Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → BRENNPUNKT

KOHLEALARM/123: Klimakampf und Kohlefront - Schaden vertieft, Deponien verschleiert ... (LoB)


Aktionsbündnis Stommelner Bürger "Leben ohne Braunkohle" - Juni 2014

Bürgerantrag zu Kraftwerksreststoffen



Das Aktionsbündnis Stommelner Bürger "Leben ohne Braunkohle" (LoB) hat einen Bürgerantrag an den Landrat des Rhein-Erft-Kreises gestellt. Hintergrund des Antrages ist die unbefriedigende Situation hinsichtlich der Ablagerungen von Kraftwerksreststoffen im Rhein-Erft-Kreis.

Im rheinischen Braunkohlerevier entstehen nach Auskohlung der Tagebaue sogenannte rekultivierte Flächen, die zwar nicht die ursprünglich vorhandene Natur dieses Gebietes ersetzen, aber einen land- und forstwirtschaftlichen Neubeginn erkennen lassen.

Der schöne Schein täuscht allerdings über das hinweg, was sich unterhalb vieler dieser Flächen verbirgt. Zum Auffüllen der Tagebaulöcher werden dort u.a. die toxischen Abfallstoffe, die bei der Braunkohleverstromung entstehen, verwendet.

Im Nebeneffekt werden damit die ausgekohlten Tagebaue zu Schadstoffdeponien. In den Deponien werden Kraftwerksrückstände (Schlacken und Aschen) mit toxischen Schadstoffen wie Kupfer, Cadmium, Chrom, Blei, Nickel, Quecksilber, Zink, Arsen und Thallium gelagert. Diese Stoffe haben in geologischen Zeiträumen gedacht "Ewigkeitswert".

Hier bedarf es einer lückenlosen Dokumentation und Aufklärung.

Eine Verbindung mit dem Grundwasser muss - insbesondere mit Blick auf kommende Generationen - verhindert werden.

*

An den Landrat des Rhein-Erft-Kreises
Herrn Michael Kreuzberg
Willy-Brandt-Platz 1
50126 Bergheim


Pulheim, den 15.09.2014

Bürgerantrag gemäß § 24 der Gemeindeordnung NRW

Sehr geehrter Herr Landrat,

wir stellen als Vertreter des Aktionsbündnisses Stommelner Bürger stellen folgenden Bürgerantrag:

Der Kreistag des Rhein-Erft-Kreises möge beschließen:

1. Die Verwaltung wird beauftragt, das Altlastenkataster, insbesondere im Hinblick auf Deponiestandorte, auf denen Kraftwerksreststoffe (KWR) abgelagert wurden, auf Vollständigkeit zu prüfen und gegebenenfalls zu ergänzen.

2. Weiterhin sollen Art und Menge der an den Standorten abgelagerten Reststoffe erfasst und dokumentiert werden.

3. Es soll dargelegt werden, ob bezüglich der Altlasten in der Vergangenheit gutachterliche Stellungnahmen zur Abschätzung des Gefährdungspotentials vorgenommen wurden und wenn ja, zu welchen Ergebnissen bereits vorliegende Gutachten gekommen sind.

4. Zu allen vorhandenen Standorten wird eine umfassende Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung der Kontaminationspfade Wasser, Boden und Luft erstellt.
In diesem Kontext werden die laufenden Monitoring- und Sicherungsmaßnahmen aufgeführt.

5. Die Daten des Altlastenkatasters werden dem Bürger gemäß Umweltinformationsgesetz zugänglich gemacht.

6. In Zusammenhang mit dem aktualisierten Altlastenkataster wird offengelegt, welche Flächen auf den ehemaligen KWR-Deponiestandorten bereits einer anderweitigen, und wenn ja welcher, Nutzung zugeführt wurden. Dabei ist auch zu prüfen, inwieweit die neuen Nutzer über die Altlasten und deren mögliche haftungsrechtliche Auswirkungen informiert wurden.


Begründung:

Die in den Deponien abgelagerten Kraftwerksreststoffe (z.B. Aschen, Filterstäube und Gipsschlämme etc.) enthalten neben überwiegend mineralischen Bestandteilen auch toxisches Inventar in Form von oxidischen Schwermetallverbindungen. Diese sind potentiell z.B. durch hydrogeochemische Prozesse mobilisierbar und stellen somit ein erhebliches Grundwasser- und Bodengefährdungspotential dar, insbesondere bei sich verändernden Grundwasserverhältnissen.

Beim zu erwartenden Wiederanstieg des Grundwasserspiegels nach Ende der Sümpfungsmaßnahmen der Braunkohletagebaue steigt das Risiko der großräumigen Mobilisierung auch der in den Ablagerungen befindlichen Schwermetalle. Dies kann unter ungünstigen Bedingen dazu führen, dass die betroffenen Aquifere langfristig nicht mehr zur Trinkwassergewinnung herangezogen werden können.

Darüberhinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese neu entstandenen Grundwasserströme bereits bestehende, zu Trinkwasserzwecken genutzte Grundwasserreservoire infiltrieren. Angesichts der riesigen, sich nach Millionen Tonnen bemessenden Menge an Reststoffen sowie deren großflächiger Verteilung ist die genaue Kenntnis der Verhältnisse unabdingbar. Da sich nach bisherigem Kenntnisstand die ursprünglichen Grundwasserniveaus erst in 50-100 Jahren wieder einstellen werden, sind in dem genannten Zeitraum auftretende nachteilige Veränderungen der hydrologischen Verhältnisse als "Ewigkeitsschäden" zu bewerten. Es ist auch aus diesem Grunde darauf hinzuwirken, dass seitens der Politik Vorsorgemaßnahmen im Blick auf künftige Generationen getroffen werden.

Als Vorlage hierzu könnte die RAG-Stiftung dienen, die die Ewigkeitsaufgaben des Steinkohlebergbaus übernehmen wird. Die RWE als Verursacher potenzieller Schäden müssen stärker als bisher in die Verantwortung genommen werden.

Für das Aktionsbündnis

Dr. Werner Holzstein
Rudolf Brands

*

Quelle:
Aktionsbündnis Stommelner Bürger "Leben ohne Braunkohle"
Weitere Informationen: Rudolf Brands
E-Mail: rudolfbrands@netcologne.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. September 2014