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ARTENSCHUTZ/244: Gepanzerte Schönheit in Gefahr (idw)


Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen - 06.10.2017

Gepanzerte Schönheit in Gefahr

Neu entdeckte kolumbianische Schildkröte benötigt Schutz


Dresden, den 06.10.2017. Senckenberg-Wissenschaftler haben gemeinsam mit kolumbianischen Kollegen eine neue Schildkröten-Art in Kolumbien entdeckt. Die neue Spezies gehört zur Gattung der auffällig gefärbten Schmuckschildkröten und ist erstaunlicherweise mit Arten verwandt, die in mehreren Tausend Kilometer Entfernung vorkommen. In ihrer heute im Fachjournal "Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research" erschienenen Arbeit plädieren die Wissenschaftler für ein umfassendes Schutzkonzept für die neue Art, da sie besonders durch die Zerstörung ihres Lebensraumes und die Nutzung als Fastenspeise bedroht ist.


Kopf der Schildkröte von der Seite - Foto: © Carlos del Valle

Neu entdeckt und schon bedroht: Trachemys medemi.
Foto: © Carlos del Valle

"Schmuckschildkröten sind eine artenreiche Gattung, die besonders durch die Rotwangen-Schmuckschildkröte bekannt ist. Sie wurde durch den Tierhandel bzw. ausgesetzte Tiere beinahe weltweit verbreitet und stellt heute in vielen Ländern ein Problem dar. Neben der ursprünglich in Nordamerika beheimateten 'Rotwange' gibt es jedoch noch viele weitere Arten, besonders in Lateinamerika, die teilweise nur schlecht bekannt sind", erläutert Prof. Dr. Uwe Fritz, Direktor der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden und fährt fort: "Gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern von der Universidad Nacional de Colombia und der Universidad de Antioquia, Kolumbien, haben wir Schmuckschildkröten aus diesem Land genetisch und morphologisch untersucht und festgestellt, dass die Tiere in einem Fluss nahe der Grenze zu Panama genetisch völlig isoliert sind. Sie sind nicht mit den benachbarten Schmuckschildkröten-Arten verwandt, sondern mit Schmuckschildkröten aus Brasilien, die durch den Amazonas getrennt in mindestens 3700 km Entfernung leben".


Foto: © Carlos del Valle

Die neue Schmuckschildkröte ist auch von unten hübsch anzusehen.
Foto: © Carlos del Valle

Die neue kolumbianische Schmuckschildkröte aus dem Río Atrato erreicht etwa 22 Zentimeter Panzerlänge und ist besonders farbenprächtig, mit gelben und roten Weichteilstreifen und einer oft intensiv roten Färbung der Panzerunterseite. Sie wurde wissenschaftlich zu Ehren von Federico Medem, einem verstorbenen deutschstämmigen kolumbianischen Wissenschaftler als Trachemys medemi benannt, da er bereits in den 1950er Jahren auf Besonderheiten der Atrato-Schmuckschildkröten hingewiesen hatte.

"Obwohl das kleine Verbreitungsgebiet der Schmuckschildkröten zum Teil in Schutzgebieten liegt, ist Trachemys medemi stark bedroht. In Kolumbien werden in der Fastenzeit vor Ostern unvorstellbare Mengen von Schmuckschildkröten gefangen, da sie als "Fisch" gegessen werden dürfen. Genau diese Unsitte brachte in Europa in vergangenen Jahrhunderten die einheimische Sumpfschildkröte an den Rand der Ausrottung und auch in Kolumbien ist ähnliches zu befürchten. Zudem verkleinern Waldrodungen den natürlichen Lebensraum der Tiere", erklärt Prof. Dr. Mario Vargas-Ramírez, Wissenschaftler der Universidad Nacional und Erstautor der Studie. Der Wissenschaftler schlägt daher vor die neu entdeckte Art als "gefährdet" in die internationale Rote Liste bedrohter Tier- und Pflanzenarten aufzunehmen.

Publikation
Vargas-Ramírez M, del Valle C, Ceballos CP, Fritz U. Trachemys medemi n. sp. from northwestern Colombia turns the biogeography of South American slider turtles upside down. J Zool Syst Evol Res. 2017;55:326-339.
https://doi.org/10.1111/jzs.12179

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news682354
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution639

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, Judith Jördens, 06.10.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2017

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