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EUROPA/223: Deutscher Verzug bei Energieeffizienz - "Wilde Hatz" bei CCS-Lagerung (DUH)


Deutsche Umwelthilfe e.V. - 18. Mai 2009

"Bundesregierung der zwei Geschwindigkeiten"

Deutsche Umwelthilfe kritisiert jahrelangen Verzug bei Umsetzung von Energieeffizienz-Anforderungen der EU - Frist an diesem Sonntag ein Jahr überschritten - Gleichzeitig "wilde Hatz" bei Verabschiedung des Gesetzes zur Abscheidung und Verpressung von Kohlendioxid aus Kraftwerken in unterirdische Speicher - Deutschland droht erneut Vertragsverletzungsverfahren


Berlin, 17. Mai 2009: Ein Jahr nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der Europäischen Richtlinie über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen (Richtlinie 2006/32/EG) steht ein Energieeffizienzgesetz hierzulande weiter in den Sternen. Deutschland droht deshalb ein teures Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Vor allem aber rücken die Ziele der Bundesregierung zur Energieeinsparung in immer weitere Ferne. "Trotz überbordender Rhetorik ist Energieeffizienz für die große Koalition kein vorrangiges Thema. Die konsequente Nicht-Umsetzung der EU-Richtlinie aus dem Jahr 2006 zeugt von einer tiefen Diskrepanz zwischen Worten und Taten dieser Bundesregierung", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake.

Baake verwies darauf, dass gleichzeitig das erkennbar mit heißer Nadel gestrickte Gesetz zur Abscheidung und Verpressung von Kohlendioxid in unterirdischen Speichern (CCS-Gesetz) in "wilder Hatz" durch das Gesetzgebungsverfahren gejagt werde, obwohl in diesem Fall die zugrundeliegende EU-Richtlinie noch nicht einmal in Kraft getreten war. Baake: "Wir erleben eine Bundesregierung der zwei Geschwindigkeiten." Der Verdacht liege nahe, dass die Große Koalition dort wo die Interessen der alten Kohlelobby und der großen Energiekonzerne berührt seien, die gesetzlichen Möglichkeiten zur Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens bis an die Grenze des Möglichen ausreize. Wo es dagegen um Klimaschutz, Zukunftstechnologien und die Einhaltung mittelfristiger energiepolitischer Ziele gehe, riskiere die Regierung "geradezu nonchalant ein für Deutschland peinliches und für den Steuerzahler teures Vertragsverletzungsverfahren". So sei es offizielles Ziel der Bundesregierung, die Energieproduktivität bis 2020 gegenüber 1990 zu verdoppeln, was für die verbleibende Frist eine jährliche Verbesserung der Energieeffizienz um mindestens drei Prozent erfordere. Ohne wirksame gesetzliche Regelungen sei weder dieses Ziel realistisch noch eine den Klimaschutzzielen der Regierung zugrundeliegende Minderung des Stromverbrauchs um 11 Prozent bis 2020 gegenüber 2005. Baake. "Die große Koalition hat ihren energiepolitischen Gestaltungsanspruch erkennbar aufgegeben. Der federführende Wirtschaftsminister belässt es beim Energiesparen bei freundlichen Appellen an die Einsicht der Bürger. Aber auch der Umweltminister gibt sich nicht eben kämpferisch. So verspiele Deutschland seine klimapolitische Glaubwürdigkeit."

Anfang Januar hatte die EU-Kommission Deutschland in einer begründeten Stellungnahme zur Umsetzung der Effizienzrichtlinie aufgefordert, der erste Schritt zu einem förmlichen Vertragsverletzungsverfahren. Anfang April reagierte die Bundesregierung. In ihrer Entgegnung versprach sie, alles zu tun, um die Richtlinie noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Geschehen ist seither nichts. Mehrfach wurde das Energie-Effizienz-Gesetz (EnEfG) wegen Uneinigkeit zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium von der Tagesordnung genommen. "Schon zum wiederholten Mal setzt sich Deutschland in dieser Legislaturperiode über zwingende Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht hinweg. Die Regierung riskiert in der Wirtschaftskrise leichtfertig millionenschwere Zwangsgeldzahlungen", sagte die Leiterin Europäische Politik der DUH, Dr. Cornelia Ziehm. Das Versagen der großen Koalition sei jedoch nicht nur eine für Deutschland potenziell teure Formalie. Vielmehr gehe es bei der Umsetzung der EU-Richtlinie darum, einen wirksamen Rahmen zu schaffen für Zukunftstechnologien, die geeignet sind, sowohl das Klima als auch die Portemonnaies der Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. "Eine Regierung, die Milliarden für eine an keine Umweltverbesserungen geknüpfte Abwrackprämie für Pkw ausschüttet, aber bei den Effizienztechnologien die Zukunft verschläft, beweist ihre Konzeptlosigkeit in der Krise."


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Quelle:
DUH-Pressemitteilung, 18.05.2009
Deutsche Umwelthilfe e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2009