Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

ENERGIE/076: Indien - Solarenergie entsteht über dem Wasser (DGVN)


DGVN Webseite - Den Klimawandel bekämpfen
ergiefragen & Treibhausgase - 16.01.2015

Indien: Solarenergie entsteht über dem Wasser

von Frank Kürschner-Pelkmann [1]



"Indien ist in einer einzigartigen Position, eine führende Rolle bei Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Bekämpfung des Klimawandels zu übernehmen." Dies betonte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon am 11. Januar 2015 in einer Ansprache [2] vor einem Wirtschaftsforum im indischen Bundesstaat Gujarat.

Ban Ki-moon betonte gleichzeitig: "Indien sollte ein ambitioniertes Ziel zur Reduzierung der CO2-Emissionen bekannt geben." Hintergrund ist, dass Indien im Gegensatz zu anderen Industrie- und Schwellenländern noch nicht angekündigt hat, welchen Beitrag das Land in den kommenden Jahren zur Reduzierung der klimaschädlichen Emissionen leisten will. Vor allem, nachdem neben der EU nun auch die USA und China ihre Reduzierungspläne bekannt gegeben haben, steht Indien unter Druck, eigene Pläne zu veröffentlichen.

Indien hat bereits deutlich gemacht, dass der Klimaschutz nicht zulasten der Armutsbekämpfung gehen darf. Dies griff der UN-Generalsekretär auf, als er in Gujarat erklärte: "2015 ist ein historisches und äußerst wichtiges Jahr für die Menschheit, weil es die Zeit einleiten kann, in der durch eine nachhaltige Entwicklung die Armut überwunden und die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abgewendet werden." In diesem Jahr sollen die neuen nachhaltigen Entwicklungsziele vereinbart und bei der UN-Klimakonferenz in Paris ein internationales Klimaabkommen unterzeichnet werden.

Die Paneele des "Canal Top Solar Power Plant" wurden über einem Kanal im indischen Bundesstaat Gujarat installiert.

Solarstrom entsteht über Kanälen

Der UN-Generalsekretär weihte in Gujarat das gegenwärtig innovativste indische Solarprojekt ein. Das "Canal Top Solar Power Plant" ist die weltweit erste größere Solaranlage, die über einem Kanal installiert wurde. Nachdem eine kleine Pilotanlage die Funktionsfähigkeit des Projektes bewiesen hatte, wurde im letzten Jahr der Solarpark über dem Wasser errichtet. Die fast 35.000 Solarpanele bedecken den Kanal auf einer Länge von 3,6 Kilometern. Angesichts der dichten Besiedlung in Gujarat und anderen Teilen Indiens ist dies eine Modell dafür, wie die Umwandlung landwirtschaftlich genutzten Flächen in Solarparks vermieden werden kann.

Ein Nebeneffekt ist, dass die Verdunstung abnimmt, weil die Wasserfläche unter den Anlagen nun vor der direkten Sonneneinstrahlung geschützt wird. Im Bundesstaat Gujarat sind im Einzugsgebiet des Namada-Flusses Kanäle mit einer Länge von 19.000 Kilometern entstanden, um die Versorgung von Landwirtschaft und Haushalten mit Wasser zu verbessern. Das oberirdische System verliert aber durch Verdunstung einen beträchtlichen Teil des transportierten Wassers. Solaranlagen über einzelnen Kanälen können dieses Problem zumindest etwas vermindern.

Die gewonnene Elektrizität des Solarparks von zehn Megawatt wird vor allem dafür genutzt, Pumpen für die Bewässerung von Feldern zu betreiben. Überschüssige Energie wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist.

Die erste größere Anlage dieser Art ließ sich so problemlos installieren, dass die Regierung des Bundesstaates Gujarat weitere Solaranlagen über Kanälen plant. Auch in anderen Bundesstaaten sind solche Projekte in Arbeit. Als der UN-Generalsekretär die erste Anlage eröffnete, erklärte er in einer Ansprache [3], er habe "mehr gesehen als glitzernde Paneele - ich sah die Zukunft Indiens und die Zukunft unserer Welt".

In Vadodara befindet sich die neue Solarpaneele. Es ist die drittgrößte Stadt im Bundesstaat Gujarat.

