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FEHLER/015: Rückhaltebecken Straußfurt - Kiebitz, Großer Brachvogel und Co können nicht rasten (NABU TH)


NABU Landesverband Thüringen - Jena, 19. September 2012

Kiebitz, Großer Brachvogel und Co können nicht rasten

Rückhaltebecken Straußfurt wird zur Vogelrast nicht rechtzeitig abgelassen



Der NABU fordert jetzt den langsamen Abstau des Rückhaltebeckens bei Straußfurt. "Das Rückhaltebecken Straußfurt ist in Mittelthüringen ein wichtiges Rastgewässer für viele Zugvögel. Doch zu spätes Absenken des Wasserspiegels schränkt die Rastfunktion seit Jahren stark ein. Großer Brachvogel, Alpenstrandläufer und Kiebitz können dort nur schwerlich Nahrung tanken", erklärt Tino Sauer Vorstandsmitglied des NABU Erfurt und des NABU Thüringen.

Seit dem 13. Februar 2007 besteht das EU-Vogelschutzgebiet Nr. 15 "Rückhaltebecken Straußfurt und Unstrut Aue". Es wurde unter Schutz gestellt, weil sich dort regelmäßig bedeutende Ansammlungen von Wasser- und Sumpfvögeln besonders zu den Vogelzugzeiten einfinden. Seit einigen Jahren bilden unter anderem die sich dort von Anfang Oktober bis Ende Dezember rastenden Kraniche ein auch für viele Besucher zu erlebendes Schauspiel beim abendlichen Einflug in den Schlafplatz. Doch die Rastfunktion ist seit Jahren stark eingeschränkt. Die Thüringer Fernwasserversorgung, als Betreiber der Talsperre, senkt den Wasserspiegel erst ab Oktober ab, so dass erst dann Schlammflächen zur Rast zur Verfügung stehen. "Das ist für viele Watvögel viel zu spät, findet deren Durchzug bereits ab Mitte August statt und hat seinen Höhepunkt im September. Diese Arten können mit der Wasserfläche nichts anfangen und sind gezwungen zu einer nutzbaren Schlammfläche weiterzufliegen", so Tino Sauer.

Seit der Anlage des Rückhaltebeckens in den 60er Jahren bis Mitte der 90er war ein spätsommerliches Absenken des Wasserspiegels des "Thüringer Wattenmeeres" kein Problem. Die Landwirtschaft entnahm Beregnungswasser und es entstanden kontinuierlich neue Schlammflächen gratis. Wasservögel und Watvögel hatten so ein gemeinsames Auskommen am Mauserplatz Straußfurt.

Tino Sauer mahnt: "In den letzten Jahren erfolgte der herbstliche Abstau immer viel zu spät. Die Watvögel sind dann weitgehend bereits durchgezogen. Gerade diese sind jedoch stark bedroht und brauchen Rastplätze, um auf dem Zug ausreichend Nahrung aufnehmen zu können." Außer Straußfurt gibt es in ganz Mittelthüringen kein geeignetes Rastgewässer für diese Nahrungsspezialisten. Gerade die Möglichkeiten, dass während des Vogelzuges Schlammflächen dort zur Verfügung stehen, war einer der Gründe das Vogelschutzgebiet auszuweisen.

Kiebitztrupp am Himmel - Foto: © K. Schmidt

Kiebitztrupp
Foto: © K. Schmidt

Der Vorschlag der Fernwasserversorgung, den Ablasstermin vom 15.10. auf den 1.10. vorzuziehen, wird die Watvögel nicht mehr erreichen. Die sind dann bereits zu großen Teilen durchgezogen. Der NABU fordert seit Jahren einen langsamen Abstau ab Ende August, um bereits im September ca. 30% Schlammflächen zu erreichen. Doch bisher kam der Freistaat Thüringen seinen Selbstverpflichtungen beim SPA-Gebiet Nr. 15 nicht ausreichend nach. So ist der NABU auch in diesem Jahr wieder genötigt, auf die Einhaltung der Schutzgebietsziele zu verweisen. Als letzte Konsequenz verbleibt dann eine Beschwerde bei der EU-Kommission, damit Großer Brachvogel, Alpenstrandläufer und Kiebitz dort Nahrung tanken können.

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Quelle:
Pressemitteilung, 19.09.2012
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena
Tel. 0 36 41/60 57 04, Fax 0 36 41/21 54 11
E-Mail: LGS@NABU-Thueringen.de
Internet: www.NABU-Thueringen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. September 2012