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KLIMA/307: Indonesien - Parlamentarier sollen Klimaschutz vorantreiben (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Mai 2014

Indonesien: Parlamentarier sollen Klimaschutz vorantreiben - Experten dringen auf intensiveren Dialog mit der Regierung

von Sandra Siagian


Bild: © Sandra Siagian/IPS

Holzschlag in Riau in Sumatra, wo die Entwaldung besonders rasch fortschreitet
Bild: © Sandra Siagian/IPS

Jakarta, 28. Mai (IPS) - Nach USA und China ist Indonesien der drittgrößte CO2-Emittent. Gleichzeitig sieht sich der Archipel mit seinen mehr als 17.000 Inseln in besonderem Maße vom Anstieg des Meeresspiegels bedroht. Damit das Land, wie von Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono versprochen, den Ausstoß der Treibhausgase bis 2020 um 26 Prozent drosseln kann, bedarf es nach Ansicht von Experten eines konstruktiven Dialogs zwischen Regierung und Gesetzgebern.

Vor dem GLOBE-Weltparlamentariergipfel im Juni in Mexiko-Stadt befindet sich die indonesische Regierung in einem Wettlauf gegen die Zeit, wenn es darum geht, ihre bisherigen Klimastrategien zu evaluieren und diese mit den Regierungszielen in Einklang zu bringen. In der mexikanischen Hauptstadt sollen die Abgeordneten ein neues internationales Klimaschutzabkommen überprüfen, das sich auf nationale Gesetze konzentriert.

Die internationale Staatengemeinschaft stimmt weitgehend darin überein, dass in den kommenden zwei Jahren die Weichen für die Zukunft der durch die globale Erwärmung gefährdeten Erde gestellt werden. Ende 2015 wird die 21. Sitzung der Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) stattfinden. Experten sehen dieses Treffen als 'letzte Chance' für die führenden Länder der Welt, sich auf eine internationale Obergrenze für C02-Emissionen zu einigen.

Indonesien ist bereit, bei den Verhandlungen eine tragende Rolle zu spielen und lokale Initiativen wie den 'Green Economy Caucus' (GEC), ein 2013 vorgestelltes Modell für nachhaltige Entwicklung, ins Spiel zu bringen. Umweltexperten bezweifeln allerdings, dass das Land mit seinen Nachhaltigkeitsplänen weit kommen wird, wenn der Dialog zwischen Gesetzgebern und Regierungsvertretern nicht rasch genug vorangetrieben wird.


GLOBE-Konferenz soll Gespräche mit Regierung anschieben

Farhan Helmy, Leiter des Indonesischen Zentrums für Klimawandel (ICCC), ist zuversichtlich, dass der GLOBE-Gipfel die Grundlagen für einen solchen Dialog schaffen kann. "Bisher wurden die Gespräche über den Klimawandel nicht gut genug zusammengeführt. Auch bei der UNFCCC-Vertragsstaatenkonferenz in Warschau war das im letzten Jahr nicht der Fall", meint Helmy, der an dem Treffen als Hauptunterhändler Indonesiens teilgenommen hatte. "Ich denke nicht, dass wir das Rad neu erfinden müssen, zumal uns nicht mal mehr zwei Jahre Zeit bleiben. Wir müssen aber einen offenen und ehrlichen Dialog zwischen Parlament und Regierung fördern."

Helmy befürwortet Plattformen wie GEC, dem ein Team aus Abgeordneten angehört, die den Übergang des Landes zu einer 'grünen' Wirtschaft planen und umweltfreundliche Methoden zur Förderung von Rohstoffen evaluieren.

Nach Ansicht des GEC-Präsidenten Satya Yudha, der dem indonesischen Repräsentantenhaus angehört, konzentriert sich das Projekt auch auf den Entwurf umweltfreundlicher Gesetze, mit deren Hilfe eine Strategie zugunsten der erneuerbaren Energien geplant und die von den Vereinten Nationen unterstützte REDD+-Initiative umgesetzt werden kann.

