naturmagazin
Berlin - Brandenburg
Ausgabe 2/2012
Projektvorstellung
Praktischer Artenschutz
Der Cottbusser "Dohlenturm" - Ein erfolgreiches Pilotprojekt
von Reinhard Möckel
Spezialanfertigung: Der Cottbusser 'Dohlenturm'
Foto: © Sven Rasehorn
In Berlin und Brandenburg nistet die Dohle (Corvus monedula) als Großhöhlenbrüter eigentlich im Wald. Doch die zunehmende Besiedlung weiter Landschaftsteile und die gleichzeitige Intensivierung von Land- und Forstwirtschaft ließen die kleinen Rabenvögel dem Menschen in Dörfer und Städte folgen. Dort brüten sie seitdem vermehrt in den Nischen hoher Gebäude oder in Hohlräumen unter Dächern. Das geht soweit, dass Dohlen heute nicht nur in der Lausitz nahezu ausschließlich in Ortschaften nisten. In den Schwarzspechthöhlen, die sie im Wald einst häufig zur Brut nachnutzten, sind sie hingegen in ganz Brandenburg schon seit Jahren kaum noch anzutreffen.
Nun könnte man denken, die Dohlen hätten im Siedlungsraum ihr Paradies gefunden. Doch dem ist bei Weitem nicht so - vor allem sind es Baumaßnahmen, egal ob Abriss, Neubau oder bloß Sanierung, die dem im Wege stehen. So auch in Cottbus, einer Stadt mit nahezu 100.000 Einwohnern. Dort nisteten bis vor Kurzem in zwei Giebeln eines seit einigen Jahren leerstehenden Gebäudes regelmäßig vier Dohlenpaare. Um die Parkmöglichkeiten des nahegelegenen Carl-Thiem-Klinikums zu erweitern, sollte das Haus abgerissen werden. Da die Dohle in Brandenburg vom Aussterben bedroht und daher streng geschützt ist, verbietet das Naturschutzrecht (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) jedoch, einen regelmäßig genutzten Brutplatz ohne vorheriges Schaffen einer Alternative zu zerstören.
Auf Wohnungssuche ?
Foto: © Sven Rasehorn
Nach einer Zählung der Ornithologen H. Alter, K. Gorn und S. Rasehorn nisteten im Frühjahr 2009 insgesamt 30 Dohlenpaare in Cottbus. Die am Klinikum nistenden Paare repräsentierten somit 13 Prozent des Bestandes. Noch vor wenigen Jahren wäre ihr Anteil ungleich kleiner gewesen: Zu Beginn der 1990er Jahre berichteten R. Beschow und B. Litzkow noch von 100 bis 150 Brutpaaren. Doch der Bestand sollte in den Folgejahren infolge von Gebäudesanierung und -abriss schnell abnehmen.
Durch eine Verbesserung des Nistplatzangebotes sollen in Zukunft zumindest weitere Verluste verhindert werden. Da es im Mauerwerk nur selten möglich ist, neue Brutnischen zu errichten, bleibt als Ausgleich für verloren gegangene Brutplätze oft nur das Anbieten von Nistkästen. Auch dem Carl-Thiem-Klinikum wurden entsprechende Vorschläge unterbreitet, welche jedoch wegen hygienischer Bedenken abgelehnt wurden. Man einigte sich schließlich - trotz fehlender praktischer Beispiele - auf die Errichtung eines "Dohlenturms" in räumlicher Nähe zum bisherigen Brutplatz. Analog eines Taubenturms wurden nun mehrere Nistkammern auf einem sieben Meter hohen Mast angebracht - mit dem Vorteil, dass die komplette Nisthilfe an einem beliebigen Ort aufgestellt werden konnte.
Zeichnung: © Reinhard Möckel
Der achteckige Grundriss des Dohlenturms gestattet auf jeder "Etage" ebenso viele Nistboxen wie Ecken. Bei der gewählten dreistöckigen Ausführung entstanden somit 24 Nisthilfen. Um Straßentauben das Eindringen in die für Dohlen gefertigten Nisthilfen zu erschweren, wurde zwischen dem Landebrett und dem darüber befindlichen Einflugloch ein Abstand von mindestens 25 Zentimetern eingehalten.
Realisiert wurde der Cottbusser Dohlenturm von den Handwerkern des Carl-Thiem-Klinikums entsprechend einer Konstruktionsskizze des Verfassers.
Die ersten 'Bewohner' sind schon da
Foto: © Sven Rasehorn
Im Frühsommer 2010 wurde der Turm dann in geringer Entfernung vom bisherigen Brutplatz aufgestellt. Das bis 2010 zur Brut genutzte Gebäude wurde im Anschluss an die Brutsaison abgerissen. Bereits im Winter 2010/11 wurden gelegentliche Dohlenbesuche am Turm registriert. Im Frühjahr 2011 nisteten dort bereits vier, möglicherweise sogar fünf Paare.
Foto: © Sven Rasehorn
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Quelle:
NATURMAGAZIN, 25. Jahrgang - Nr. 2, Mai bis Juli 2012, S. 40-41
Herausgeber:
Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin
Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V., Landesverband Brandenburg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2012