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ARTENSCHUTZ/102: Internationales Tier des Jahres 2012 - Die Fledermaus (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 171 - Dezember 2012/Januar 2013
Die Berliner Umweltzeitung

Internationales Tier des Jahres 2012
Fledermaus vom VdHK gekürt

von Christoph Vinz



Bereits 2011 hatte der Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher e.V. (VdHK) auf die Gefährdung eines fliegenden Säugetiers, des Großen Mausohrs, hingewiesen und diese Fledermausart zum Höhlentier des Jahres ausgerufen.
In diesem Jahr haben nun die Naturfreunde generell die Fledermaus (Microchiroptera) zum internationalen Tier des Jahres erkoren. Neben der jährlichen Europäischen Fledermausnacht soll auch mit dieser Aktion auf die Bedrohung einer besonderen Tierart hingewiesen werden.

Während die alten Maya vor zweitausend Jahren schon eine Fledermausgottheit kannten, die Chinesen das Tier bis heute als Symbol von Glück und Gewinn betrachten, ist in Europa der Ruf der flinken Flatterer seit langen Zeiten negativ besetzt. Viele kennen zudem aus der bildenden Kunst Darstellungen dämonischer Wesen mit Fledermaus-Flügeln oder erinnern sich an gruselige Filmszenen aus dem Reich blutsaugender Vampire.

Fliegendes Faszinosum

In der Ordnung der Fledertiere (Chiroptera) finden sich zwei Unterordnungen: Flughunde und Fledermäuse. Als kleinste Art gilt die südostasiatische Hummelfledermaus (Schweinsnasenfledermaus), die mit einer Kopf-Rumpf-Länge von zwei Zentimetern zugleich kleinstes Säugetier der Welt sein soll. Ihr "großer Bruder" ist der seltene Goldkronen-Flughund, der immerhin die imposante Flügelspannweite von 1,5 Metern erreichen kann.

Weltweit sind über 900 Fledermaus-Arten bekannt. Sie sind neben den Vögeln die einzigen Wirbeltiere, die aktiv fliegen können. Über 50 Prozent der Fledertiere stehen leider bereits auf der Liste gefährdeter Arten. Außer in der Arktis und anderen polaren Regionen ist die Fledermaus auf allen Kontinenten anzutreffen. Allein in Europa sollen etwa vierzig Arten vorkommen.

Diese benötigen Sommer- und Winterquartiere. Die nachtaktiven Tiere ziehen sich zum Schlafen in Höhlen, Felsspalten oder auch Baumhöhlen zurück. Ihren Winterschlaf halten Fledermäuse gern an Orten, die ihnen gleichbleibende Temperatur, Ungestörtheit und Sicherheit vor Feinden bieten. Bekannte Rückzugsorte in Deutschland sind unter anderem die Kalkberghöhle in Bad Segeberg oder in Berlin die Zitadelle Spandau.

Jäger mit Echolot

Betrachtet man dies hochinteressante Tier näher, zeigt sich ein gedrungener Körper mit kurzem Hals und länglichem Kopf. Die vorderen Gliedmaßen verfügen über extrem verlängerte "Finger", zwischen denen sich die Flughaut spannt. Der "Daumen" ist eine Kralle, die sich zum Klettern und Aufhängen (mit dem Kopf nach unten) eignet. Das kleine Säugetier umfliegt geschickt Hindernisse und erbeutet erfolgreich Insekten während des Fluges. Erst 1930 konnte das Geheimnis der Echopeilung gelüftet werden. Während des abendlichen oder nächtlichen Fluges stößt der kleine Flieger in schneller Folge sehr hohe Schreie im Ultraschall-Bereich aus, deren Echo ihm zur punktgenauen Orientierung dient. Naturfreunde versuchen schon seit längerer Zeit, den Gefährdungspotentialen dieser faszinierenden Tierart mit Schutzmaßnahmen zu begegnen. Neben dem Anbringen von speziellen, langgezogenen Nistkästen zählen hierzu besonders die Bereitstellung geeigneter Quartiere, wie die Sicherung von Höhlen, stillgelegten Bunkern oder Bergwerksstollen.

Leider haben Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden häufig einen unerwünschten Nebeneffekt, indem sie Lebensräume der schnellen Flieger Internationales Tier des Jahres 2012 Fledermaus vom VdHK gekürt versperren. Ebenso kann das Abräumen von Totholzbeständen oder die Vernichtung von Insekten-Lebensräumen der Fledermaus wichtige Lebensgrundlagen entziehen. Auch Windkraftanlagen sind in Verdacht geraten (sogenannte "Schlagopfer"), wobei aufgrund zu geringer Erkenntnisse noch Forschungsbedarf besteht.

Ob Großer Abendsegler, Bechsteinfledermaus oder Kleine Hufeisennase - alle Geschöpfe sind überaus faszinierend in ihrer Lebensweise, ein wichtiger und nützlicher Bestandteil unserer Natur, und sie verdienen daher noch mehr Aufmerksamkeit.

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Quelle:
DER RABE RALF - 23. Jahrgang, Nr. 171 - Dezember 2012/Januar 2013, S. 21
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: jährlich, 20 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Dezember 2012