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FISCHEREI/058: Raubbau im Indischen Ozean - Fangflotten umschiffen internationale Gesetze (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. Dezember 2012

Fischerei: Raubbau im Indischen Ozean - Fangflotten umschiffen internationale Gesetze

von Amantha Perera


Srilankische Trawler werfen überall ihre Netze aus - Bild: © Amantha Perera/IPS

Srilankische Trawler werfen überall ihre Netze aus
Bild: © Amantha Perera/IPS

Colombo, 4. Dezember (IPS) - Somalische Piraten im Südwesten des Indischen Ozeans sind in den vergangenen Jahren zu einem der größten Sicherheitsrisiken für die kommerzielle Schifffahrt geworden. Obwohl die Piraterie international für Aufruhr sorgt, hat sie auch unerwartet Gutes bewirkt: die Bestände des Blauflossen-Thunfischs haben sich wieder erholt.

Wie Sari Tolvanen von der Umweltorganisation 'Greenpeace' berichtet, konnten sich die Thunfische deutlich in Gebieten vermehren, die von großen Fangflotten aus Anrainerstaaten des Indischen Ozeans aus Angst vor somalischen Piraten gemieden worden waren. Jahrzehnte langer ungeregelter Fischfang hatte die Thunfische erheblich dezimiert.

"Da die Fangschiffe nun eigene bewaffnete Wachen beschäftigen und wieder hinausfahren, sind die Fischbestände erneut in Gefahr", warnt Tolvanen. Greenpeace zufolge entsprechen die Thunfischpopulationen nur noch fünf bis zehn Prozent der Größe, die sie in den fünfziger Jahren hatten, als die kommerzielle Fischerei in der Region ihren Aufschwung nahm.

Tolvanen und andere Aktivisten drängen daher die Regierungen in der Region, sich entschiedener gegen den illegalen Fischfang zu stellen. Eines der größten Probleme besteht darin, dass tausende Trawler tagelang auf See bleiben und wahllos fischen können.


Sri Lanka umgeht internationale Abkommen

Sri Lanka gilt als einer der größten Umweltsünder, was die Beachtung internationaler Umweltvorschriften angeht. Anfang Oktober segelte das Greenpeace-Schiff 'Rainbow Warrior' vom südafrikanischen Hafen Durban über Mosambik, Mauritius und die Malediven nach Sri Lanka. Tolvanen war mit an Bord und konnte zahlreiche Schiffe unter srilankischer Flagge beobachten, die illegal fischten, manchmal auch in Meeresschutzgebieten.

Am 24. Oktober trafen Mitglieder der Umweltorganisation auf einen in Sri Lanka registrierten Fischtrawler, der sich innerhalb des 640.000 Quadratkilometer großen Schutzgebietes Chagos etwa 1.500 Kilometer südlich von Indien befand. Chagos war von der britischen Regierung im April 2010 zum Marineschutzgebiet erklärt worden. Die Lagerräume des Trawlers, zu denen sich die Umweltaktivisten Zugang verschafften, fanden sie mit Haien gefüllt.

"In dem ersten Lagerraum lagen vor allem Haie, die ihre Flossen noch hatten, außerdem einige Thunfische und ein Schwertfisch. Der andere, größere Raum war voller Haie. Sie waren relativ klein. Darunter waren mindestens zwei Exemplare des gefährdeten Großaugen-Fuchshais", heißt es in einem Greenpeace-Bericht. Wie Tolvanen berichtet, nutzen viele Schiffe Stellnetze und Langleinen, die das marine Leben erheblich schädigen. "Sie verstoßen gegen internationale Abkommen, weil keiner die Aktivitäten auf den Meeren kontrolliert."

Während ihres letzten Aufenthalts in Sri Lanka besuchte Tolvanen einen Fischereihafen in Negombo, einer Stadt in der Westlichen Provinz, die sich in unmittelbarer Nähe der größten Lagune des Landes befindet. Dort wurden bedrohte Fischarten öffentlich zum Verkauf angeboten.

Die unerlaubten Praktiken der srilankischen Großfischer setzen vor allem dem Blauflossen-Thunfisch zu. Nach Angaben des Fischereiministeriums machte diese Spezies im vergangenen Jahr 42 Prozent des gesamten Fischfangs des südasiatischen Inselstaates im Umfang von insgesamt rund 140.000 Tonnen aus.


"Unkooperative Partner"

In der Woche, in der die Rainbow Warrior das srilankische Schiff in dem Schutzgebiet entdeckte, warnte die Europäische Union Sri Lanka und sieben weitere Staaten, dass ihre illegalen Fischfangmethoden sie zu "unkooperativen Partnern" im globalen Kampf gegen unrechtmäßige Vorgänge auf den Meeren machten.

Wie die EU berichtete, hatten es neben Sri Lanka auch Belize, die Fidschi-Inseln, Guinea, Kambodscha, Panama, Togo und Vanuatu versäumt, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. "Wir wollen diese Länder als Partner gewinnen, um die illegale Fischerei zu bekämpfen. Wir wollen erreichen, dass sie ihre Gesetzes- und Kontrollsysteme verbessern, so wie es die internationalen Regeln verlangen", erklärte Maria Damanaki, die EU-Kommissarin für maritime Angelegenheiten und Fischerei.

In einem zeitgleich mit der Warnung veröffentlichten Bericht stellte die EU fest, dass Sri Lanka zwar Mitglied der Thunfischkommission für den Indischen Ozean (IOTC) ist, jedoch kein Lizenzierungsverfahren für die Hochseefischerei besitzt. Damit können Trawler unter srilankischer Flagge überall dort ihre Netze auswerfen, wo es ihnen passt.

Die zuständigen Behörden in dem Staat beteuern, dass sie so gut wie nie Beschwerden über das Vorgehen der Fangschiffe erhielten. Laut Nimal Hettiarchchi, Leiter des Amts für Fischerei und Meeresressourcen in Sri Lanka, hat es in diesem Jahr erst eine und 2011 "nur elf" Beschwerden gegeben. Das sei wenig, wenn man bedenke, dass in dem Land mindestens 3.800 Trawler registriert seien, die bei jeder Ausfahrt etwa einen Monat lang auf hoher See bleiben könnten.

Lokale Fischer, die auf den Trawlern arbeiten, berichten hingegen, dass die Aktivitäten kaum überwacht würden. "Ich habe noch von niemandem gehört, der in Sri Lanka für illegales Fischen oder den Fang bedrohter Arten bestraft worden wäre", meint ein Fischer in der südlichen Hafenstadt Tangalle. "Niemand überprüft, was wir an Land bringen und wo wir unsere Netze ausgeworfen haben." (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.greenpeace.org/international/en/campaigns/oceans/overfishing/
http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/damanaki/index_en.htm
http://www.iotc.org/English/index.php
http://www.ipsnews.net/2012/12/trawlers-glide-past-international-fishing-laws/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2012