Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → ABFALL

SONDERMÜLL/104: Asbestmüll-Transporte nicht genehmigen! (BUND NI)


BUND Landesverband Niedersachsen e.V. - Hannover, 25. November 2011

Asbestmüll-Transporte nicht genehmigen!

BUND Niedersachsen warnt vor Gefährdung der Bevölkerung und der Arbeiter


Der BUND Landesverband Niedersachsen e.V. warnt vor dem Transport des Asbest-Materials aus Wunstorf-Luthe nach Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. "Die Sicherheitsvorkehrungen reichen nicht aus für solch einen gefährlichen Sondermüll-Transport", sagt Stefan Ott, stellvertretender Geschäftsführer des BUND Niedersachsen. "Viele Asbestpartikel können dabei in die Luft gelangen und Menschen gefährden. Der Transport des Asbestmülls, dessen genaue Zusammensetzung niemand kennt, ist absolut überflüssig und viel zu gefährlich."

Das Gewerbeaufsichtsamt hat keine Bedenken gegen den Abtransport des Asbestabfalls angemeldet und beruft sich dabei auf ein Gutachten des TÜV Nord. Laut BUND sprechen viele Gründe gegen eine Genehmigung des Transports: 1. Bereits Anfang 2009 hatte die Umweltbehörde der Region Hannover vorgesehen, die Halde zu sanieren und den Asbestmüll auf die Deponie Hannover-Lahe zu verbringen. Dieses Vorhaben wurde durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Beschluss vom 20. Februar 2009, Geschäftszeichen 7 MS 9/09) vereitelt, das sich auf die drohende Gefährdung der menschlichen Gesundheit stützt. Daher ist nicht nachvollziehbar, warum jetzt der viel weitere Transport mit geringeren Sicherheitsauflagen genehmigungsfähig sein soll.

2. Der Asbesttransport verstößt gegen die anerkannten Richtlinien der LAGA (Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall). Darin heißt es wörtlich unter Ziffer 11.3: "Es dürfen nur asbesthaltige Abfälle angeliefert werden, die so verpackt oder [...] verfestigt sind, dass beim Entladen und beim Einbau der Abfälle keine Asbestfasern freigesetzt werden. Die Ablagerung hat grundsätzlich in verpacktem Zustand zu erfolgen. [...] Die Abfälle dürfen nicht geworfen, geschüttet oder abgekippt werden. (Vollzugshilfe zur Entsorgung asbesthaltiger Abfälle, Mitteilung 23, September 2009.) Doch bereits bei den Test-Anlieferungen des Asbestmülls auf der Deponie Schönberg wurden diese Bestimmungen missachtet. Die Asbestzementabfälle wurden bei der Anlieferung einfach abgekippt. Hierdurch wurden Asbestfasern in der Luft freigesetzt, was auch durch Befeuchtung der Lieferung mit Wasser oder Schaum nicht abgewendet werden kann.

3. Die bisher geplante und vom TÜV-Nord geprüfte Transportweise sieht vor, dass der Asbestmüll auf Muldenkipper verladen werden und dort mit Feuerlöschschaum abgedeckt werden soll. Anschließend sollen die Muldenhänger mit einer Plane abgedichtet werden, doch auf den Zieldeponien soll der Müll dann wiederum offen abgekippt werden. Experten warnen aber davor, sich auf den Feuerlöschschaum als Abdeckmittel zu verlassen. Er habe nur eine begrenzte Standfestigkeit und könne sich durch Verzögerung der Transporte auf der Strecke zersetzen und damit Asbestfasern nicht an einer Freisetzung hindern.

4. Von insgesamt sechs Wegstrecken war bei den Testfahrten überhaupt nur eine auswertbar (technische Gründe, zu hohe Luftfeuchtigkeit). Bei den Tests lagen die Messwerte über denjenigen Höchstgrenzen, die nach Ansicht des BUND herangezogen werden müssten, um den Schutz der Bevölkerung zu sichern.

5. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsen stellte vor einigen Jahren fest, dass die Halde auch Asbeststäube aufgenommen hat. Diese sind besonders gefährlich. Das jetzt mit der Erkundung der Halde beauftragte Ingenieurbüro hat in seinem Bericht die Asbeststäube ignoriert. Es muss aber angenommen werden, dass auf der Halde nach wie vor Asbeststaub lagert. Doch dies würde die Einstufung der Asbesttransporte als Gefahrguttransporte und damit einen deutlich höheren und teureren Sicherheitsaufwand bedeuten.

6. Für den Asbestmülltransport sollen europäische Fördermittel im Umfang von 4 Millionen Euro fließen. Der BUND hat die EU über die Vorgänge informiert und hofft darauf, dass sie sich noch kritisch einschalten wird. "Unserer Einschätzung nach ist beabsichtigt, den Transport so kostengünstig wie möglich abzuwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, wird mit nicht fachgerechten Gutachten trickreich versucht, die Gefahr herunterzurechnen", sagt Stefan Ott. Fraglich sei zum Beispiel, ob der TÜV Nord überhaupt ein geeigneter Gutachter zu diesem Thema sei, da er nicht im Verzeichnis der akkreditierten Messstellen für Faserstäube zu finden ist. Asbest ist auch in geringen Dosen hochgradig krebserregend und gehört deshalb zu den gefährlichsten Giftstoffen. "Deshalb müssen beim Umgang damit höchste Sicherheitsstandards eingehalten werden. Der Kostenfaktor muss zurücktreten. Die Sicherheit der Arbeitskräfte in Luthe und auf den Deponien, die das Material annehmen sollen, sowie der Gesundheitsschutz der Anwohner - auch an der Transportstrecke - müssen absolute Priorität haben", erklärt Ott.


FAKTEN

Ursprungsort des Asbestmülls: Asbesthaltige Produktionsrückstände der 1990 geschlossenen Firma Fulgurit in Wunstorf-Luthe; Halde, die sich auf dem ehemaligen Produktionsgelände befindet

Zielort des Asbestmülls: Sondermülldeponie Schönberg-Ihlenberg, Mecklenburg-Vorpommern und eine Deponie in Schleswig-Holstein

Zusammensetzung des Asbestmülls: 40 Prozent des Haldenkörpers bestehen aus thixotropen und zudem hochgradig alkalischem Material; es ist daher davon auszugehen, dass nicht ausschließlich in abgebundenem Zement eingeschlossenes Asbestfasermaterial, sondern auch brüchige Materialien und Stäube im Haldenkörper enthalten sind. Zudem ist bisher nicht bekannt, welche weiteren Schadstoffe, wie z.B. Chromate, in den Asbestzementschlacken enthalten sind.

Asbestmüllmenge: Laut Einwendung eines fachkundigen Experten (Friedrich Jaekel) 280.000 Tonnen, obwohl von offizieller Seite nur von 170.000 Tonnen Asbestmüll gesprochen wird.

Geplantes Transportvolumen: ca. 7.700 LKW-Ladungen


*


Quelle:
Presseinformation vom 25.11.2011
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Niedersachsen
Goebenstr. 3a, 30161 Hannover
Tel.: 0511/965 69-0, Fax: 0511/662 536
E-Mail: presse.nds@bund.net
Internet: www.bund-niedersachsen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2011