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INITIATIVE/420: Flächenskandal in Oberschwaben - Industriebrache lieber neu nutzen (BUND BW)


BUND Landesverband Baden-Württemberg e.V. - 11. Mai 2009

Flächenskandal in Oberschwaben

BUND: Industriebrache neu nutzen, statt 45 Fußballfelder kostbaren Bodens zu planieren


Stuttgart/Ravensburg. Bad Wurzach, Bad Waldsee und zwei weitere Gemeinden des Landkreises Ravensburg planen im Wurzacher Becken ein interkommunales Gewerbe- und Industriegebiet - so riesig wie etwa 45 Fußballfelder. Und das, obwohl nur acht Kilometer entfernt in Baienfurt ein perfekt angebundenes, ähnlich großes Industriegebiet brach liegt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg, kritisiert, dass der Oberschwäbische Gewerbe- und Industriepark (OGI) mitten in der freien Landschaft entstehen soll: Fernab von allen bestehenden Siedlungsschwerpunkten sollen 30 Hektar wertvoller, landwirtschaftlicher Boden in einer ökologisch sensiblen Gegend zwischen zwei Natura 2000-Gebieten von europäischem Rang zerstört werden. "Dieses Gewerbe- und Industriegebiet ist so überflüssig wie ein Kropf", erklärte die BUND-Landesvorsitzende Dr. Brigitte Dahlbender. Denn in unmittelbarer Nähe hat das Unternehmen StoraEnso 40 Hektar bestens erschlossenes Industriegelände mit hervorragender Verkehrsanbindung und einer eigenen Energieversorgung mit Heiz- und Wasserkraftwerk hinterlassen. Für das Gebiet wird zurzeit händeringend eine Nutzung gesucht. Dahlbender forderte Umweltministerin Tanja Gönner auf: "Nutzen Sie die einmalige Chance und machen Sie das Gelände der Papierfabrik zu einem Vorzeigeprojekt der neuen Nutzung einer Industriebrache. Zeigen Sie, dass Politik nicht nur Programme verkündet, sondern dass sie Richtungen vorgibt und diese auch konsequent umsetzt. Verhindern Sie die Umsetzung der unseligen Idee der vier Bürgermeister, die nur von einer engstirnigen Kirchturmpolitik zeugt - und helfen Sie damit Natur, Umwelt und der schönen oberschwäbischen Kulturlandschaft."

Der BUND hat seine Kritik in einer Stellungnahme deutlich gemacht. Auch das Landratsamt Ravensburg und das Regierungspräsidium Tübingen haben sich ungewöhnlich kritisch und in wesentlichen Teilen ablehnend zu den Plänen geäußert. Trotzdem hat Bad Wurzach die Pläne ohne wesentliche Änderungen beschlossen und beim Landratsamt die Genehmigung zur Änderung des Flächennutzungsplanes beantragt. Diese wurde bislang verweigert. Dessen ungeachtet haben die vier Gemeinden bereits den Baubeschluss zur Erschließung des Gebietes gefasst und mit vorbereitenden Arbeiten dazu begonnen. Der Feuerverzinkerei Collini haben sie auch bereits 3,3 Hektar des Geländes fest versprochen, obwohl das Verfahren noch längst nicht abgeschlossen ist. Zu allem Überfluss hat die Stadt diese Fläche in der vergangenen Woche umpflügen und mit weißen Folien abdecken lassen, um die dort vorkommende Feldlerche an der Brut zu hindern: Ein krasser Verstoß gegen das Naturschutzgesetz, den der BUND schon über die Umweltmeldestelle des Umweltministeriums gerügt hat und gegen den das Landratsamt derzeit vorgeht.

Sowohl der Beschluss zum Baubeginn als auch die verbindliche Flächenzusage an Collini sind eindeutig rechtswidrig und müssen von den Aufsichtsbehörden schon deshalb beanstandet werden, weil sie ohne jede Rechtsgrundlage erfolgten. Aber offenbar ist der Stadt jedes Mittel recht, um vorzeitig vollendete Tatsachen zu schaffen. Dahlbender: "Wenn die Behörden den Oberschwäbischen Gewerbe- und Industriepark nicht verhindern, wird er das Paradebeispiel dafür, dass man auch mit einer interkommunalen Planung hemmungslos kostbare Fläche verbrauchen und damit alle Bemühungen der Landesregierung mit ihrem 'Strategieprogramm zur Reduzierung des Flächenverbrauchs' verhöhnen kann. Damit steht auch die Glaubwürdigkeit der Umweltministerin auf dem Spiel."


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Quelle:
Presseinformation, 11. Mai 2009
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2009