Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-News - 23. Februar 2023
Das neue Meeres- und Fischereipaket
Die EU-Kommission hat am 21. Februar ein umfangreiches Maßnahmenpaket für Fischerei und Meeresschutz vorgelegt. Schrittweises Grundschleppnetzverbot bis 2030, weniger Emissionen und Energieverbrauch. Fischereiverbände fürchten Verluste, Umweltverbänden ist das Paket angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise nicht konkret genug.
Das Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit des Fischerei- und Aquakultursektors der EU umfasst vier Elemente:
Außerdem soll ein 'Pakt für Fischerei und Ozeane' die vollständige Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik unterstützen. Ziel ist unter anderem die Klimaneutralität des Fischerei- und Aquakultursektors bis 2050 und der Schutz der Meeresökosysteme für eine nachhaltige Fischerei - bis 2030 sollen 30 Prozent unserer Meere rechtlich und wirksam geschützt sein, ein Drittel davon streng. Die Grundschleppnetzfischerei soll schrittweise bis 2030 in Schutzgebieten verboten sein. Erste Maßnahmen zum Schutz des Meeresbodens und der Meeresfauna sollten bereits bis März 2024 für geschützte Natura-2000-Gebiete ergriffen werden. Die Mitgliedstaaten sollen ebenfalls bis März 2024 nationale Fahrpläne zur Umsetzung des Meeresaktionsplans erstellen.
Der Verband der deutschen Kutter- und Küstenfischer sieht laut dpa-Europaticker das Aus für traditionelle Krabbenfischerei in der Nordsee und das 'leichte Rollengeschirr' in der Ostsee gekommen und fürchtet eine Verlagerung der Grundschleppnetzfischerei und vermehrte Importe aus Drittstaaten.
Die Meeresschutzorganisation Oceana [5] nannte das EU-Fischereipaket dagegen "ein dünnes grünes Furnier über dem Business as usual". Es seien dringend konkrete Maßnahmen und weniger politische Kompromisse erforderlich, so die Organisation, auch wenn die Kommission einen notwendigen ersten Rahmen mit einer Vision und einem Aufruf zum Handeln geschaffen habe. Der WWF Europabüro [6] konstatierte, dass die EU-Kommission die Kluft zwischen Fischerei- und Naturpolitik bei weiterer Untätigkeit der Mitgliedstaaten kaum überbrücken und die verlorene Zeit nicht aufholen könne. BirdLife [7] International meinte, der Meeresaktionsplan in seiner jetzigen Form sei schon nicht in der Lage, die Natur zu schützen und die Verschlechterung der Ökosysteme aufzuhalten. So würden die bisher geltenden Vorschriften zur Vermeidung von Beifängen lediglich wiederholt, allerdings würden schon diese kaum eingehalten und zu schlecht kontrolliert. Seas At Risk [8] begrüßte zwar das Paket, mahnte aber auch, dass der Umfang nicht ausreichend sei und "bedeutungslos" bleibe, wenn die Maßnahmen weder von den Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt noch von der Kommission durchgesetzt werden. Außerdem dürften Grundschleppnetze noch sieben Jahre lang der Meeresboden in vermeintlichen Schutzgebieten zerstören, was "nicht hinnehmbar" sei.
Auch bezogen auf den Aktionsplan zur Dekarbonisierung des
Fischereisektors fehlen Seas At Risk - im Bündnis mit
ClientEarth, Our Fish und BLOOM - konkrete Maßnahmen. Der
Aktionsplan sei eher ein Diskussionspapier ohne Verpflichtung der
Mitgliedstaaten, Umstellungsziele festzulegen und die
Finanzierung der Energiewende umzuleiten. Alle Subventionen für
fossile Brennstoffe müssten gestrichen und der Europäische
Fischereifonds EMFAF entsprechend aktualisiert werden, damit
mindestens 35 Prozent der Fördermittel in die Umstellung auf eine
kohlenstoffarme Fischerei fließen. Alles andere sei "grobe
Heuchelei". [jg]
EU-Kommission: Fischerei, Aquakultur und Meeresökosysteme:
Übergang zu sauberer Energie und Schutz von Ökosystemen für mehr
Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_23_828
dpa-Europaticker: Verband kritisiert Pläne der EU-Kommission zu
nachhaltiger Fischerei
https://www.eu-info.de/dpa-europaticker/320173.html
Seas At Risk: NGOs Call Out EU Commission on Conflicting Policies
for Fishing Sector Decarbonisation
https://seas-at-risk.org/press-releases/ngos-call-out-eu-commission-on-conflicting-policies-for-fishing-sector-decarbonisation/
Anfang Texteinschub
BUND: Allererste Schutzmaßnahmen in der Nordsee in Kraft
Am 16. Februar sind in Deutschland erste Schutzmaßnahmen für
Lebensräume und Arten in den deutschen Schutzgebieten der Nordsee
vor Fischerei mit Grundschleppnetzen und Stellnetzen in Kraft
getreten. Der BUND fragt sich, ob die "Meereswende in Sicht"?
ist. Während das Gebiet Borkum Riffgrund vollständig für
Grundschleppnetze gesperrt werde, seien im Sylter Außenriff nur
knapp zwei Drittel (62 Prozent) des Schutzgebietes ausgenommen.
Auf der Doggerbank, der größten Sandbank der Nordsee, fehlten die
Maßnahmen zur Grundschleppfischerei allerdings noch komplett,
kritisierte die Organisation.
Weiterlesen
https://www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/meereswende-in-sicht-allererste-fischereimassnahmen-in-deutschen-nordsee-schutzgebieten-treten-in-kraft/
Ende Texteinschub
[1] https://oceans-and-fisheries.ec.europa.eu/publications/communication-commission-energy-transition-eu-fisheries-and-aquaculture-sector_en
[2] https://oceans-and-fisheries.ec.europa.eu/publications/communication-commission-eu-action-plan-protecting-and-restoring-marine-ecosystems-sustainable-and_en
[3] https://oceans-and-fisheries.ec.europa.eu/publications/common-fisheries-policy-today-and-tomorrow-fisheries-pact-towards-sustainable-science-based_en
[4] https://oceans-and-fisheries.ec.europa.eu/publications/implementation-regulation-eu-no-13792013-common-organisation-markets-fishery-and-aquaculture_en
[5] https://www.europe.oceana.org/press-releases/eu-fisheries-package-a-thin-green-veneer-over-business-as-usual/
[6] https://www.dnr.de/aktuelles-termine/aktuelles/www.wwf.eu/?9046841/Commission-ambitions-to-bridge-the-gulf-between-fisheries-and-nature-policies-fail-to-make-up-for-lost-time
[7] https://www.seas-at-risk.org/press-releases/sink-or-swim-for-eu-seas-european-commission-puts-pressure-on-member-states-to-ban-bottom-trawling-in-new-fisheries-package/
*
Quelle:
EU-News, 23.02.2023
Deutscher Naturschutzring
Dachverband der deutschen Natur-, Tier-
und Umweltschutzverbände e.V. (DNR) e.V.
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin-Mitte
Tel.: 030/6781775-70, Fax: 030/6781775-80
E-Mail: info@dnr.de
Internet: www.dnr.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 24. Februar 2023
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