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EUROPA/237: Mahnschreiben an Ungarn, Portugal und Rumänien wegen Naturschutzmängeln (KEG)


Europäische Kommission - Brüssel, den 5. Mai 2010

Umwelt: Mahnschreiben der Kommission an Ungarn, Portugal und Rumänien wegen Naturschutzmängeln


Die Europäische Kommission hat gegen Ungarn und Portugal Rechtsverfahren wegen Verstoßes gegen die Naturschutzvorschriften eingeleitet. Ungarn erhält ein zweites und letztes Mahnschreiben, weil es den im Osten des Landes gelegenen Wald von Sajólád nicht geschützt hat und generelle Probleme mit der Umsetzung der Natura-2000-Vorschriften in innerstaatliches Recht aufgetreten sind. Auch Portugal erhält ein letztes Mahnschreiben von der Kommission, weil die Folgenabschätzung für den Bau einer Ferienanlage im Süden des Landes nur unzureichend durchgeführt wurde. Außerdem wird wegen der unzulänglichen Anwendung der EU-Naturschutzvorschriften ein erstes Mahnschreiben an Rumänien gerichtet.

"Die Natura-2000-Gebiete schützen empfindliche Lebensräume, die ihrerseits helfen, die in ihnen lebenden Tiere und Pflanzen zu schützen," erläuterte EU-Umweltkommissar Janez Potocnik. "Die Mitgliedstaaten müssen die EU-Vorschriften beachten, um diese Gebiete zu schützen und die wertvolle biologische Vielfalt in Europa zu erhalten."


Letztes Mahnschreiben an Ungarn

Hierbei handelt es sich um den Wald von Sajólád in Ostungarn, ein geschütztes Hartholzgebiet. Der Wald von Sajólád wurde 2004 in das Natura-2000-Netz (s. u.) einbezogen, der Baumbestand ist aber infolge illegalen Holzeinschlags und durch die Forstbehörden veranlassten Kahlschlags in mehreren Waldabschnitten mittlerweise stark geschädigt. Das Gebiet bot zahlreichen geschützten Tierarten Lebensraum, so etwa dem Kleinen Maivogel (Euphydryas maturna), einer der am stärksten gefährdeten Schmetterlingsarten Europas.

Die ungarischen Behörden haben zwar Maßnahmen zum Ausgleich der entstandenen Schäden vorgeschlagen, diese wurden aber als unzureichend angesehen. Die Schädigung des Waldes ging trotz der Maßnahmen der ungarischen Behörden für einen besseren Schutz des restlichen Waldbestandes weiter.

Dieser Fall zeigt, welche praktischen Durchführungsprobleme durch mangelhafte Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht auftreten können. Das ungarische Recht bietet den Naturgebieten nicht den ausreichenden Schutz, der in der Habitatrichtlinie1 vorgesehen ist. Besonders bedenklich ist der unzulängliche Schutz der Natura-2000-Waldgebiete, die nicht auch im innerstaatlichem Recht als Schutzgebiete ausgewiesen sind. Diese Defizite konnten durch die Änderungen, die Ungarn 2009 mit dem Waldgesetz eingeführt hat, nicht behoben werden.

Ungarn muss innerhalb von zwei Monaten zu diesem Mahnschreiben Stellung nehmen. Danach entscheidet die Kommission, ob sie den Europäischen Gerichtshof mit der Angelegenheit befasst.


Letztes Mahnschreiben an Portugal

Die Kommission richtet im Zusammenhang mit den Vorschriften des EU-Naturschutzrechts ein letztes Mahnschreiben an Portugal.

Gegenstand des Mahnschreibens ist die Ferienanlage Montinho da Ribeira in Algoceira (Region Alentejo). Der Ort liegt in einem durch die Habitatrichtlinie geschützten Gebiet und in der Nähe eines besonderen Schutzgebiets für wild lebende Vögel (Schutzgebiete der Costa Sudoeste). Die Ferienanlage umfasst 322 Ferienhäuser, 40 Wohnungen und ein Hotel. Geplant sind außerdem zwei Golfplätze, Verkehrswege, eine Wasseraufbereitungs- und eine Abwasserbehandlungsanlage. In der Nähe sind vier weitere Ferienanlagen geplant.

Die Folgenabschätzung durch die portugiesischen Behörden war nicht ausreichend, weil darin die Auswirkungen auf einige Tier- und Pflanzenarten sowie Habitate unterschätzt und die kumulierten Auswirkungen mit anderen Vorhaben für diese Gebiete nicht berücksichtigt wurden. In der Studie wurde jedoch eingeräumt, dass das Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf einige geschützte wildlebende Vogelarten und mehrere geschützte Habitate haben könnte.

Portugal muss innerhalb von zwei Monaten zu diesem Mahnschreiben Stellung nehmen. Danach entscheidet die Kommission, ob sie den Europäischen Gerichtshof mit der Angelegenheit befasst.


Erstes Mahnschreiben an Rumänien

Die Kommission übermittelt Rumänien ein erstes Mahnschreiben, weil es in einem der wichtigsten Feuchtgebiete Europas die EU-Naturschutzvorschriften unzureichend angewandt hat. Dabei geht es um ein Vorhaben zum Ausbau von Ferienanlagen in der im südlichen Teil des Donaudeltas an der ostrumänischen Schwarzmeerküste gelegenen Stadt Sulina. Zu dem Vorhaben für die Standferienanlage gehören Freizeitflächen, ein Gesundheitsamt und Arbeiten an den Zubringerstraßen. Das Gebiet ist Teil des Natura-2000-Netzes und wird durch die EU-Vogelschutz- und die EU-Habitatrichtlinie geschützt. Die Kommission hat in der Folgenabschätzung bezüglich der möglichen Nachteile für die Habitate und Vogelarten mehrere Mängel festgestellt. Nach Auffassung der Kommission fehlen in der Studie endgültige Schlussfolgerungen, um alle fundierten wissenschaftlichen Zweifel bezüglich der nachteiligen Auswirkungen der Bauarbeiten auszuräumen. Aus diesem Grund richtet die Kommission ein erstes schriftliches Mahnschreiben an Rumänien.


Besondere Schutzgebiete

Grundlage für den Naturschutz in Europa sind zwei wichtige Rechtsakte: die Vogelschutzrichtlinie und die Habitatrichtlinie. Nach der Vogelschutzrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten die zur Erhaltung wild lebender Vogelarten geeigneten Gebiete als besondere Schutzgebiete (SPA) ausweisen. Die Habitatrichtlinie schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten zur Erhaltung natürlicher Lebensraumtypen und zum Schutz verschiedener aufgelisteter Arten Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (SCI) ausweisen müssen. Zusammen bilden die SPA und die SCI das Natura-2000-Netz, das wichtigste Instrument der EU zur Erhaltung natürlicher Lebensräume und deren Fauna und Flora.

Weitere Einzelheiten zu den Naturschutzvorschriften: http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/index_en.htm

Aktuelle Statistiken zu Vertragsverletzungsverfahren: http://ec.europa.eu/environment/legal/implementation_en.htm

1: Richtlinie 92/43 EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen.


© Europäische Gemeinschaften, 1995-2009


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Quelle:
Pressemitteilung IP/10/526, 05.05.2010
Europäische Kommission (KEG), Brüssel
Internet: www.ec.europa.eu, www.europa.eu/rapid/


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2010