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ARTENRAUB/130: Mongolei - Khulan-Wildesel droht Gefahr von allen Seiten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. Oktober 2013

Mongolei: Khulan-Wildesel droht Gefahr von allen Seiten

von Michelle Tolson


Bild: Harlequeen/© CC BY 2

Der Mongolische Wildesel ist vom Aussterben bedroht
Bild: Harlequeen/© CC BY 2

Südliche Gobi-Region, Mongolei, 29. Oktober (IPS) - Mongolischen und internationalen Umweltschützern ist es dank gemeinsamer Anstrengungen gelungen, das Przewalski-Pferd, auch Tahki oder Asiatisches Wildpferd genannt, vor dem Aussterben zu bewahren. Inzwischen sind ganze Herden in der mongolischen Steppe und der Halbwüste Gobi unterwegs. Während sich ihre Bestände erholen, geht es mit einem anderen wildlebenden Huftier bergab: dem Mongolischen Wildesel oder Khulan.

Bereits seit fünf Jahren werden die Khulan auf der roten Liste der Weltnaturschutzunion ICUN als eine vom Aussterben bedrohte Art geführt. "Im Vergleich zum viel geschätzten Tahki erfährt der Khulan (Equus hemionus hemionus) viel weniger Aufmerksamkeit", bedauert die französische Verhaltensforscherin Anne-Camille Souris, die seit 2003 an verschiedenen Projekten mit Wildpferden wie der Internationalen Tahki-Gruppe mitgewirkt hat.

"Es wird geforscht, aber kaum gehandelt", kritisiert sie im IPS-Gespräch. Weltweit gebe es 2.000 Tahki und 14.000 Khulan. Doch während die Zahl der Wildpferde ständig steigt, nimmt die Zahl der Wildesel kontinuierlich ab.

Souris ist Gründungsmitglied der 2007 ins Leben gerufenen Non-Profit-Organisation 'Goviin Khulan'. "Wir arbeiten mit lokalen Wissenschaftlern, Spezialisten, Behördenvertretern, Rangern, Beamten, Schulen, buddhistischen Mönchen und der Lokalbevölkerung in den Landesteilen zusammen, in denen wir unsere Untersuchungen durchführen", erläutert sie.

Die Organisation konzentriert sich in erster Linie auf die Südliche Gobi-Region (SGR). Hier sind die meisten Khulan anzutreffen. Kleinere Bestände sind noch in der Dschungarischen und in der Transaltai-Gobi im Südwesten zu finden, die aber vom SGR-Bestand abgeschnitten sind.

Die meisten Bergbauaktivitäten im Land finden in der mineralienreichen SGR statt. Zwar hat die Regierung in den Provinzen Dornogovi im Südwesten und Omnigobi im Südosten Schutzgebiete eingerichtet, doch ist der Bewegungsradius der Khulan erheblich eingeschränkt. Bedroht wird die Art nicht zuletzt durch die Konkurrenz der domestizierten Nutztiere bei der Futter- und Wassersuche.


Problem Klimawandel

Der Klimawandel hat den mongolischen Ökosystemen in den vergangenen 20 Jahren seinen Stempel aufgedrückt. Wie aus dem Sachstandsbericht über die Folgen des Klimawandels für die Mongolei von 2009 hervorgeht, hat das Land 19 Prozent seines Oberflächenwassers, sieben Prozent seiner Steppe und 26 Prozent seiner Wälder verloren. Die Landverödung hat ihren Radius von 52.000 auf 149.000 Quadratkilometer verdreifacht.

Von den 1.800 angelegten Brunnen in der Provinz Dornogovi sind 1.000 ausgetrocknet. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass die Hirten die Khulan als unliebsame Konkurrenz bei der Wasser- und Futtersuche betrachten und sich auch schon mal an der Wilderei beteiligen.

Einer lokalen Untersuchung zufolge ist die Wilderei eine direkte Folge der freien Marktwirtschaft. Belief sich die Zahl der Wilderer zu Sowjetzeiten auf 25.000, waren es 2008 bereits 245.000. Sie handeln mit dem Eselsfleisch.

Bild: © Mit der freundlichen Genehmigung von Goviin Khulan

Ein ausgeweidetes Khulan
Bild: © Mit der freundlichen Genehmigung von Goviin Khulan

Doch Souris weist darauf hin, dass die Khulan geschickte Wassersucher seien und somit den Hirten und ihrem Vieh von Nutzen sein könnten. Fotos der Organisation Goviin Khulan zeigen die Nutztiere an Wasserstellen, die die Wildesel gegraben haben.

Die Viehbestände in der Region sind seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1990 von 762.000 auf derzeit mehr als fünf Millionen Stück gestiegen. Gobi ist das Zentrum der mongolischen Kaschmirwollindustrie. Um die Verluste wettzumachen, die sie durch die subventionierte chinesische Konkurrenz erlitten hatten, haben die mongolischen Hirten die Zahl ihrer Ziegen erhöht.

