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KATASTROPHEN/126: Folgen von Fukushima - Hohe Strontium-Konzentrationen in Zähnen und Knochen (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 694-695 / 29. Jahrgang, 3. Dezember 2015 - ISSN 0931-4288

Folgen von Fukushima
Hohe Strontium-Konzentrationen in Zähnen und Knochen

von Thomas Dersee


Hohe Konzentrationen von Strontium-90 in der Größenordnung der Konzentrationen von Cäsium-137 hat Hidekazu Nihei in Zähnen und Knochen junger Rinder aus den Evakuierungsgebieten um die havarierten Atomkraftwerke von Fukushima Dai-ichi ermittelt. In seiner Doktorarbeit an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Tohoku-Universität in Sendai (Japan) aus dem Jahr 2013 ist das dokumentiert. Demnach wurden in Zähnen und Knochen des Kopfes der Tiere teilweise mehr als 150 Becquerel Strontium-90 pro Kilogramm gemessen. Die Strontium-90-Konzentrationen übersteigen die Werte für Cäsium-137 speziell in niedriger vom radioaktiven Fallout belasteten Gebieten unterhalb einer Ortsdosisleistung von 5 Mikrosievert pro Stunde (µSv/h) (siehe Abbildung in der Druckausgabe).

Für Strontium gibt es in Japan keinen amtlichen Grenzwert. Das japanische Ministerium für Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) hatte am 12. April 2011 die Ergebnisse der ersten Strontium-Messungen nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima bekanntgegeben.[1] Das Ministerium behauptete damals, daß "die Werte äußerst gering und ohne Einfluß auf die Gesundheit" seien.

In den stark verstrahlten Orten Namie und Iitate wurden demnach zwischen dem 16. und 19. März 2011 an insgesamt drei Stellen Bodenproben gezogen. Gefunden wurden dort Belastungen durch Strontium-89 von 13 bis 260 Becquerel pro Kilogramm (Bq/kg) und durch Strontium-90 von 3,3 bis 32 Bq/kg Boden. Am 19. März 2011 wurden zudem an insgesamt 4 Stellen in Otama Village, Motomiya City, Ono Town und Nishigo Village Pflanzen gesammelt und ebenfalls auf Strontium untersucht. Die Belastung mit Strontium-89 lag nach Angaben des Ministeriums zwischen 12 und 61 Bq/kg, die Belastung mit Strontium-90 bei 1,8 Bq/kg bis 5,9 Bq/kg.

Die Zeitung Asahi Shimbun vom 13. April 2011, die über dieselbe Mitteilung des Kultur- und Wissenschaftsministeriums berichtete, ergänzte, daß die Stronium-90 Werte nur knapp 1 Tausendstel der Cäsium-137 Werte ausmachten.

Bei der höchsten Strontium-90-Belastung mit 32 Bq/kg wurde gleichzeitig eine Cäsium-137-Belastung von 51.000 Bq/kg gemessen. 2 Proben wurden in Namie, eine in Iitate genommen.

Asahi Shimbun zitiert den Forschungskoordinator des Forschungszentrums für Umwelt, Technik und Landwirtschaft mit der Aussage: "Diese [Strontium-90] Werte sind äußerst niedrig. Sie können von Kulturpflanzen leichter aufgenommen werden als Cäsium, aber bei diesen niedrigen Werten gibt es wohl kein Problem."

Am 12. September 2012 veröffentlichte das MEXT erneut eine zusammenfassende Übersicht über die Bodenbelastungen mit Radiocäsium und Strontium seit der Reaktorenkatastrophe von Fukushima.[2] Demnach schwanken die Verhältnisse Strontium-90 zu Cäsium-137 stark zwischen 1 zu 10 und 1 zu 1000. Das MEXT kommentiert dazu, in der Tendenz liege das Verhältnis Strontium-90 zu Cäsium-137 in dem auf dem Erdboden abgelagerten Fallout überwiegend bei 1 zu 1000. Mit einem Verhältnis von 1 zu 10 bei einem Strontium-90-Wert von 2400 Becquerel pro Quadratmeter wurde die größte Relation im Gebiet der Küstenstadt Soma gefunden, die sich etwa 40 Kilometer nördlich von den havarierten Reaktoren von Fukushima Dai-ichi befindet.

Davon, daß es keine Probleme geben wird, kann nun nicht mehr ausgegangen werden, Nicht nur in den Zähnen und Knochen junger Rinder, sondern auch in die der Kinder wird Strontium-90 eingelagert. Messungen sind an ausgefallenen Milchzähnen möglich, engagierte Bürger in Japan haben eine entsprechende Initiative gestartet.

Strontium-90 wird vom tierischen und menschlichen Organismus anstelle von Kalzium in Knochen eingebaut und bestrahlt von dort aus das blutbildende System. Deshalb kann es speziell Leukämieerkrankungen verursachen. Strontium-90 ist ein reiner Betastrahler und hat im Knochen eine lange biologische Halbwertzeit. Strontium-90 hat zudem eine lange physikalische Halbwertzeit von knapp 29 Jahren.


Literaturhinweise

[1] vergl. Strahlentelex 584-585 v. 5.5.2011, S. 6-7.
www.strahlentelex.de/Stx_11_584_S06-07.pdf

[2] vergl. Strahlentelex 618-621 v. 4.10.2012, S.2-5,
www.strahlentelex.de/Stx_12_618-621_S02-05.pdf


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Grafiken der Originalpublikation:

Messungen von Strontium-90 und Cäsium-137 in verlassenen Kühen aus der Evakuierungszone von Fukushima
(zitiert aus der Doktorarbeit von Hidekazu Nihei, Naturwiss. Fakultät der Tohoku-Universität, Japan, 2013)


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_15_694-695_S17-18.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, Dezember 2015, Seite 17 - 18
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
Waldstr. 49, 15566 Schöneiche bei Berlin
Tel.: 030/435 28 40, Fax: 030/64 32 91 67
E-Mail: Strahlentelex@t-online.de
Internet: www.strahlentelex.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2016

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