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MILITÄR/066: Die Heide wird frei! - Verzicht auf das Bombodrom in Brandenburg (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 151 - August/September 09
Die Berliner Umweltzeitung

Die Heide wird frei!

Verteidigungsminister verzichtet nach 17 Jahren auf Bombodrom in Brandenburg


Es wird in Deutschland keinen neuen Übungsplatz für die Luftwaffe geben. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, verkündeten am 9. Juli das Aus für den Luft-Boden-Schießplatz Kyritz-Ruppiner Heide bei Wittstock - auch "Bombodrom" genannt. Bereits im März hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die militärische Nutzung des Platzes untersagt. Unter anderem warfen die Richter der Bundeswehr schwere Planungsfehler vor.

Damit kommt der seit 1992 dauernde Streit zwischen der Bundeswehr und den Anwohnern in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie sämtlichen dort ansässigen Politikern aller Parteien zu einem Ende. Am 23. August 1992 gründet sich die Bürgerinitiative (BI) FREIeHEIDe in Schweinrich. Sie wendet sich gegen die militärische Nutzung eines ehemaligen Truppenübungsplatzes der sowjetischen Armee 100 km nordwestlich von Berlin durch die Bundeswehr.

Das Areal hat eine Größe von 144 Quadratkilometern (etwa 1/6 von Berlin oder 1/3 der Fläche von Köln) und liegt in der Kyritz-Ruppiner Heide in Nordbrandenburg. Durch die beabsichtigte Nutzung als Bombenabwurfplatz wäre aber auch die Region im Süden Mecklenburgs betroffen, da hier die Einflugschneisen geplant sind. Durch Lärm- und Schadstoff-Emissionen wäre der Tourismus, der sich in den letzten Jahren als Standbein dieser malerischen Region entwickelt hat, bedroht.

In den letzten 17 Jahren wurde FREIeHEIDe zu einem Symbol für kreativen, friedlichen Protest. Seit Jahren findet am Ostersonntag eine der größten Ostermarschaktionen Deutschlands in Fretzdorf statt. Die Frage des "Bombodrom" ist kein lokales Problem - es ist ein BUNDES- ja sogar EUROPA-relevantes Thema! Bei bisher 112 Protestveranstaltungen haben das mehr als 350.000 Teilnehmer/-innen aus nah und fern bekräftigt.

Dieser Protest erzwang 2004 ein Umdenken in der brandenburgischen Landesregierung, und auch die Landtagsabgeordneten in Potsdam stimmten mehrheitlich für eine zukünftig friedliche Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide. Trotz dieses Erfolges ging der Protest kontinuierlich weiter, und er war erfolgreich. "Es ist unglaublich, dass es endlich so weit ist, nach so langer Zeit", sagte Benedikt Schirge, Sprecher der Bürgerinitiative FREIeHEIDe. Nach 17 Jahren Widerstand, über 100 Protestwanderungen und 27 gewonnenen Verfahren seien die Aktivisten an ihrem Ziel.

Zufrieden zeigte sich auch der Verteidigungsexperte der Grünen im Bundestag, Winfried Nachtwei: "Das ist ein Riesen-Langstreckenerfolg der breitesten Bürgerbewegung im vereinten Deutschland. Der Minister hat Realismus und Klugheit im Amt gezeigt - im Unterschied zu seinen Vorgängern." Nachtwei ist überzeugt, dass die Luftwaffe überhaupt keinen neuen Übungsplatz braucht: "Bislang ging es ja auch ohne." Der Neuruppiner Unternehmer Golde hofft nun auf ein kleines Wirtschaftswunder für die Region: "Banken werden nun mit den Grundstücken ganz anders arbeiten können", sagte er. Kredite etwa für Hotels würden eher bewilligt, wenn nicht die Gefahr bestehe, dass in wenigen Jahren Tiefflieger über die Region donnern. "Auf den Immobilienmarkt wird sich die Entscheidung sehr positiv auswirken." Nach dem Verzicht auf das Bombodrom kann nun die Region rund um die Kyritz-Ruppiner Heide ihre künftige Entwicklung planen und gestalten. Allerdings ist das Gelände weiterhin Eigentum der Bundesrepublik Deutschland und stark mit Altlasten verseucht.   jm

www.freieheide.de

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
Ostermarsch 2009 - Kein Bombodrom!


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Quelle:
DER RABE RALF - 20. Jahrgang, Nr. 151, August/September 09, S. 18
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2009