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JAGD/172: Kritik an Kormoranverordnung der Landesregierung. Schwarzer Vogel als Sündenbock (BUND BW)


BUND Landesverband Baden-Württemberg - 21. Juli 2010

BUND kritisiert Kormoranverordnung der Landesregierung:

Schwarzer Vogel als Sündenbock


Stuttgart. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Baden-Württemberg e.V. (BUND) lehnt die am Dienstag von der Landesregierung verabschiedete Kormoranverordnung ab. Die Verordnung sieht vor, dass Kormorane außerhalb von Schutzgebieten vom 16. August bis zum 15. März auf und entlang von Gewässern ohne vorherige Genehmigung abgeschossen werden dürfen. "Das war ein überflüssiger Kotau der Naturschutzministerin Gönner vor den Anglern", bedauert Landesvorsitzende Dr. Brigitte Dahlbender. "Gegen die Zielsetzung der europäischen Vogelschutzrichtlinie soll der Kormoran flächendeckend abgeschossen werden dürfen. Außer einem Ventil für das Gemüt aufgebrachter Angler und mehr unnötigen Störungen von Gewässerrändern wird die neue Verordnung nichts bringen." Denn allein in den letzten fünf Jahren wurden bereits 5 000 Kormorane in Baden-Württemberg abgeschossen und ihr Winter- und Sommerbestand hat in dieser Zeit dennoch weiter zugenommen. Die für Naturschützer erfreuliche Wiederbesiedlung des Landes durch Kormorane wird von der Verfügbarkeit von Fischen und geeigneten Lebensräumen gelenkt und nicht von der "Bejagung" durch Angler. Der auch "Vergrämung" genannte Abschuss führt allerdings zu vermeidbaren Störungen von rastenden Wasservögeln und anderen störungsempfindlichen Tieren auf Gewässern und in Uferzonen, die gerade im Winter auf Schonung und Ruhe angewiesen sind. "Wir müssen lernen, mit dem Fischkonkurrenten Kormoran friedlich in Koexistenz zu leben. Selbstverständlich müssen Teichwirte und Berufsfischer Möglichkeiten zur Abwehr von Fisch- und Materialverlusten haben. Aber die Interessen von Hobbyanglern können keinen Vorrang vor dem Lebensrecht einer streng geschützten Tierart haben", betont Dr. Brigitte Dahlbender.

Das Argument, der Kormoran dezimiere auch seltene Fischarten, bewertet der BUND differenziert. "Wenn einer die Fischbestände jahrzehntelang dezimiert hat, ist es der Mensch. Insbesondere durch die Begradigung und Verbauung ist der Großteil unserer Gewässer lebensfeindlich geworden. Jetzt den Kormoran zum Sündenbock zu machen, ist nicht fair. Wo seltene Fischarten in ihrem Bestand bedroht sind, müssen zunächst Fischbesatz und Fischfang eingestellt und die Gewässerstruktur verbessert werden. Ist darüber hinaus die lokale Vergrämung von Kormoranen nötig, würde der BUND dies auf fundierter Grundlage befürworten."

Zumindest habe das Umweltministerium aufgrund der Stellungnahme des BUND Regelungen in den Verordnungstext aufgenommen, nach denen Nichtjäger einen Sachkundenachweis für die tierschutzgerechte Tötung der Kormorane vorlegen müssen und nur mit bleifreiem Schrot geschossen werden darf.


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Quelle:
Presseinformation, 21. Juli 2010
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz e.V.
Landesverband Baden-Württemberg
70178 Stuttgart. Paulinenstraße 47
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juli 2010