Aus einem Bericht der Weltbank geht hervor, dass die Ziegen ihren Teil zu dem alarmierenden Niedergang der Khulan-Bestände von 40.000 in den 1990er Jahren auf 14.000 2009 geleistet haben. Jüngste Zahlen belegen, dass diese jährlich um zehn Prozent schrumpfen.


Lebensraum eingeengt

Ein weiterer Bericht des UN-Umweltprogramms (UNEP), des Übereinkommens über wandernde wildlebende Tierarten (CMS) und des WWF-Büros in der Mongolei zeigt auf, wie der Nord-Süd-Schienenverkehr von der russischen Grenze bis nach China die Wüste zerschnitten und dadurch den Lebensraum der Khulan zerstückelt hat.

Die Herden im östlichen Teil verschwanden gleich nach der Verlegung der Schienen. Auch die acht großen Minen in der Region, die Kohle produzieren und transportieren, hatten daran einen Anteil. Über eine Straße in Richtung Grenze donnern täglich 500 Lastwagen.

Der Bericht schloss mit der Empfehlung, Unterführungen zu bauen, die den Khulan den sicheren Wechsel von dem einen in den anderen Teil der Wüste ermöglichen. Die Betreiber der Oyu-Tolgoi-Kupfermine, einem der größten Bergbauprojekte des Landes, wollen einige solcher Unterführungen bauen.

Der Wasserberater des Unternehmens, Mark Newby, räumt ein, dass die Auswirkungen der Kupferproduktion und -transporte auf die Khulan beträchtlich seien. Das Kupferkonzentrat wird in Konvois aus 16 Lastern täglich zur Grenze transportiert - fast 50 Laster an der Zahl. Geplant ist, künftig sechs Konvois pro Tag loszuschicken.

Oyu Tolgoi hat von Mai bis Juli die Bewegungen der Khulan aus der Luft her verfolgt. Damit wurde ein Vorschlag von Akademikern, Wissenschaftlern und internationalen Experten aus dem Jahre 2008 in die Tat umgesetzt, wie Dennis Hosack, Beauftragter für Artenvielfalt des anglo-australischen Bergbauriesen 'Rio Tinto' erläutert.


Religion und Naturschutz

Souris hofft, dass sich auch die vorwiegend staatliche Tavan-Tolgoi-Kohlemine am Khulan-Schutzprogramm beteiligen wird. In dem Bemühen, mehr Menschen für die Probleme der Khulan zu sensibilisieren ist Goviin Khulan bereits 2008 eine Partnerschaft mit den Mönchen von Ulgii Hiid in der Provinz Dornogovi eingegangen.

Auch besteht eine Zusammenarbeit mit den Mönchen von Khamariin Khiid in der Nähe von Sainshand, der Hauptstadt von Dornogovi, sowie dem 'Tributary Fund', der sich für den Schutz wildlebender Arten in den Gemeinden durch eine Verquickung von kulturellen Traditionen, Religionen und wissenschaftlichen Erkenntnissen einsetzt. Auch die 'Alliance of Religions and Conservation', die buddhistischen Prinzipien verhaftet ist, macht beim Schutz der Asiatischen Wildesel mit.

Wie Souris weiter berichtet, kommt es einmal im Jahr - am 18. September - zu einem Gemeinschaftsprojekt mit mongolischen Künstlern. Das Event soll eine Brücke zwischen der mongolischen Kultur und dem Naturschutz schlagen. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.goviinkhulan.com/
http://www.unep.org/pdf/MARCC2009_BOOK.pdf
http://southgobi2013.countingstuff.org/census-zone/
http://www-wds.worldbank.org/external/default/WDSContentServer/WDSP/IB/2011/02/18/000333038_20110218042613/Rendered/PDF/597020WP0P10881ttentionWildAss1Eng1.pdf
http://links.services.disqus.com/api/click?format=go&key=cfdfcf52dffd0a702a61bad27507376d&loc=http%3A%2F%2Fwww.ipsnews.net%2F2013%2F10%2Fmongolias-wild-asses-cornered-from-all-sides%2F&subId=1304120&v=1&libid=8a0e3231-1200-481a-8153-c524e625d5fe&out=http%3A%2F%2Fsouthgobi2013.countingstuff.org%2Fcensus-zone%2F&ref=http%3A%2F%2Fwww.ipsnews.net%2Fnews%2Fregional-categories%2Fasia-pacific%2F&title=IPS%20%E2%80%93%20Mongolia%E2%80%99s%20Wild%20Asses%20Cornered%20From%20All%20Sides%20%7C%20Inter%20Press%20Service&txt=a%20blog%20on%20the%20subject&jsonp=vglnk_jsonp_13827096421719
http://www.ipsnews.net/2013/10/mongolias-wild-asses-cornered-from-all-sides/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 29. Oktober 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Oktober 2013