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LÄRM/095: Nächtliche Kernruhezeit für Passagierflug am Flughafen Köln-Bonn zwingend (DNR)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
Mittwoch, 1. September 2010

Einführung einer nächtlichen Kernruhezeit für den Passagierflug am Flughafen Köln/Bonn zwingend erforderlich

Lärmschutzverbände und DNR legen Rechtsgutachten vor


Ein von der Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn beauftragtes Rechtsgutachten kommt zum Ergebnis, dass die Einführung einer Kernruhezeit von 0:00 bis 5:00 Uhr für Passagierflüge auf dem Flughafen Köln/Bonn zwingend erforderlich ist und nunmehr umgesetzt werden kann. Sprecher der Lärmschutzverbände und des DNR haben bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf heftige Vorwürfe vor allem gegen den früheren NRW-Verkehrsminister Wittke und die Betreiber des Flughafen Köln/Bonn erhoben. Wittke habe die jetzige Nachtflugregelung ohne jede Überprüfung und erneute Abwägung in 2008 gleich um 22 Jahre verlängert. Die Beschränkung für den nächtlichen Passagierflug war bereits 1996 als eine Maßnahme eines insgesamt 22-Punkte umfassenden Katalogs vom NRW-Landtag beschlossen worden. Im Rahmen einer Abwägung zwischen den wirtschaftlichen Belangen des nächtlichen Frachtflugs und dem Schutz der Bevölkerung sollten die Anwohner einen fairen Ausgleich für die 1997 eingeführte und bis 2015 gültige Nachtflugregelung und die damit zugemutete hohe Belastung durch die nächtlichen Frachtflüge erhalten. Eine aktuelle Untersuchung von EuroControl, so der DNR-Generalsekretär, Dr. Helmut Röscheisen zeige, dass der Flughafen Köln/Bonn in der besonders sensiblen Kernzeit der Nacht von 0:00 bis 5:00 Uhr die höchste Nachtflug-Belastung aller europäischen Flughäfen habe. Alleine dies wäre schon Grund genug zu handeln und den Passagierflug in dieser Zeit als weitere Spitze zu kappen.

Der nächtliche Passagierflug zwischen 0:00 und 5:00 Uhr habe ausdrücklich keinen Bestandsschutz, so der Präsident der Bundesvereinigung gegen Fluglärm, Helmut Breidenbach. Die Nachtflugregelung für Köln/Bonn hat eine Öffnungsklausel für die Einführung der Beschränkung. Das BVerwG hat in einem Urteil zum Flughafen Leipzig/Halle den Weg frei gemacht und eine Ungleichbehandlung von Verkehren (Fracht und Passage) als nicht diskriminierend zugelassen.

Dies wird auch durch ein von der Lärmschutzgemeinschaft beauftragtes Rechtsgutachten bestätigt. Dies, so der stv. Vorsitzende der Lärmschutzgemeinschaft, Wolfgang Hoffmann, kommt sogar zu dem Ergebnis, dass die mit Bescheid der Landesregierung vom 07.02.2008 verfügte Verlängerung der noch bis 2015 geltenden Nachtflugregelung bis ins Jahr 2030 rechtswidrig ist, weil

die geltende Nachtflugregelung zum Zeitpunkt der Verlängerung (in 1997) noch 7 Jahre gegolten hätte und das Ausmaß der Verlängerung um 22 Jahre (2008-2030) den im Planungsrecht normalerweise angesetzten Prognosehorizont von 10 bis 15 Jahren deutlich übersteigt, ohne dass ein sachlicher Grund für dieses Vorgehen ersichtlich war und ist,
die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Abwägung der widerstreitenden Belange nicht erfolgt und
die zum damaligen Zeitpunkt bereits bekannte aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Nachtflugregelungen ignoriert worden ist.

Bei der Verlängerungsentscheidung (so das Rechtsgutachten), handele es sich offensichtlich um eine Gefälligkeitsentscheidung zu Gunsten der am Flughafen angesiedelten Logistikunternehmen, um hier zu Lasten der Betroffenen Fakten zu schaffen, bevor die Auswirkungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Flughafen Leipzig/Halle allgemein wahrgenommen werden konnten. Hieraus folge, dass der sich am Rande der Nichtigkeit befindliche Verlängerungsbescheid zurückzunehmen sei, auch weil dieser aufgrund der eingereichten Klage der Stadt Siegburg noch nicht bestandskräftig geworden ist. Spätestens mit Ablauf der dann wieder auflebenden ursprünglichen Befristung der geltenden Nachtbetriebsregelung zum 31.10.2015 müsste die Landesregierung dann über eine neue Nachtbetriebsbeschränkung entscheiden. Diese Entscheidung müsste den Anforderungen des Abwägungsgebotes entsprechen und hätte damit auf Grundlage der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie dem aktuellen Stand der Lärmwirkungsforschung zu geschehen.

Düsseldorf, den 1. September 2010


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Quelle:
Pressemitteilung, 01.09.2010
Deutscher Naturschutzring
Dachverband der deutschen Natur- und
Umweltschutzverbände (DNR) e.V.
Koblenzer Straße 65, 53173 Bonn
Tel.: 0228/3590-05, Fax: 0228/3590-96
E-Mail: info@dnr.de
Internet: www.dnr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2010