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MELDUNG/049: S 21 - Schreiben des Eisenbahnbundesamtes beweist, Baumfällungen waren illegal (BUND BW)


BUND Landesverband Baden-Württemberg - 7. Oktober 2010

Stellungnahme des Eisenbahnbundesamtes bestätigt:

Baumfällungen waren illegal. BUND weist Innen- und Umweltministerium Schuld daran zu


Stuttgart. Im Skandal um Ministeriumsversäumnisse und Behördenfehler rund um die Baumfällungen der vergangenen Woche im Stuttgarter Schlosspark hat das Eisenbahnbundesamt (EBA) mittlerweile auf die Fragen des Verwaltungsgerichtes reagiert. Hintergrund war ein vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg, beantragtes Eilverfahren zum Schutz der in der Nacht zum Freitag letzter Woche gefällten Baumriesen im Park. Der Antrag wurde beim Verwaltungsgericht am 30.09. eingereicht, worauf das Gericht sofort tätig wurde und bei EBA und Regierungspräsidium Stuttgart (RP) telefonisch Informationen zur geplanten Fällaktion anforderte. Aufgrund nicht nachvollziehbarer Gründe informierten jedoch weder EBA noch RP den zuständigen Richter über ein Schreiben des gleichen Tages. Darin wurde die DB Projektbau vom EBA nochmals ausdrücklich aufgefordert, vor Beginn der Fällarbeiten eine sogenannte landschaftspflegerische Ausführungsplanung vorzulegen. Bei zutreffender Information des Richters wäre mit einem Stopp der Fällarbeiten durch das Gericht zu rechnen gewesen.

Das EBA als verantwortliche Kontrollbehörde für das gesamte Projekt S21 gibt nun im Antwortschreiben gegenüber dem Verwaltungsgericht zu Protokoll, dass es im Gespräch mit der DB Projektbau am Abend vor den Baumfällungen seine Bedenken zu artenschutzrechtlichen Konflikten angemeldet habe. Die DB hat diese jedoch in den Wind geschlagen. So heißt es z.B. im Schreiben "die Vorhabenträgerin [DB] vertrat die Rechtsauffassung, dass aus dem Planfeststellungsbeschluss eine uneingeschränkte Berechtigung zur Rodung der Bäume im Schlossgarten bestehe". Das EBA habe im Gespräch mit der DB die Auffassung vertreten, dass "bei einem Projekt dieser Größenordnung und Komplexität eine landschaftspflegerische Ausführungsplanung in der Regel schrittweise mit dem Fortgang des Vorhabens erstellt werde. Beispielsweise seien auch die Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen ... ggf. zu konkretisieren". Die DB Projektbau hingegen sei der Meinung gewesen, "dass eine landschaftspflegerische Ausführungsplanung für das Fällen von Bäumen nicht erforderlich sei".

Die BUND-Landesvorsitzende Dr. Brigitte Dahlbender zeigt sich darüber mehr als verärgert: "Die Bahn ist offensichtlich der Meinung, nach Belieben Bäume fällen und dann im Nachhinein den Behörden mitteilen zu können, wie die betroffenen Tierarten hätten geschützt werden können. Seit 2005 ist bekannt, dass diese Planung gemacht werden muss, sie liegt aber bis heute nicht vor. Es ist der Gipfel von Arroganz und Ignoranz, dass die DB Projektbau nun stattdessen in der letzten Woche die Bäume einfach fällte und dann auch gleich durch den Schredder gejagt hat - so ist zumindest für die DB praktischerweise sichergestellt, dass im Nachhinein keine Juchtenkäfer mehr zu finden sind". Nach Ansicht des BUND agiert die DB Projektbau bei S21 somit schon zu Beginn des Projektes mehr als zweifelhaft, was aber durch die Landesbehörden toleriert wurde. "Sowohl im Innen- als auch im Umweltministerium war bekannt, dass es eine Ausführungsplanung geben muss. Sie hätte mit dem Regierungspräsidium abgestimmt werden müssen, für das in diesem Fall beide Ministerien zuständig waren", sagt Dahlbender: "Es wäre die Pflicht von Umweltministerin Tanja Gönner und Innenminister Heribert Rech gewesen, dem Treiben Einhalt zu gebieten und nicht auch noch zur Unterstützung der rechtswidrigen Baumfällung landeseigene Polizeibeamte bereitzustellen."

Der BUND wird vor dem Hintergrund der langen Liste von Behörden-Versäumnissen seine Strafanzeige gegen die Bahn aufrechterhalten. Nun ist es zunächst Sache des Amtes für Umweltschutz der Stadt Stuttgart, den Vorwürfen konsequent nachzugehen.


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Quelle:
Presseinformation, 7. Oktober 2010
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2010