Regierung will Rolle der Solarenergie stärken

Der gegenwärtige Solarstromboom in Indien kommt nicht "aus heiterem Himmel". Ein nationaler Schock im Juli 2012 hat ein Umdenken in Energiefragen bewirkt. Zwar war es schon vorher häufig zu Stromausfällen in Indien gekommen, aber dass auf einen Schlag der größte Teil des Stromnetzes des Landes ausfiel, zwang die Politik zum Handeln.

Bisher tragen Kohlekraftwerke etwa 60 Prozent zur indischen Elektrizitätserzeugung bei, und die oft betagten Anlagen stoßen große Mengen CO2 aus. Zudem erhöhen sie die Schadstoffbelastung vor allem in städtischen Regionen so stark, dass indische Großstädte mit ähnlichen Belastungen konfrontiert sind wie chinesische Metropolen.

Die chronischen Stromausfälle, die die gesamte indische Wirtschaft stark schädigen, und die ökologische Belastung durch die Kohlekraftwerke haben die indische Regierung veranlasst, den erneuerbaren Energien einen deutlich höheren Stellenwert bei Investitionen in den Ausbau der Energiewirtschaft einzuräumen. Neben (im Lande selbst heftig umstrittenen) Wasserkraftwerken sollen Windkraft- und Solaranlagen einen wachsenden Anteil an der Energieproduktion übernehmen.

Bis 2022 sollen mindestens 10 Prozent der Elektrizität durch Solaranlagen erzeugt werden. Zu den größten Investoren wird das staatliche Unternehmen "Indian Coal" gehören, aber auch private Investoren sind willkommen. Der gesamte Investitionsbedarf wird auf umgerechnet 100 Milliarden Dollar geschätzt. Um die Investitionen in erneuerbare Energie finanzierbar zu machen, erhebt die indische Regierung inzwischen eine Steuer auf die im Lande geförderte und ebenso auf die importierte Kohle.

Ein Hang zu Mammutprojekten

Die Vorliebe indischer Regierungen für Großprojekte zeigt sich an einem Solarpark in dem eher dünn besiedelten Bundesstaat Rajasthan. Er wird eine Fläche von 77 Quadratkilometer bedecken und soll 4.000 Megawatt Strom erzeugen. Die Anlage "Ultra Mega Solar Power Plant" soll in sieben Jahren fertiggestellt werden und dann der größte Solarpark der Welt sein.

Solche Mammutvorhaben stoßen auf große Vorbehalte in der Zivilgesellschaft, zumal andererseits im Januar 2015 bekannt gegeben wurde, dass die staatlichen Zuschüsse für kleine dezentrale Solaranlagen von Bildungseinrichtungen, Krankenhäuser und kommunalen Gebäude um die Hälfte reduziert werden. Demgegenüber findet die Regierungsinitiative, jeden Haushalt mit zumindest einer solarbetriebene Leuchte zu versorgen, breite Unterstützung. Auch der UN-Generalsekretär lobte die indische Regierung für diesen Plan: "Es ist diese Art von entschlossener Führung, die die Welt braucht, um die Vorteile der Saubere-Energie-Revolution zu erzielen."

Auf YouTube [4] finden Sie einen kurzen Film über die Einweihung des Solarprojektes in Gujarat.


[1] http://klimawandel-bekaempfen.dgvn.de/leitbild-impressum/
[2] http://www.thehindu.com/news/national/set-target-to-cut-down-carbon-emissions-un-to-india/article6777777.ece
[3] http://www.dgvn.de/http://
[4] https://www.youtube.com/watch?v=VaJAUlsgSAU

Bildunterschrift einer derim Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
• Einweihung einer innovativen Solaranlage in Indien durch den UN-Generalsekretär. Foto: UN Photo/Mark Garten

*

Quelle:
DGVN Webseite - Den Klimawandel bekämpfen
ergiefragen & Treibhausgase - 16.01.2015
Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.
Zimmerstraße 26 / 27, 10969 Berlin
Telefon: (030) 25 93 75 - 0, Telefax: (030) 25 93 75 - 29
E-Mail: info@dgvn.de
Internet: http://www.klimawandel-bekaempfen.dgvn.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang