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ABWASSER/275: Falsch verbunden - Glaxo-Gentech-Viren landen in Dresdener Kläranlage (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 1113, vom 22. Aug. 2017, 36. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Falsch verbunden: Glaxo-Gentech-Viren landen in Dresdener Kläranlage


Auf ein enormes Medienecho in Sachsen war Anfang August 2017 die Nachricht über die Freisetzung von Grippeviren am Pharmastandort Dresden von GlaxoSmithKline (GSK) gestoßen. In der dortigen Impfstoffproduktion waren 14 Jahre lang über den Fehlanschluss in einem Bodenabflauf Grippeviren ohne jegliche Desaktivierung in die Dresdner Kanalisation geschwemmt worden. Täglich sollen bis zu 300 Liter der Virenbrühe unkontrolliert in dem Bodenablauf verschwunden sein. Wenn alles richtig gelaufen wäre, hätten die Abwässer mit aktiven Viren zunächst mit Peressigsäure inaktiviert werden müssen, bevor sie in das öffentliche Abwassersystem abgegeben werden. Bei GSK werden sowohl konventionelle Grippeimpfstoffe als auch solche Impfstoffe produziert, die unter Einsatz gentechnischer Methoden hergestellt werden. Erst am 7. Juli 2017 waren bei Modernisierungs- und Umbauarbeiten in der Pharmafabrik die Fehlanschlüsse aufgefallen. Gestützt auf eine Risikobewertung durch GlaxoSmithKline Biologicals hatte das Umweltministerium in Dresden am 2. Aug. 2017 die Auffassung vertreten, dass trotz des Verstoßes gegen die Betriebsgenehmigung die Freisetzung der Viren "ohne negative Folgen" geblieben wäre. Das Umweltministerium hatte sich von GSK davon überzeugen lassen, dass
"die abgeschwächte Infektiosität der Impfviren, ihre zumindest teilweise erfolgte Inaktivierung durch Heißwasser und Desinfektionsmittel, der hohe Verdünnungseffekt im Abwassersystem und in der Elbe sowie die geringe Stabilität dieser Viren in der Umwelt"
zu keinen Infektionsgefahren für die Dresdener Bevölkerung geführt habe.

"Auch eine Gefährdung der Umwelt, wie zum Beispiel eine Infektion von Fischen oder anderer in oder an Gewässern vorkommenden Tieren, gilt als sehr unwahrscheinlich",
hatte das sächsische Umweltministerium geschrieben. Trotz der Entwarnung werde die Risikobewertung des Unternehmens beim nächsten Meeting der für Gentechnikfragen zuständigen Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) am 5. Sept. 2017 diskutiert werden. Die Kommission könne bei Bedarf weitere Fachbehörden, wie das für Infektionskrankheiten zuständige Robert-Koch-Institut sowie das für die Zulassung von Impfstoffen zuständige Paul-Ehrlich-Institut, an der Bewertung beteiligen. Das sächsische Umweltministerium hatte den Vorfall zum Anlass genommen,
"andere Betreiber von Anlagen, die mit gentechnisch veränderten Organismen arbeiten, auf die gesetzlichen Vorgaben zur Inaktivierung von Abwässern und Abfällen hinzuweisen. Zudem sollen bei den regelmäßigen Kontrollen solcher Anlagen die Entsorgungswege verstärkt kontrolliert werden."

GSK sei "nun in der Pflicht, in einem schlüssigen Konzept darzulegen, wie künftig solche Vorfälle verhindert werden sollen", fügte das Ministerium hinzu. [Zur der sich uns stellenden Frage, inwieweit auch Schlafmützen in den zuständigen Überwachungsbehörden etwas vermasselt haben könnten, war in der Pressemitt. des Ministeriums nichts zu lesen. Die erst jetzt durchgeführten Färbeversuche zur Überprüfung der Abwasserwege in der GSK-Pharmaproduktionsstätte hätte man ja auch schon mal vor 14 Jahren anordnen können.]

Glaxo-Viren in der Kanalisation: Was soll die Aufregung?!

Zu dem zuvor geschilderten Vorfall hatte die Dresdener Stadtentwässerung auf ihrer Homepage unter der etwas merkwürdigen Überschrift "Fehleinbindung [?] von virenaktivem Abwasser in die öffentliche Kanalisation" auf ihre Einleitebedingungen hingewiesen:
"In den Genehmigungsbescheiden für die Grundstücksentwässerung fordert die Stadtentwässerung Dresden, dass die in der Produktion anfallenden virushaltigen Abwässer vor der Einleitung in die öffentliche Kanalisation inaktiviert werden müssen und dass durch entsprechende technische Maßnahmen (Schieber, Pumpen) zu garantieren ist, dass auch im Havariefall kein mit aktiven Viren belastetes Abwasser in die öffentliche Kanalisation gelangt."

Gleichzeitig machte die Stadtentwässerung darauf aufmerksam, dass es im kommunalen Abwasser eh nur so von Viren wimmelt:

"Kommunales Abwasser ist generell infektiös und enthält stets eine Vielzahl pathogener Mikroorganismen und Viren. Die in kommunalem Abwasser üblicherweise enthaltenen biologischen Arbeitsstoffe (Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten) sind grundsätzlich in die Risikogruppe 2 eingestuft. Die daraus resultierenden Schutzmaßnahmen sind bei der Stadtentwässerung Dresden für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Abwasseranlagen arbeiten oder sonst in irgendeiner Weise mit Abwasser in Kontakt kommen, verbindlich geregelt. (u. a. Handschuhe, Schutzkleidung, Hygieneauflagen, in einzelnen wenigen Bereichen Mundschutz und Impfungen und mehr)."

Diese Stellungnahme passt gut zu einem User-Kommentar auf der Homepage der Sächsischen Zeitung. Der User hatte sein Unverständnis für die Aufregung in Dresden kundgetan, um dann anzufügen, dass sein Tempotaschentuch mit ausgeschneuzten Grippenviren ohne jegliche Desaktivierung doch auch in der Kloschüssel - und damit in der städtischen Kanalisation - bzw. im normalen Müll landen würde. Dass in den Medien angesichts der freigesetzten Grippeviren von "Aufruhr in Dresden" fabuliert wurde, stieß auch bei von uns konsultierten Fachleuten auf Verwunderung - ein Beispiel:
"Eine Mitschuld der Behörden ist für mich nicht erkennbar. (...) Technische Anlagen, die von Menschen bedient werden, können aus meiner Sicht nie als 100% sicher eingeschätzt werden... Technisches oder menschliches Versagen sowie Einwirkungen durch höhere Gewalt sind meines Erachtens nie zu 100% auszuschließen."
[Angesichts der Vielzahl von Gentech-Labors auf dem Globus sind das ja wenig beruhigende Zukunftsaussichten.]

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1113
Herausgeber:
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2017

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