REDD sieht Kompensationszahlungen für überprüfbare CO2-Emissionsreduzierungen durch Waldschutzmaßnahmen, nachhaltige Waldbewirtschaftungsformen und die Verbesserung der Wirtschaftslage von Waldbewohnern vor. Später wurde das Konzept um die Aufnahme der Landwirtschaft erweitert (REDD+).

Diese Initiative sei wichtig, um die Landnutzung zu regeln und den Schutz von Wäldern und Naturreservaten zu überprüfen. "70 Prozent der CO2-Emissionen Indonesiens werden durch die Landnutzung erzeugt, die übrigen 30 Prozent durch den Energiesektor", sagt Yudha. Die Abgeordneten müssten dazu gebracht werden, dass sie bei der Festlegung des Jahreshaushalts der Regierung dem Umweltschutz Priorität einräumen.

Indonesiens Bemühungen, die durch die Entwaldung verursachten Schadstoffemissionen zu reduzieren, zeigen deutlich, wie wichtig es ist, dass Parlamentarier mit unterschiedlichen Regierungssektoren zusammenarbeiten. Die Entwaldung hat in den vergangenen Jahren sprunghaft zugenommen, weil die globale Nachfrage nach Palmöl, Zellulose und Papier weiter steigt. Laut einer 2013 im Fachmagazin 'Science' veröffentlichten Studie hat Indonesien zwischen 2000 und 2003 jährlich etwa eine Million Hektar Wald verloren. Zwischen 2011 und 2012 verdoppelte sich die Rate auf zwei Millionen Hektar im Jahr.


Sturzfluten und Erdrutsche

Die Zerstörung der Wälder hat zu verheerenden Sturzfluten, Erdrutschen und dem Verlust der Lebensräume bedrohter Arten wie Orang-Utans und Nashörnern geführt. Im vergangenen Jahr verlängerte Staatschef Yudhoyono ein 2011 in Kraft getretenes Moratorium, das die Erteilung neuer Holzeinschlaggenehmigungen und das Anpflanzen von Ölpalmen im Rahmen eines Ein-Milliarden-Dollar-Geschäfts mit Norwegen untersagte. Auf diese Weise werden bis 2015 64 Millionen Hektar Urwald vor der Zerstörung bewahrt. Umweltaktivisten warnen jedoch davor, dass Korruption und illegaler Holzschlag den Raubbau in einigen Schutzgebieten begünstigen.

In einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation 'Human Rights Watch' heißt es, dass das indonesische Agrarministerium nicht in der Lage gewesen sei, Wälder, Nutzflächen und Konzessionsgrenzen exakt kartografisch zu erfassen und Nutzungsrechte in gerechter Weise anzuerkennen. Unter Berufung auf einen Bericht des staatlichen indonesischen Anti-Korruptionsausschusses mit dem Titel 'The Dark Side of Green Growth' ('Die dunkle Seite des grünen Wachstums') stellte die Organisation fest, dass diese Schwächen für die anhaltende Korruption, rückläufigen Staatseinnahmen und hohen Entwaldungsraten mitverantwortlich seien.

Muhammad Farid von REDD+ zufolge sollte die indonesische Führung stärker auf die Einhaltung von Vorschriften achten, die unter anderem das ungeplante Abholzen von Wäldern und die Brandrodung verbieten. "REDD+ kann nicht alles richten", sagt er. "Wir brauchen Unterstützung von mehreren indonesischen Ministerien, um tatsächlich etwas zu erreichen. Ob Bergbau-, Innen- oder Agrarministerium - sie alle müssten sich mit der Regierung abstimmen."

Experten wie Yudha sind der Ansicht, dass die Regierung von Präsident Yudhoyono zwar auf dem richtigen Weg ist. Sie zweifeln allerdings daran, dass sich die ehrgeizige Zielsetzung mit den Wirtschaftsinteressen des Landes in Einklang bringen lässt. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/05/wary-climate-change-indonesia-looks-lawmakers-solutions/

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IPS-Tagesdienst vom 28. Mai 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2014