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EUROPA/276: Sanktionen gegen Irland wegen fehlender Regelung zum Schutz des landschaftlichen Erbes (KEG)


Europäische Kommission - Brüssel, den 16. Februar 2011

Umweltschutz: Kommission beantragt finanzielle Sanktionen gegen Irland wegen fehlender Rechtsvorschriften zum Schutz des landschaftlichen Erbes


Die Europäische Kommission verklagt Irland nochmals vor dem Europäischen Gerichtshof, weil der Mitgliedstaat ein früheres Urteil zu Entwicklungen, die das Erbe der Natur- und Kulturlandschaft beeinträchtigen können, nicht umgesetzt hat. Zwei Jahre nach dem Urteil hat Irland noch immer keine Rechtsvorschriften zu dieser Problematik verabschiedet. Auf Empfehlung von Umweltkommissar Janez Potocnik bringt die Kommission den Fall daher neuerlich vor den Gerichtshof und ersucht diesen einen Pauschalbetrag von über EUR 4000 pro Tag für den Zeitraum zwischen dem ersten und dem zweiten Urteil des Gerichtshofs sowie ein Zwangsgeld von über EUR 33000 pro Tag für jeden Tag nach dem zweiten Urteil, bis die Vertragsverletzung endet, zu verhängen.

Gemäß der Richtlinie 85/337/EWG [1] über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten müssen die Mitgliedstaaten Systeme einrichten, nach denen entschieden wird, ob einzelne Projekte einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Projekte, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben dürften, im Voraus geprüft werden, damit die Menschen wissen, mit welchen Auswirkungen sie zu rechnen haben.

Die Entscheidung darüber, wann ein Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu unterziehen ist, kann auf der Grundlage von Schwellenwerten, einer Einzelfalluntersuchung oder einer Kombination beider Methoden getroffen werden. Unabhängig davon, welches System die Mitgliedstaaten wählen, sind auf jeden Fall die in der Richtlinie erläuterten besonderen Auswahlkriterien zu berücksichtigen. Dazu gehören ökologisch empfindliche Räume wie durch europäische Rechtsvorschriften ausgewiesene Schutzgebiete oder archäologisch bedeutende Landschaften.

Der Fall betrifft ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen Irland vom November 2008. Darin wurde festgestellt, dass die Schwellenwerte für die Durchführung einer UVP bei bestimmten Arten von Projekten, u. a. bei Flurbereinigungsprojekten und bei wasserwirtschaftlichen Projekten zwecks Bodenbe- und -entwässerung, zu hoch lagen. Ökologisch empfindliche Merkmale der Landschaft wurden nicht ausreichend berücksichtigt. Dies führte zum Verlust von Feuchtgebieten und anderen Lebensräumen und zur Zerstörung archäologischer Stätten, ohne dass jemals eine UVP verlangt wurde.

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die Mitgliedstaaten nicht allein auf Basis der Projektgröße entscheiden können, denn auch kleine Projekte können erhebliche Auswirkungen auf wichtige Naturgebiete haben. Die irischen Rechtsvorschriften sehen sehr hohe Schwellenwerte - bis zu 100 Hektar - für die Auswahl von Projekten vor, die einer UVP zu unterziehen sind. Das bedeutet, dass Projekte ungeprüft realisiert werden können und archäologische Stätten, deren Fläche im Allgemeinen weniger als ein Hundertstel des Schwellenwerts ausmacht, oder andere ökologisch empfindliche Landschaftsmerkmale schädigen oder zerstören können.

Die Kommission forderte Irland in einem Schreiben vom März 2010 nachdrücklich auf, dem Gerichtsurteil nachzukommen (siehe IP/10/313)[2]. Aber Irland hat auch mehr als zwei Jahre nach dem Urteil noch immer keine Rechtsvorschriften zur Lösung dieses Problems erlassen. Deshalb verweist die Kommission den Fall nun zurück an den Europäischen Gerichtshof und beantragt die Verhängung von finanziellen Sanktionen.


Weitere Informationen über die Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung:
http://ec.europa.eu/environment/eia/eia-legalcontext.htm

Aktuelle Statistiken zu Vertragsverletzungsverfahren im Allgemeinen siehe:
http://ec.europa.eu/community_law/infringements/infringements_de.htm
http://ec.europa.eu/environment/legal/implementation_en.htm

Siehe auch MEMO/11/86
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/11/86&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=fr

[1] http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31985L0337:DE:NOT

[2] http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/10/313&format=HTML&aged=1&language=EN&guiLanguage=en



© Europäische Gemeinschaften, 1995-2011


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Quelle:
Pressemitteilung IP/11/168, 16.02.2011
Europäische Kommission (KEG), Brüssel
Internet: www.ec.europa.eu, www.europa.eu/rapid/


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2011