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ENERGIE/081: Lateinamerika - Erneuerbare Energien behaupten sich trotz fallender Erdölpreise (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. März 2015

Lateinamerika: Erneuerbare Energien behaupten sich trotz fallender Erdölpreise

von Julio Godoy



Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Dforcesolar

Einer von 31 Windparks in Mexiko
Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Dforcesolar

Mexiko-Stadt, 16. März (IPS) - In Lateinamerika sind saubere Energien trotz des Erdölpreisverfalls stetig auf dem Vormarsch. Die meisten Länder der Region haben sich mittel- und langfristige Ziele für die Erschließung und Nutzung alternativer Stromquellen gesetzt.

Hugo Ventura, Leiter der Abteilung für Energie und natürliche Ressourcen der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL), erklärt, warum die Theorie, dass billigeres Öl die Entwicklung erneuerbarer Energien bremst, anfechtbar ist. "Die Staaten haben sich dazu verpflichtet, den Energiemix zugunsten der Erneuerbaren zu diversifizieren, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und den Ausstoß der Klimagase zu senken. Außerdem planen die Akteure im Energiesektor auf lange Sicht."

Studien zufolge verfügt die Region über ein hohes Potenzial an erneuerbaren Energien. So teilte der Weltwindenergieverband WWEA im letzten Monat mit, dass die Aussichten für 2014 sehr gut seien. Aus einem Bericht der Vereinigung geht hervor, dass "die Investitionen in die Windenergie in einem enormen Tempo zunehmen". Vor allem die neuen Märkte in Lateinamerika und in Afrika spiegelten die Bedeutung der Windenergie bei der Stromversorgung. Zudem sei die Windkraft eine kostengünstige und verlässliche Ressource, versicherte Stefan Gsänger, Generalsekretär der WWEA mit Sitz in Bonn.

Während der Verfall der Preise für fossile Brennstoffe den Produzentenländern wie Argentinien, Bolivien, Brasilien, Ecuador, Kolumbien, Mexiko, Peru und Venezuela zusetzt, profitieren Nettoimporteure wie die zentralamerikanischen Länder und Chile und die Verbraucher beider Ländergruppen.


Wettbewerbsfähig

Saubere Alternativen können im Preiskampf mit fossilen Brennstoffen durchaus mithalten, wie der von der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien (IRENA) herausgegebene Report 'Renewable Power Generation Costs in 2014' belegt. 139 Staaten sind Mitglieder der Organisation mit Sitz in Abu Dhabi.

Berücksichtigt man die Kosten des aus fossilen Quellen erzeugten Stroms für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, sind erneuerbare Energien günstiger. Laut der IRENA-Studie sind die Durchschnittskosten der in Solarkraftwerken erzeugten Energie inzwischen auf das Niveau der Produktionskosten von Strom aus fossilen Quellen gesunken. Der Strom aus Solarkraftwerken, die 2013 und 2014 in Betrieb gingen, kostet in Südamerika elf US-Cent pro Kilowattstunde, in Nordamerika zwölf Cent und in Zentralamerika und der Karibik 31 Cent.

Die durchschnittlichen Kosten für Strom aus Wasserkraft liegen in Südamerika bei vier Cent pro Kilowattstunde. Wasserkraft ist die wichtigste erneuerbare Energiequelle in der Region, zugleich aber anfällig bei Dürren.

Brasilien verfügt laut IRENA über eine installierte Leistung zur erneuerbaren Stromerzeugung von 126 Gigawatt, Mexiko von rund elf Gigawatt, Argentinien von mehr als zehn Gigawatt. Kolumbien liegt nur knapp darunter.

"Die Länder werden weiterhin auf erneuerbare Stromquellen setzen. Windkraftanlagen beispielsweise sind viel wirtschaftlicher als Gaskombianlagen oder Wasserkraftwerke", so Eduardo Rincón, Professor an der Autonomen Universität von Mexiko-Stadt. Saubere Alternativen tragen demnach effizient zur Absenkung des Ölverbrauchs und der klimaschädlichen CO2-Emissionen bei. Zudem schaffen sie neue Arbeitsplätze und ziehen Investoren an.

In dem von 'Climatescope' veröffentlichten Bericht 'Mapping the Global Frontiers for Clean Energy Investment' heißt es, dass Brasilien zwischen 2006 und 2013 etwa 96,3 Milliarden Dollar an Investitionen zur Entwicklung erneuerbarer Energiequellen angezogen hat. Die erneuerbaren Energien machten mittlerweile 15 Prozent der nationalen installierten Leistung von insgesamt 126 Gigawatt aus. Der Report enthält 55 Länderprofile, die von dem Multilateralen Investitionsfonds der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) in Zusammenarbeit mit Behörden und privaten Firmen aus mehreren Staaten erstellt wurden.


Bild: © Abengoa Chile

Modell des ersten Solarkraftwerks Lateinamerikas, das ab 2017 in der chilenischen Atacama-Wüste Strom produzieren soll
Bild: © Abengoa Chile

Mexiko verzeichnete im Bereich saubere Energien im selben Zeitraum Investitionen in Höhe von 11,3 Milliarden Dollar. Das Land verfügt über eine installierte Leistung von 64 Gigawatt, von denen fünf Prozent aus erneuerbaren Quellen stammen. In Chile beliefen sich die Investitionen auf 7,1 Milliarden Dollar. Die gesamte installierte Leistung betrug 17,8 Gigawatt, wobei acht Prozent aus erneuerbaren Quellen stammten. Peru zog Investitionen in Höhe von 3,4 Milliarden Dollar an. Die gesamte installierte Leistung des Landes betrug zehn Gigawatt.


Ölpreis steuert auf 70 bis 80 Dollar pro Barrel zu

Ventura zufolge werden sich die Erdölpreise 2016 auf 70 bis 80 Dollar pro Barrel einpendeln. 2013 lagen sie noch bei mehr als 100 Dollar. Der Experte sieht angesichts dieser Preisentwicklung gute Chancen für die Weiterentwicklung sauberer Energien. Seiner Ansicht nach sollte die Region ihre Energieversorgung mit einem Mix aus Wind-, Solar- und Geothermalenergie stärker diversifizieren. "Viele Projekte, die sich derzeit im Aufbau befinden, werden bald ihren Betrieb aufnehmen. Das Wachstum wird sich fortsetzen."

Argentinien will bis 2016 erreichen, dass acht Prozent der gesamten nationalen Stromnachfrage aus erneuerbaren Quellen gedeckt wird. Chile arbeitet darauf hin, bis spätestens 2025 20 Prozent seines Strombedarfs mit alternativen Ressourcen zu decken. Mexiko steuert bis 2018 einen Anteil der erneuerbaren Energie am nationalen Energiebedarf von 23 Prozent, bis 2024 von 25 Prozent und bis 2027 von 26 Prozent an. In dem Land trat im August 2014 ein Reformgesetz in Kraft, das den gesamten Stromsektor für Privatinvestoren aus dem In- und Ausland geöffnet hat. (Ende/IPS/ck/2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/03/renewable-energies-in-latin-america-weather-low-oil-prices/
http://www.ipsnoticias.net/2015/02/energia-renovable-latinoamericana-aguanta-bajos-precios-petroleros/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 16. März 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2015

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