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KATASTROPHEN/076: Japans Regierung will Weitergabe "bestimmter Geheimnisse" stärker bestrafen (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 644-645 / 2013 / 27. Jahrgang, 7. November 2013

Folgen von Fukushima
"Es scheint, der japanische Staat entwickelt sich in die Zeit des Militarismus zurück"

von Thomas Dersee



Die japanische Regierung will die Weitergabe von "bestimmten Geheimnissen" stärker bestrafen.

Die japanische Regierung hat am 25. Oktober 2013 einen Gesetzentwurf gegen den Verrat von Staatsgeheimnissen auf den Weg gebracht, mit dem die Presse- und Informationsfreiheit massiv eingeschränkt werden soll. Der Gesetzesvorlage zufolge, die das Kabinett des nationalkonservativen Ministerpräsidenten Shinzo Abe verabschiedete, soll die Weitergabe von nicht näher definierten "bestimmten Geheimnissen" zum Schutz der nationalen Sicherheit durch Beamte, Abgeordnete oder andere Personen mit bis zu 10 Jahren Freiheitsentzug bestraft werden. Weil die Formulierungen in dem Gesetz vage gehalten sind und die Behörden selbst festlegen können, was diese "bestimmten Geheimnisse" sein sollen, sehen Kritiker darin einen massiven Eingriff in die Presse- und Informationsfreiheit der Bürger.

Die Regierung will dem Vernehmen nach das Gesetz noch während der bis zum 6. Dezember 2013 laufenden Sitzungsperiode des Parlaments verabschieden lassen. Ihr gehe es um den Schutz von geheimen Informationen bezüglich der Außen- und Verteidigungspolitik, der Spionageabwehr und Anti-Terror-Maßnahmen, heißt es. Mit 10 Jahren Haft wird bedroht, wer solche Informationen weitergibt und mit 5 Jahren Haft, wer die Weitergabe begünstigt. Davon sind auch Journalisten betroffen, die Informanten dazu anhalten, Informationen weiterzugeben. Bisher droht Whistleblowern höchstens ein Jahr Haft.

Wie es heißt, setzte der kleinere Koalitionspartner von Abes Liberaldemokraten, die buddhistische Partei Komeito, zwar einen Passus durch, demzufolge dem Recht der Bürger auf Information Rechnung getragen werden soll, bindend sei diese Bestimmung jedoch nicht.

Betroffen von dem Gesetz sind nicht nur militärische Informationen, sondern auch Informationen über die Pannen auf dem Gelände der havarierten Atomreaktoren von Fukushima Daiichi sowie der Höhe und Auswirkungen der radioaktiven Belastungen auf die Bevölkerung, fürchten Kritiker. Denn auch dies könne "Fragen der nationalen Sicherheit" berühren.

Eine Untersuchungskommission des japanischen Parlaments hatte festgestellt, daß die engen Verbindungen zwischen Aufsichtsbehörden und Atomindustrie einer der Gründe dafür gewesen seien, daß sich die Katastrophe von Fukushima Daiichi überhaupt habe ereignen können. Behörden und Betreibergesellschaft versuchen bis heute, Pannen eher zu vertuschen, behördliche Strahlenmessungen sind vielfach falsch und die Bürger werden mit Desinformation und Durchhalteparolen überzogen (Strahlentelex hatte ausführlich berichtet)(7).

Die Pläne der Regierung werden in Japan auch vor dem Hintergrund gesehen, daß einflußreiche Kreise der nationalkonservativen Liberaldemokraten planen, im Zuge einer Verfassungsreform die Freiheitsrechte der Bürger gegenüber dem Staat einzuschränken. Das geplante Gesetz füge sich nahtlos in das autoritäre Denken ein: "Es scheint, der japanische Staat entwickelt sich in die Zeit des Militarismus zurück."



Literatur:
(7) www.strahlentelex.de/Stx_12_622-623_S01-09.pdf
www.strahlentelex.de/Stx_13_624-625_S01-03.pdf


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_13_644-645_S07-08.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, November 2013, Seite 7-8
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
Waldstr. 49, 15566 Schöneiche bei Berlin
Tel.: 030/435 28 40, Fax: 030/64 32 91 67
E-Mail: Strahlentelex@t-online.de
Internet: www.strahlentelex.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2014