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STADT/358: Sommermärchen und Hitzestress (idw)


Technische Universität Berlin - 30.07.2014

TU Berlin: Sommermärchen und Hitzestress

Modernste Klima-Messstation auf dem Dach der TU Berlin vermisst die urbane Atmosphäre



Fünf Prozent aller Todesfälle in Berlin sind mit großer Wahrscheinlichkeit auf die erhöhten Sommertemperaturen zurückzuführen, haben TU-Klimatologen und ihre Partner in der DFG-Forschergruppe "Stadtklima und Hitzestress" statistisch nachweisen können. Das sind 25-mal mehr Tote als in der Stadt an Verkehrsunfällen sterben. Die Wissenschaftler der interdisziplinären Forschergruppe wollen den Risiken zunehmender Wärmebelastungen für den Menschen, dem sogenannten "Hitzestress" auf die Spur kommen sowie verschiedene Möglichkeiten untersuchen, die negativen Auswirkungen der Hitze zu mindern beziehungsweise sich den klimatischen Verhältnissen anzupassen. Seit Anfang Juli 2014 ragt nun auch eine neue Messstation 56 Meter in den Himmel über der TU Berlin. Auf dem Dach des Hauptgebäudes der Universität wurde die neue Energiebilanzstation des Fachgebietes Klimatologie der TU Berlin installiert und in Betrieb genommen.

"In Berlin haben wir im Mittel über zehn Jahre von 2001 bis 2010 pro Jahr 23 Tage mit Hitzestress festgestellt, die im Durchschnitt während vier sommerlicher Hitzeepisoden auftreten", erklärt Prof. Dr. Dieter Scherer, Sprecher der DFG-Forschergruppe, die mit vollem Namen "Urban Climate and Heat Stress in mid-latitude cities in view of climate change" (UCaHS) heißt. "Einen Trend zu höheren Lufttemperaturen gab es in Berlin in diesem Zeitraum nicht. Die Todesfälle, rund 1600 pro Jahr, treten jeden Sommer auf, nicht nur in den Extremsommern." Der städtische Raum sei dabei höchstwahrscheinlich stärker betroffen als der ländliche. Die städtischen "Wärmeinseln", die auch in der Nacht Temperaturen aufweisen, die um bis zu zehn Grad höher liegen als im Umland, seien seit Jahren bekannt. Besonders betroffen sind ältere Menschen mit Vorerkrankungen, die oft auch noch in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Sie können nicht aus ihren überhitzten Wohnungen in der Stadt, die auch nachts nicht abkühlen, fliehen.

Die neue Energiebilanz-Messstation auf dem Dach des TU-Hauptgebäudes misst simultan Kohlendioxid- und Wasserdampfdichte, Lufttemperatur, Luftdruck und das dreidimensional Windfeld. Sie dient der experimentellen Untersuchung des städtischen Energiehaushalts. "Wir können damit eine Bilanz aus allen Energieaustauschprozessen zwischen der dreidimensionalen Stadtoberfläche und der urbanen Atmosphäre ziehen", erklärt TU-Klimatologe Dr. Fred Meier, der das Projekt zusammen mit seiner Kollegin Dr. Ute Fehrenbach an der TU Berlin koordiniert. "Diese Energieaustauschprozesse haben eine große Bedeutung für das Stadtklima. Zum Beispiel ist die wesentlich größere Wärmespeicherkapazität der Stadt eine zentrale Ursache der nächtlichen urbanen Wärmeinsel." Mit der Inbetriebnahme dieser berlinweit einmaligen Messstation stehen den Wissenschaftlern nun auch Daten für die Evaluierung neuartiger Stadtklimamodelle zu Verfügung.

In der DFG-Gruppe erforschen Klimatologen, Stadtgeografen, Hydrologen, Mediziner, Architekten, Stadtplaner und Sozialwissenschaftler die Auswirkungen des zukünftigen Klimawandels. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit Forschern der Humboldt-Universität zu Berlin, des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der Charité Universitätsmedizin Berlin, der Freien Universität Berlin und der Universität der Künste Berlin durchgeführt.

Information:
Dieter Scherer, Ute Fehrenbach, Tobia Lakes, Steffen Lauf, Fred Meier, Christian Schuster 2013: Quantification of heat-stress related mortality hazard, vulnerability and risk in Berlin, Germany. DIE ERDE 144 (3-4), 238-259

Publikation im Internet:
www.die-erde.org/index.php/die-erde/article/view/49

www.klima.tu-berlin.de
www.ucahs.org

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Berlin, Stefanie Terp, 30.07.2014
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. August 2014