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ARTENRAUB/019: Endstation Suppentopf für Haie - Kein besserer Schutz durch CITES (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2010


Endstation Suppentopf für Haie
Kein besserer Schutz durch CITES

Von Claudia Praxmayer


Von der Grönlandsee im Norden bis zum Polarkreis im Süden werfen Fischfangflotten ihre Netze aus. Laut FAO (Welternährungsorganisation) gelten heute mehr als die Hälfte aller Fischereigründe als überfischt. Ein Viertel wurde so massiv ausgebeutet, dass die Bestände beinahe vernichtet sind.

Längst sind nicht mehr nur Kabeljau und Dorsch in manchen Regionen Mangelware, auch viele Haiarten sind mittlerweile vom Aussterben bedroht. Nicht nur klassische Speisefi-sche landen heute an Deck der Fischkutter, auch Haie sind mittlerweile ein äußerst lukratives Geschäft. Sie werden gezielt befischt oder sind willkommener Beifang auf den Booten. Geschätzte 100 Millionen Haie werden weltweit jährlich gefangen - vielen Arten droht durch diese Überfischung das Aus. Dazu zählen auch Dorn- und Heringshai, die bei uns heimisch sind. Ihr hochwertiges Fleisch ist vor allem bei europäischen Verbrauchern sehr beliebt. Deutsche essen kein Haifischfleisch? Fehlanzeige. Die beliebte Schillerlocke ist nichts anderes als der geräucherte Bauchlappen eines Dornhais. Und unter der knusprigen Panade von Fish & Chips steckt sich nicht selten Hai. Die große Nachfrage in Europa treibt den kommerziellen Haifang an.


Haifischflossensuppe als Statussymbol

Ihren Verwandten in den Weltmeeren ergeht es nicht besser. Zwar gilt das Fleisch von beispielsweise Hammerhaien als verhältnismäßig wertlos, dafür sind ihre Finnen Gold wert. Sie sind groß und verfügen über eine hohe Dichte an langen Kollagenfasern. Genau diese physiologische Besonderheit macht sie zu einer äußerst kostspieligen Delikatesse. Einmal im Suppentopf gelandet und verkocht sehen diese Fasern aus wie Spagetti - je dicker und länger umso besser und auch umso teurer. Bei Auktionen auf dem Hong Kong Fish Market geht ein Kilo Hammerhai-Flossen im Schnitt für über 100 US-Dollar über die Theke. Wer im Restaurant Haifischflossensuppe löffeln will, muss für eine Schale je nach Land zwischen 70 und 100 US-Dollar hinblättern. Millionen Haie - nicht nur Hammerhaie - müssen jährlich sterben, damit Gastgeber in Südostasien ihren Gästen das prestigeträchtige Gericht servieren können. Experten schätzen, dass in manchen Regionen wie dem Nordwestatlantik die Bestände von z.B. Bogenstirn-Hammerhaien, innerhalb von 15 Jahren um 89 Prozent zurückgegangen sind.


Die Flossen werden bei lebendigem Leib abgetrennt

Auch die Bestände der Weißspitzen-Hochseehaie nehmen stark ab. Diesen großen Raubfischen geht es ebenfalls wegen ihrer Flossen an den Kragen. Oft landet der Weißspitzen-Hochseehai, auch Longimanus genannt, als Beifang auf dem Deck von Thunfisch- und Schwertfischfängerbooten. Die meisten Tiere leben noch, wenn sie an einer der Langleinen hängen. Ließe man sie wieder vom Haken, würden sie das vermutlich überleben. Allerdings passiert das nur sehr selten, da der finanzielle Anreiz groß ist: Ein Kilo Longimanus-Flossen bringt im Handel zwischen 45 und 85 US-Dollar. Wie bei vielen anderen Haiarten interessiert das Fleisch wenig. Deshalb werden den Haien nur die kostbaren Flossen abgeschnitten und die verstümmelten, noch lebenden Tiere einfach im Meer entsorgt, wo sie dann qualvoll verenden. Diese grausame Praktik wird "Finning" genannt und ist weltweit verbreitet.


Kein besserer Schutz für Haie

Im März 2010 fand in Doha, Katar, die 15. Vertragsstaatenkonferenz zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen statt. CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) ist eigentlich ein Handelsabkommen, aber auch das einzige rechtliche Instrument im internationalen Artenschutz. Das Abkommen soll bedrohte Arten vor dem Aussterben durch den internationalen Handel schützen. Dieses Jahr standen unter anderem auch acht Haiarten auf der Konferenz-Agenda - unter ihnen Dorn- und Heringshai, mehrere Hammerhaiarten und der Weißspitzen-Hochseehai. Die Antragsteller USA, Palau und die EU wollten für diese bedrohten Haiarten eine Anhang-II Listung erwirken. Durch eine solche Listung wären die so dringend notwendigen Kontrollen für den internationalen Handel verankert worden.


Japan lässt Muskeln spielen

Zwei Wochen lang haben 1.500 Delegierte aus 175 Staaten in dem Wüstenstaat über Schutzanträge von Eisbär, Blauflossenthunfisch, Haie & Co diskutiert, verhandelt und gestritten. Damit eine Art bei CITES unter Schutz gestellt werden kann, ist eine Zweidrittelmehrheit der Vertragsstaaten notwendig -eine hohe Hürde, bei der jede Stimme zählt. Deshalb waren auch viele NGOs wie z.B. der NABU vor Ort und haben in Gesprächen und Präsentationen versucht, Regierungsdelegationen von der Notwendigkeit besserer Schutzmaßnahmen zu überzeugen. In Sache Haie und Blauflossenthunfisch war das Engagement vergebens. Keine der acht Haiarten hat in Doha den rettenden Sprung auf Anhang II geschafft, obwohl ihre Bestände mitunter stark dezimiert sind. Sah es zumindest in der Anfangsphase der Konferenz für den Heringshai noch ganz gut aus, war die Enttäuschung am Ende groß: Am vorletzten Tag fiel im Plenum auch noch der kleine Cousin des Weißen Hais durch. Der Schock bei den NGOs und einigen Regierungsdelegationen war groß. Bedeutete das Resultat doch, dass auf Betreiben von Japan und einigen anderen Ländern keine einzige Haiart und übrigens auch nicht der atlantischen Blauflossenthunfisch den dringend notwendigen Schutzstatus erhielten. Die gängigen Argumente vieler Fischereinationen waren: "Nicht Aufgabe von CITES", "Implementierung der Maßnahmen unmöglich", "fällt in die Zuständigkeit regionaler Fischereiorganisationen". So, wie die Debatten gelaufen sind, lässt das nichts Gutes für die Zukunft hoffen. Japan und seine Verbündeten werden auch künftig weiter blockieren.

Trotz des enttäuschenden Ergebnisses im März dürfen NGOs und verantwortungsbewusste Nationen nicht aufhören, sich um den Schutz der Meere und ihrer Bewohner zu bemühen. Die nächste Gelegenheit steht unmittelbar vor der Türe: Im Oktober 2010 findet in Nagoya, Japan, die Konferenz zur Biodiversitäts-Konvention statt.

Die Autorin ist Biologin und Autorin ist Mitglied der NABU Bundesarbeitsgemeinschaft Internationaler Artenschutz.


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V. Diese Publikation wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) offiziell gefördert. Der Inhalt gibt nicht unbedingt die Meinung des BMZ wieder.

Der Rundbrief des Forums Umwelt & Entwicklung, erscheint vierteljährlich, zu beziehen gegen eine Spende für das Forum.


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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2010, s. 14
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2010