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MILITÄR/095: Krieg und Klima (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 214 - Februar / März 2020
Die Berliner Umweltzeitung

Krieg und Klima
Die Klimazerstörung durch Rüstungsindustrie und Militär darf nicht ignoriert werden

von Ekkehard Skoring


Neben Kohlekraftwerken und Regenwaldvernichtung gilt der Verkehr als einer der größten Klimakiller. Unbeachtet bleibt dabei meist der militärische Verkehr - zu Lande, zu Wasser und in der Luft.

Wie hoch sind der Verbrauch an Rohstoffen und Energie und der Ausstoß an CO2 durch Militär und Rüstungsindustrie? Beide Bereiche sowie die Politik weigern sich, diese Frage zu beantworten. Deshalb haben Wissenschaftler nachgeforscht. Das Ergebnis: Militär und Rüstungsindustrie sind weltweit die größten Rohstoff- und Energieverschwender und Freisetzer von CO2.

Die Rüstungsindustrie ist der weltweit umsatzstärkste Wirtschaftszweig. Um welche finanziellen Dimensionen es sich hier handelt, verdeutlichen die weltweiten Rüstungsausgaben von 1.800 Milliarden US-Dollar im Jahr 2018 laut den Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri.

Bundeswehr, US-Militär, Nato, Russland

Ein vierstündiger Flug des Bundeswehr-Kampfflugzeugs Tornado kostet 170.000 Euro, verbraucht 20.000 Liter Kerosin und stößt die CO2-Menge aus, die von einem durchschnittlichen Kfz-Pendler in seinem ganzen Berufsleben verbraucht wird. Nicht nur die Luftwaffe, auch Marine und Landstreitkräfte üben ständig auf mehr als 260 Bundeswehrstandorten den Krieg. Die Bundeswehr ist nach Angaben des Verteidigungsministeriums in derzeit 14 Auslandseinsätzen unterwegs. Sie ist weltweit in multinationale beziehungsweise Nato-Manöver eingebunden. Tagtäglich werden Unmengen an CO2 ausgestoßen.

Auf der US-Luftwaffenbasis Ramstein bei Kaiserslautern finden rund 30.000 Starts und Landungen im Jahr statt. Bei Kriegsvorbereitungen und -einsätzen sind es deutlich mehr.

Das US-Militär ist einer der größten Verbraucher von Erdölprodukten und Erzeuger von Treibhausgasen weltweit. Der Ausstoß beträgt 59 Millionen Tonnen jährlich, wie eine Studie der Brown University in den USA im vergangenen Jahr ergeben hat. Das ist mehr als die Emissionen Schwedens oder Dänemarks.

Unter den militärischen Klimakillern ist die Nato weltweit die Nummer eins. Durch Kriege und ihre fast täglich erfolgende Einübung auf den unzähligen Übungsplätzen und bei Manövern der Nato und ihrer Mitgliedsstaaten entstehen hohe militärbedingte Umweltschäden. Im Jahr 2018 wurden mehr als 286 Manöver und Übungen durchgeführt.

Umwelt und Klima werden zweifellos auch durch russisches Militär zerstört, es gibt aber keine offiziellen Zahlen dazu. In Russland wird genauso vertuscht wie im Westen. Ein Vergleich ist allerdings aufschlussreich: Von den weltweiten Rüstungsausgaben im Jahr 2018 entfallen auf die Nato laut Sipri 1.013 Milliarden US-Dollar (56 Prozent), auf Russland 61 Milliarden US-Dollar (drei Prozent). Das ist ein Indiz dafür, dass das Umwelt- und Klimazerstörungspotenzial durch russisches Militär im Vergleich zur Nato deutlich geringer ist.

Produzieren, zerstören, ersetzen

Wir wissen: Krieg vernichtet Leben, Natur und Infrastruktur - Wohngebäude, Verkehrswege, Industrieanlagen, Krankenhäuser. Aber wem sind folgende Tatsachen bewusst?

Rüstungsgüter werden erst produziert, dann in Kriegen (weltweit derzeit etwa 140) zerstört und schließlich durch noch mehr, neue und "bessere" Rüstungsgüter ersetzt. Infrastruktur wird erst errichtet, dann zerstört und wieder aufgebaut. Das alles geschieht unter Verbrauch riesiger Mengen an Rohstoffen und Energie und mit einem immensen CO2-Ausstoß.

Von den Kriegen der USA und der Nato profitiert übrigens vorwiegend die US-Bauindustrie. Mit dem Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur verdient sie sich eine goldene Nase. Kriege sind ein "Bombengeschäft" für Rüstungsindustrie und Bauwirtschaft.

Eine große Umweltkatastrophe sind immer wieder brennende Ölquellen bei Kriegen, siehe Irak. Diese Brände sind verantwortlich für eine massive Schädigung der Biosphäre durch CO2. Für diese Treibhausgase gibt es offiziell keinen Verursacher und sie tauchen nicht in den UN-Dokumenten auf.

Das schlimmste Szenario jedoch: Der Einsatz auch nur eines kleinen Bruchteils der heutigen atomaren Waffenarsenale, die offiziell der "Abschreckung" dienen sollen, würde nach Meinung von Wissenschaftlern eine sofortige Klimakatastrophe, einen "atomaren Winter" auslösen und könnte zum Untergang der gesamten Menschheit führen.

Kriegsgrund Bodenschätze

Das US-Militär ist stets bereit, den Konzernen des Landes weltweit den Zugang zu Rohstoffquellen zu sichern, vor allem zu Öl. Im Irak zum Beispiel sichert US-Militär seit dem Krieg 1991 die Ölquellen. In Syrien werden Ölquellen vom US-Militär "bewacht". Die ölreiche Diktatur Saudi-Arabien wird im Jemen-Krieg von den USA mit Rekord-Rüstungsexporten und Militär unterstützt. Weltweit kontrolliert US-Militär den Zugang zu Erdölvorkommen und anderen Bodenschätzen. Mehrere hundert US-Militärstützpunkte befinden sich in rohstoffreichen Regionen und in der Nähe strategischer Schifffahrtswege.

Es ist dringend notwendig, den Verbrauch fossiler Brennstoffe schleunigst durch dezentral erzeugte erneuerbare Energie zu ersetzen. Damit entfällt ein wesentlicher Grund für militärische Aufrüstung und Krieg. Die extrem hohen Rüstungsausgaben entziehen viel Geld für Investitionen in die Energiewende und die existenziell notwendige Bekämpfung der Klimakrise.

Klima schützen heißt abrüsten. Werden wir aktiv: Freitags für Frieden!


Weitere Informationen:

www.umwelt-militaer.info
www.frikoberlin.de

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Quelle:
DER RABE RALF
30. Jahrgang, Nr. 214, Seite 20
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47/-0, Fax: 030/44 33 91-33
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Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Mai 2020

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