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INSEKTEN/180: Großer Schillerfalter Schmetterling des Jahres 2011 - Niedersachsen (BUND NI)


BUND Landesverband Niedersachsen e.V. - Hannover, 9. Dezember 2010

Der Große Schillerfalter ist Schmetterling des Jahres 2011


Die Naturschutzstiftung des nordrhein-westfälischen BUND-Landesverbandes und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) haben den Großen Schillerfalter (Apatura iris) zum Schmetterling des Jahres 2011 gekürt. Der Große Schillerfalter sei einer der größten und schönsten Tagfalter in unseren Regionen, zugleich jedoch auch ein Beispiele für die Bedrohung der Arten und ihrer Lebensräume, begründete die Jury ihre Entscheidung. Mit über sieben Zentimetern Flügelspannweite bei den Weibchen zählt der Große Schillerfalter zu den größten Schmetterlingen Europas. Nur die Männchen tragen so genannte Strukturschuppen, die bei einem bestimmten Lichteinfallswinkel die blaue Schillerfärbung bewirken. Charakteristisch sind bei Weibchen und Männchen weiße Flecken auf den vorderen Flügeln sowie eine weiße Binde und ein kleiner Augenfleck auf den hinteren Flügeln. Der Große Schillerfalter gehört zu den wenigen Schmetterlingen, die sich nicht von Blütennektar ernähren, sondern hauptsächlich von tierischen Produkten wie Exkrementen und Aas. Am späten Vormittag fliegt er aus den Baumwipfeln hinab, um an feuchtkühlen Waldrändern, auf Lichtungen oder Waldwegen Wasser und Nahrung aufzunehmen. Der Große Schillerfalter hat einen ausgeprägten Geruchssinn und lässt sich zur Beobachtung mit stark riechendem Käse anlocken.

Im Sommer finden sich Männchen und Weibchen zur Paarung in den Wipfeln markanter Eichen oder Buchen, die den Wald überragen. Das Weibchen legt seine Eier einzeln an die Blätter von niedrigen Sal-Weiden ab. Sind die Raupen geschlüpft, klettern sie an die Spitze der Blattoberseite. Von dort fressen sie das Blatt beidseitig ab und lassen nur die mittlere Blattader unversehrt. Es entsteht so ein typisches Fraßbild. Die bräunlichen gut getarnten Raupen überwintern nahezu ungeschützt an den Spitzen der Weidenzweige. Im Mai verpuppen sich die Raupen, nur wenig später, Ende Mai, schlüpfen die Schmetterlinge. Der Falter fliegt bis Ende Juli, in kühleren Gebieten auch länger. Der immer seltener werdende Schmetterling ist auf naturnahe, feuchte und strukturreiche Mischwälder, in denen die Sal-Weide wächst, angewiesen. Die Weide dient ihm zur Eiablage und als Futterpflanze für die Schmetterlingsraupen, auch der anderer Tagfalter-Arten (Trauermantel, Großer Fuchs). In Forsten, die einseitig mit Fichten oder Kiefern bepflanzt sind, kann der Schmetterling nicht überleben.

In Deutschland steht der Große Schillerfalter auf der Vorwarnliste. In Niedersachsen besteht jedoch eine viel größere Gefährdungssituation. Diese Edelfalter-Art wurde in den letzten Jahren sogar von Kategorie 3 (Rote Liste 1988) in die Kategorie 2 (Rote Liste 2004) hoch gestuft. Jochen Köhler, Schmetterlingsexperte des BUND Lüchow-Dannenberg: "Die Ursachen für den Artenrückgang des Großens Schillerfalters liegen in der heutigen Bewirtschaftung unserer Wälder. Der Bestand des Großen Schillerfalters geht zurück, weil Weiden von Förstern oft als wertlos betrachtet und abgeholzt werden. Ihr Holz bringt nur wenig Geld ein. Weiden bieten aber auch Larven vieler anderer Insekten Lebensraum und sind für Bienen als erste Nahrung im Jahr von großer Bedeutung.

"Ein zusätzliches Problem ist der Wegebau und die Jagd." so Köhler. Die Falter besuchen keine Blüten, sondern saugen an feuchter Erde auf breiten Wegen und Waldschneisen. Auf befestigten Wegen, auf denen sich keine Pfützen bilden können, gibt es für die Falter keine Saugmöglichkeiten mehr. "Auch viele Jäger entfernen junge Weidenbüsche, die den Blick vom Hochsitz aus auf den Weg behindern würden." erklärt der Experte. Damit wird jedoch dem Schmetterling wie auch Bienen und anderen Insekten die Lebensgrundlage entzogen. Insgesamt gelten nur 20 Prozent der Bestände heimischer Falterarten als dauerhaft gesichert. Am Beispiel des Großen Schillerfalters wird deutlich: Die massiven Verluste an speziellen Waldgesellschaften sind ökologisch einschneidend! Der BUND fordert, die ökologischen und ökonomischen Anforderungen an den Wald in bestmöglicher Weise aufeinander abzustimmen.


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Quelle:
Presseinformation vom 09.12.2010
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2010