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POLITIK/477: Förderung der Solarenergie der "Marktentwicklung" angepasst (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 4 vom 28. Januar 2011
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Förderung der Solarenergie der "Marktentwicklung" angepasst
"Grüne" Kapitalisten stimmen zu

Von Hans-Peter Brenner


Der gemeinsame Vorschlag des Bundesministeriums für Umweltschutz und des Bundesverbandes Solarwirtschaft für eine vorgezogene Absenkung der Vergütung für die Stromproduktion aus Photovoltaikanlagen (PV-Anlage) um bis zu 15 Prozent sorgt für eine Verfestigung der Energiegewinnung aus Kernkraft und fossilen Energiequellen.

Wer bislang eine private betriebene PV-Anlage betreibt und den damit gewonnenen Strom ins Netz einspeist, bekommt laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) über 20 Jahre eine Förderung, die derzeit bei 28,74 Cent je Kilowattstunde liegt. Je nach Leistung der Anlage können es ab Juli drei bis 15 Prozent weniger werden. Solarenergie erhält demnach ab Juli nur noch eine Förderung von mindestens 24,43 Cent. Wer erst ab Januar 2011 neu einspeist bekommt eine Förderung von 21,84 Cent. Der Beschluss reiht sich ein in die erfolgreiche Lobby-Arbeit der Energiekonzerne, die mit dem Stopp des Ausstiegs aus der Kernenergie nur den ersten Schritt zur Zementierung der bisherigen klimaschädlichen Energieversorgungsstruktur gemacht hatten, dem jetzt der logische zweite folgt.

Beschlossen wurde eine Senkung der sogenannten "Einspeisevergütung" für aus Solaranlagen produziertem Strom von Ende 2009 bis Anfang 2011 um rund ein Drittel. Außerdem wurde ein sogenannter "atmender Deckel" eingeführt, der die Förderung abhängig vom Ausbauvolumen weiter abbaut ("degressiv" gestaltet). Seine maximale Wirkung soll bis zum 1. Januar 2012 erreicht werden. Der Ausbau der Photovoltaik in Deutschland hatte sich in der BRD in den vergangenen Jahren überraschend dynamisch entwickelt. Auch im Jahr 2010 wurden die Erwartungen deutlich übertroffen. Insgesamt bestehen hierzulande derzeit Solarstromanlagen mit einer Leistung von etwa 17.000 Megawatt. Der Anteil aller erneuerbaren Energien am für die Dauerversorgung entscheidenden Primärenergieverbrauch lag mit 7,4 Prozent bereits relativ nahe am Anteil der Kernenergie (11,6 Prozent) und auch der Braunkohle (11,1 Prozent) - Tendenz steigend. Insgesamt lag der Anteil der erneuerbaren Energien in 2008 am gesamten Bruttostromverbrauch sogar bei 14,3 Prozent (93 Mrd. kwh).

Solarenergie nimmt als Teil der erneuerbaren Energien (aus Wind-, Biomasse-, Erdwärme-, Solarenergie) im derzeitigen "Energiemix" einen zunehmend bedeutsameren Platz ein. Der Anteil der Photovoltaik belief sich auf rund 4 Mrd. kWh. Der Anteil des in 84.000 Anlagen produzierten Solarstroms deckt derzeit 2 Prozent des Verbrauchs ab. Dies entspricht der Leistung eines konventionellen Kraftwerkblocks in etwa eineinhalb Monaten.

Es wäre also nur eine Frage der Zeit, bis die traditionell bedeutsame Rolle der für die Emission von klimaschädlichem CO2 so wichtigen Steinkohle an der Energieproduktion mit 13,1 Prozent eingeholt und dann auch ersetzt werden würde. Gleiches gilt für die Kernenergie. Der erfolgreiche Vormarsch der erneuerbaren Energien und der Photovoltaik verläuft nicht ohne Widerstand der Konkurrenz. Die BRD-Solarenergiewirtschaft gerät außerdem stark unter den Druck der chinesischen Solarenergie-Produzenten. Sie haben mittlerweile den Platz 1 der Weltrangliste erobert.

Statt den für die BRD aus klimapolitischer Sicht ökologisch sinnvollen und erfreulichen Trend weiter auszubauen und in einen - dieses Mal sinnvollen - Wettstreit mit der chinesischen Konkurrenz zu treten, erfolgt die nun mit dem üblen rhetorischen Trick ("Solarenergie ist zu teuer") bemäntelte Blockade. Bundesumweltminister Röttgen beklagte ebenso falsch wie heuchlerisch: "Ein schneller und überhitzter Ausbau der Photovoltaik würde die Kosten erhöhen, die aus der Umlage der EEG-Vergütungen resultieren und zu erheblichen Akzeptanzproblemen führen." Die Förderung müsse "im Interesse der Stromverbraucher kosteneffizient erfolgen und der jeweiligen Marktentwicklung flexibel angepasst" werden. "Damit sorgen wir im Bereich Solarstrom für einen nachhaltigen Ausbau der erneuerbaren Energien und vermeiden teure Fehlentwicklungen."

Er unterschlug dabei, dass die Förderung der Kernenergie ein Vielfaches - berechnet man die Kosten der nicht gelösten Entsorgung ein - kostet. Sein gleichzeitig vorgetragenes Lob, dass die steigenden Anteile der Solarenergie an der Energieversorgung "das große Potential der erneuerbaren Energien insgesamt" bewiesen hätten, wirkt in diesem Zusammenhang zynisch und absurd.

Die "Marktanpassung" erfolgt im offiziellen Einvernehmen mit dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW), dessen Präsident Günther Cramer gemeinsam mit Röttgen den "Konsens" verkündigte: Röttgen lobte deshalb das "hohe Verantwortungsbewusstsein" der Solarenergiewirtschaft. Ihre Zustimmung sei "Ausdruck ökonomischer Vernunft. Ein überhitzter Markt führt zu stark schwankenden Preisen und schadet damit letztlich auch der Wettbewerbsposition der deutschen Solarunternehmen."

BSW-Chef Cramer erklärte wider besseres Wissen: "Wir begrüßen das eindeutige politische Bekenntnis zum Ausbau der Photovoltaik, zum Fertigungsstandort Deutschland und zu den durch die Photovoltaik-Technologie inzwischen geschaffenen über 130.000 Arbeitsplätzen." Zielsetzung der Branche beim weiteren Ausbau der Photovoltaik bleibe es, den Anteil der Solarenergie am deutschen Strom-Mix von derzeit rund zwei Prozent bis 2020 auf mindestens zehn Prozent auszubauen und zugleich die Kosten in diesem Zeitraum mindestens zu halbieren.

Unter dem Strich bleibt folgendes Resultat: Die Interessen der traditionellen, noch immer auf die besonders profitablen fossilen Energieträger und auf Kernenergie setzenden Energiemonopole wiegen mehr als die Angebote der Produzenten klimafreundlicherer Energien. Letztere scheuen entweder die Auseinandersetzungen mit der Konkurrenz oder sind selbst in die Strukturen der Großkonzerne der Elektroindustrie eingebunden. Die "grünen" Energie-Kapitalisten legen sich auf jeden Fall nicht mit ihren "großen Brüdern" an.


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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 42. Jahrgang, Nr. 4 vom 28. Januar
2011, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2011