skandal ist jedoch die Begründung des BVG, welche dem Tierschutz in dramatischer Weise Schaden zufügt. Sie besagt, dass Genehmigungsbehörden keinen Spielraum hätten, Tierversuche, die sie für ethisch nicht vertretbar halten, abzulehnen. Damit wird das Staatziel Tierschutz mit Füßen getreten und das gesamte Genehmigungsverfahren zur Durchführung von Tierversuchen ad absurdum geführt.

"Es ist eine Tragödie, dass die Affen in Bremen nun offenbar auf unabsehbare Zeit schutzlos der Forschungsneugier von Prof. Kreiter und seinen Kollegen ausgesetzt werden sollen. Das BVG hat sich der zynischen Sichtweise angeschlossen, dass das Leid der Tiere, denen der Schädel aufgesägt wird und die nur mit Flüssigkeitsentzug gefügig gemacht werden können, gering sei. Die mühsame und für Tierschützer ohnehin schwer auszuhaltende Mitarbeit in behördlichen Tierversuchskommissionen wird vor diesem Hintergrund endgültig ad absurdum geführt. Ich trete sofort aus der Bremer Tierversuchskommission aus", so Wolfgang Apel, Vorsitzender des Bremer Tierschutzvereins und Ehrenpräsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Das BVG hat die Beschwerde des Bremer Senators für Gesundheit gegen die Nichtzulassung einer Revision des Urteils des Bremer Oberverwaltungsgerichts vom Dezember 2012 zurückgewiesen. Der Fall bedürfe keiner grundsätzlichen Klärung. Damit ist das Urteil des Bremer Oberverwaltungsgerichts rechtskräftig. Mit dieser Entscheidung, welche bundesweite Auswirkungen hat, ließen sich die derzeit an der Universität Bremen stattfindenden Hirnversuche an Affen nicht mehr verhindern.

Vor über 15 Jahren hat Prof. Kreiter mit seiner sogenannten Grundlagenforschung begonnen, ohne dass greifbare Ergebnisse für die Medizin oder ein sonstiger Fortschritt für den Menschen dabei herausgekommen wären. Im Gegenzug dazu steht das oft mehrere Jahre andauernde Leid der Primaten, die am Versuchsende im Namen der Wissenschaft ihr Leben geben müssen. Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes: "Dieser Beschluss wirft den Tierschutz um 20 Jahre zurück. 1994 hatte das Bundesverfassungsgericht die behördliche Genehmigung von Tierversuchen wegen der grundgesetzlich garantierten Forschungsfreiheit auf eine reine "Plausibilitätsprüfung" beschränkt. Dies war einer der wesentlichen Gründe für die Einführung des Staatsziels Tierschutz im Jahre 2002, hiermit sollte der Tierschutz verfassungsrechtlich ein Gegengewicht zur Forschungsfreiheit und anderen Grundrechten erhalten. Besonders fatal ist, dass das BVG in seiner Pressemeldung erklärt, dass auf Grundlage des soeben novellierten Tierschutzgesetzes der Genehmigungsbehörde bei ihrer Entscheidung kein Ermessen verbleibe. Der Beschluss ist leider noch nicht veröffentlicht und liegt uns daher im Wortlaut noch nicht vor. Wenn sich aber diese Auslegung bewahrheitet, fordern wir den für den Tierschutz zuständigen Bundesminister Dr. Hans-Peter Friedrich auf, dieses Tierschutzgesetz sofort zu überarbeiten. Denn wir gehen davon aus, dass es nicht im Sinne der Bundesregierung sein kann, wenn Tierversuche ohne jede ethische Prüfung durchgewunken werden. Daher muss Herr Dr. Friedrich hier umgehend handeln. Solange sich die Rechtslage so darstellt, wie nun vom Bundesverwaltungsgericht dargelegt, und hierzu keine Klarstellung der Bundesregierung erfolgt, fordern wir alle Tierschützer auf, sofort aus den sogenannten Ethikkommissionen auszutreten. In diesen sitzen sie eigentlich, um die Genehmigungsbehörden hinsichtlich der Zulässigkeit von Tierversuchen zu beraten, aber diese Alibi-Funktion ist nun keinem Tierfreund mehr zuzumuten. Unser Kampf gegen Tierversuche wird in Zukunft wieder auf die Straße verlagert."

Am 26. April 2014 sind alle Tierfreunde dazu aufgerufen, bei der vom Deutschen Tierschutzbund mitveranstalteten Großdemonstration gegen Tierversuche in Berlin für die Rechte der Tiere Flagge zu zeigen und ihrem Ärger Luft zu machen.

Hintergründe zu den bereits 1998 begonnenen Versuchen und dem mehrjährigen juristischen Verfahren finden Sie unter:
www.tierschutzbund.de/affenversuche-bremen-rechtsstreit
www.tierschutzbund.de/affenversuche-bremen.html

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Quelle:
Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes e.V.
vom 4. Februar 2014
Herausgeber: Deutscher Tierschutzbund e.V., Bundesgeschäftsstelle
Baumschulallee 15, 53115 Bonn
Telefon: 0228/60496-24, Telefax: 0228/60496-41
E-Mail: presse@tierschutzbund.de
Internet: www.tierschutzbund.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2014