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ATOM/247: Umweltverbände verlassen unter Protest Europäisches Kernenergieforum (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände

EU-Koordination - 02.06.2009

Umweltverbände verlassen unter Protest Europäisches Kernenergieforum (ENEF)


Die Umweltorganisationen Greenpeace, Friends of the Earth und Sortir du nucléaire haben am 29. Mai unter Protest ihre Mitarbeit beim Europäischen Kernenergieforum (ENEF) beendet. Ihre atomkritischen Positionen zu den Risiken der Atomenergienutzung seien in den Diskussionen gar nicht erst beachtet worden. Vielmehr würde das Forum sogar genutzt, um feierlich Verträge für den Bau neue Atomkraftwerke zu unterzeichnen (Neubau des slowakischen AKW Bohunice). Beim ENEF-Treffen im letzten Jahr nutzte Italien die Gelegenheit zu verkünden, dass das Land aus dem Ausstieg aus der Atomenergie aussteigen will.

Das Europäische Nuklearforum (ENEF) war 2007 von der EU-Kommission initiiert und beim Frühjahr vom Europäischen Rat gebilligt worden, um einen offenen Dialog und eine transparente "tabulose" Debatte über Atomenergie anzuregen und dafür zu sorgen, dass die Öffentlichkeit sachdienliche und verlässliche Informationen über Chancen und Risiken der Atomenergienutzung erhält. Im Forum kommen jährlich Mitglieder des Europäischen Parlaments und des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,VertreterInnen von Behörden sowie Elektrizitätsversorgungsunternehmen, der Nuklearindustrie, der Verbraucher, der Finanzwelt und der Zivilgesellschaft zusammen.

Rebecca Harms von den Grünen nannte das ENEF "eine staatlich subventionierte Werbeveranstaltung für die Atomenergie". Die große Mehrheit der geladenen Gäste kämen aus der Atomindustrie oder seien "Atomenthusiasten aus Parlamenten und Regierungen". Nur drei Umweltorganisationen seien zu den Treffen eingeladen worden - ein Anteil von zwei Prozent.

Auch der Deutsche Naturschutzring (DNR) kritisiert die Pro-Atompolitik der EU-Kommission, die sich auf den Euratom-Vertrag aus dem Jahr 1950 berufe. Der DNR und andere Organisationen fordern seit Jahren die Abschaffung des Euratom-Vertrags. Euratom enthalte keine Möglichkeit einer parlamentarischen Kontrolle, der Vertrag gehe in Teilen nicht konform mit Wettbewerbsregeln und er enthalte keine europaweiten Bestimmungen zur Sicherheit von Anlagen und Strahlenschutz, Entsorgung und Endlagerung oder zu Bauweise und Betrieb von Atomanlagen.

Die Umweltorganisation Atomstopp Oberösterreich kritisierte, dass die EU-Kommission als "Handlanger" fungiere. Sie "fahre seit dem Jahr 2005 eine beispiellose Kampagne im Dienste der europäischen Atomlobby":

November 2005: Gründung einer private-public-partnership, mit der die EU-Forschung zum Thema Atommüll konzentriert werden sollte - Budget: jährlich 80 Millionen Euro.

März 2007: Gründung des Europäischen Nuklearforums, um eine tabulose Diskussion über die Chancen und Risiken der Atomenergie zu ermöglichen

Juli 2007: Gründung einer hochrangigen Gruppe für nukleare Sicherheit und Abfallentsorgung - zur Beratung über gemeinsam anwendbare Sicherheitsstandards und zur Wiederauflage der 2004 gescheiterten Richtlinien zur Sicherheit von Atomkraftwerken und zum Atommüll

Oktober 2007: EU-Kommissionspräsident Barroso, EU-Wettbewerbskommissarin Kroes und EU-Energiekommissar Piebalgs sprechen sich unmissverständlich für die Atomenergie aus

Mai 2008: EU-Kommission ersuchte den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um eine Sondierungsstellungnahme zu "Künftige Investitionen in die Kernindustrie und ihre Rolle in der Energiepolitik der EU" [jg]

Pressemitteilung von Greenpeace
http://www.greenpeace.org/eu-unit/press-centre/press-releases2/ngos-walk-out-ENEF-29-05-09

Pressemitteilung Atomstopp Oberösterreich
http://www.contratom.de/news/newsanzeige.php?newsid=14481


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Quelle:
Newsletter zur EU-Umweltpolitik
Nr. 20/09, 04.06.2009
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination, 02.06.2009
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juni 2009