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ENERGIE/029: Bangladesch - Licht in jeden Winkel, Solarstrom erobert die Dörfer (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Dezember 2011

Bangladesch: Licht in jeden Winkel - Solarstrom erobert die Dörfer

von Naimud Haq

Nizamuddin Sheikh vor seinem Esslokal - Bild: © Naimul Haq/IPS

Nizamuddin Sheikh vor seinem Esslokal
Bild: © Naimul Haq/IPS

Dhaka, 30. Dezember (IPS) - Im ländlichen Bangladesch ist die Solarenergie auf dem Vormarsch. Von den meist kleinen Heimanlagen profitieren bereits Millionen von Menschen, die fernab der großen Städte im Dunkeln saßen.

Nizamuddin Sheikh betreibt auf dem Foilerhat-Markt in Bagerhat im Südwesten Bangladeschs ein kleines Esslokal. Dass er 1.900 Taka - umgerechnet 24 US-Dollar - für ein Set aus Solarpanelen, Regler, Energiesparlampen und LED-Birnen ausgeben musste, hat ihn nie gereut. Ganz im Gegenteil. Er spricht von der besten Investition, die er je getätigt hat.

Bevor er die 20-Watt-Anlage bei 'Grameen Shakthi' (GS), einem Schwesterunternehmen der Grameen-Bank, gekauft hatte, konnte er seine Gaststube nur tagsüber öffnen. Doch inzwischen steht es ihm frei, seine Gäste bis in die Nacht hinein zu bewirten. "Mein Einkommen hat sich verdoppelt", sagt der 52-Jährige, der sein 'Home Solar System' (SHS) in 36 Raten abzahlt.

"Wir brauchen die SHS nur einmal vorzuführen, und schon sind die Menschen überzeugt", berichtet Habibur Rahman, der regionale GS-Vertriebsmanager in Bagerhat. "Und natürlich sind unsere monatlichen Rückzahlungsraten, die wir unseren Kunden anbieten, erschwinglich."


Strom für alle

In der Regel entscheiden sich die Armen für eine 124-Dollar-Anlage, die zehn Watt Strom für den dreistündigen Betrieb einer Fünf-Watt-CFL-Energiesparlampe generiert. Besser gestellte Familien leisten sich stärkere Systeme. Sie sind mit einer Anzahlung von 35 Dollar dabei und können den Rest über Zwölfmonatsraten abzahlen. Die teuerste Anlage kostet 925 Dollar und produziert 135 Watt Strom.

Der geschäftsführende Direktor von GS, Abser Kamal, erklärt die immense Nachfrage nach Solarenergie mit deren niedrigen Kosten. Diese Form der Energie sei preiswerter als Kerosin und Diesel, sagt er. Außerdem fallen keine Instandsetzungskosten an.

"In den Dörfern sorgt Solarstrom dafür, dass Schüler länger lernen und Geschäfte länger aufmachen können", berichtet Kamal. Nun haben die Menschen zudem die Möglichkeit, ihre Mobiltelefone aufzuladen. Ohne Solarstrom müssten viele Dorfbewohner Jahre warten, bis sie ans nationale Stromnetz angeschlossen wären. Die Sonnenenergie verändert ihr Leben. Bisher hängen gerade einmal 41 Prozent aller 142 Millionen Bangladescher am öffentlichen Netz.

Was die Förderung erneuerbarer Energien angeht, ist GS ein Pionier. Seitdem es 1996 mit seiner Arbeit begann, hat es den Kauf und die Inbetriebnahme von 700.000 der landesweit installierten 1,1 Millionen SHS finanziert. Das Projekt war gleich zu Anfang so erfolgreich, dass der Privatsektor in nur fünf Jahren 50.000 Einheiten verkaufen konnte. Ein Ziel, dass man sich erst 2008, zwei Jahre später, gesetzt hatte.

Bangladeschs 81 Elektrizitätswerke erzeugen derzeit 6.700 Megawatt Strom, der zu 95 Prozent aus fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl, Gas und Diesel hergestellt wird. Wasserkraftwerke generieren weitere 3,3 Prozent.


Anreize und Direktiven

Dem bangladeschischen Energieminister Muhammad Enamul Huq zufolge ist man fest entschlossen, Solarenergie in alle Winkel des Landes zu bringen. Im letzten Jahr gab die Regierung die Direktive heraus, dass alle neu gebauten privaten und kommerziellen Gebäude Solarzellen auf ihren Dächern haben müssen.

Die ungemeine Nachfrage nach den SHS wird die Kosten für die Anlagen senken. Unternehmen, die in die Produktion von Solaranlagen investieren, sollen über einen Zeitraum von 15 Jahren keine Steuern zahlen müssen. Ausländische Investoren dürfen unter anderem auf eine dreijährige Einkommensteuerbefreiung hoffen.

"Heute tragen wir dazu bei, dass sich mit Hilfe der Solarenergie jeden Tag das Leben von 7.000 Menschen zum Positiven verändert", so Islam Sharif, Leiter der staatlichen 'Infrastructure Development Company Limited' (IDCOL), die in Zusammenarbeit mit GS, aber auch mit anderen Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen, 90 Prozent der 1,1 Millionen SHS finanziert hat. "Über unsere 29 Partner können wir jedes Jahr 24 Megawatt Strom zusätzlich produzieren."

Wie M. A. Gofran, ein Experte für erneuerbare Energien, erklärt, sollen alle Dörfer in zehn Jahren über grünen Strom verfügen. Dann feiert das Land seine 50-jährige Unabhängigkeit. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Januar 2012