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KLIMA/359: Lateinamerika - Wassermangel kein großes Thema auf UN-Klimakonferenz in Lima (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. Dezember 2014

Lateinamerika:
Wassermangel kein großes Thema auf UN-Klimakonferenz in Lima - Aktivisten warnen vor Versorgungsengpässen

von Emilio Godoy


Bild: © Maria Cristina Vargas/IPS

Lateinamerika besitzt rund 30 Prozent aller weltweiten Wasserquellen
Bild: © Maria Cristina Vargas/IP

Mexiko-Stadt, 1. Dezember (IPS) - Obwohl Wasser zu den Opfern der globalen Erderwärmung zählt, wird ihm auf der UN-Konferenz (COP20) der Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) in der peruanischen Hauptstadt Lima kein hoher Stellenwert eingeräumt.

Dabei bedroht der Klimawandel bereits die Wasserversorgung für die Landwirtschaft, da sich die kostbare Ressource immer weiter verknappt. Die Klimaveränderungen führen außerdem zu Dürren, sintflutartigen Regenfällen, Überschwemmungen und einem Anstieg des Meeresspiegels. All diese Faktoren beeinflussen die globale Wassersituation.

"In Lateinamerika ist Wasser eine ernste Angelegenheit", betont Lina Dabbagh vom 'Climate Action Network International' (CAN-I). Die Teilnehmerin der COP20 vom 1. bis 12. Dezember in Lima weist auf die spärliche Berücksichtigung der Wasserfrage in den Diskussionen über die Nachhaltigkeitsziele hin, die sich ab 2016 an die Millenniumsentwicklungsziele anschließen sollen.


Wasserthema wird in Lima nur gestreift

In dem Programm der Konferenz in Lima sind lediglich vier Diskussionsforen vorgesehen, die sich mit Wasser befassen. Eher nebenbei wird das Thema auch in den vorbereitenden Dokumenten der Zivilgesellschaft erwähnt, die vom 8. bis 11. Dezember ebenfalls in Lima zu ihrem 'Volksforum' zusammenkommen.

Der Synthesebericht der Peru-Gruppe COP20', einer Allianz aus vielen verschiedenen Sozialverbänden, nimmt keinen Bezug auf Wasser, obwohl die Gruppe das Thema in einer Stellungnahme zur Frage der Anpassung an den Klimawandel erwähnt. Die Organisationen verlangen im Kontext des Klimawandels einen garantierten Zugang zu Wasser und Ernährungssicherheit durch konkrete Aktionen in den Bereichen Finanzierung, Kapazitätsaufbau, Technologietransfer, Energieeffizienz und Wissensmanagement.

Auf der Agenda des Volksforums stehen acht Hauptthemen, darunter globale Erderwärmung und Klimawandel, Energie und kohlenstoffarme Entwicklung sowie nachhaltige territoriale Verwaltung. Letzteres Thema bezieht sich auf den Erhalt der Ökosysteme, den nachhaltigen Umgang mit der Natur und durchaus auch auf den Schutz der Wasserquellen.


Falscher Umgang mit Wasserressourcen moniert

"Wasserunsicherheit ist eine Bedrohung", erklärt Alberto Palombo, Sekretär des Exekutivkomitees des Interamerikanischen Wasserressourcen-Netzwerks (IWRN). "Deshalb müssen wir über einen intelligenten, umfassenden Umgang mit diesen Ressourcen sprechen. Nicht der Wassermangel ist das derzeitige Problem, sondern das richtige Management. Die Verfügbarkeit wird durch den Klimawandel beeinträchtigt", so der Vertreter des Netzwerks, das staatliche und unabhängige Organisationen sowie Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen einschließt.

Lateinamerika besitzt über 30 Prozent der globalen Wasserressourcen, die allerdings ungleich verteilt sind. Laut IWRN liefern drei der größten Wassereinzugsgebiete der Region aufgrund von Übernutzung weniger als zehn Prozent des verfügbaren Wassers: das Tal von Mexiko, wo sich die mexikanische Hauptstadt befindet, der Südpazifik, der Peru, Ecuador, Chile und Argentinien einschließt sowie der Rio de la Plata mit Argentinien und Uruguay.


Lage vor allem in Mexiko besorgniserregend

Nach Erkenntnissen von UN Water stehen in Mexiko pro Einwohner 3.822 Kubikmeter Wasser jährlich zur Verfügung. Aufgrund des Verbrauchs von 17 Prozent seiner Trinkwasservorkommen gehört das Land zu den Sorgenkindern des Kontinents. In den übrigen Staaten der Region ist die Lage laut UN Water viel besser.

Das Verhältnis zwischen Verfügbarkeit pro Person und Verbrauch liegt in Guatemala bei 8.480 Kubikmeter zu 2,6 Prozent, in Brasilien bei 43.528 zu 0,86 Prozent und in Argentinien bei 21.325 zu 4,3 Prozent. Chile und Peru verfügen über reiche Wasservorkommen, von denen für jeden Einwohner jeweils 52.854 beziehungsweise 63.159 Kubikmeter im Jahr bereitstehen. In Chile sind nur knapp vier Prozent und in Peru weniger als ein Prozent der Reserven erschöpft.

Der Weltgesundheitsorganisation WHO sollten jedem Menschen für den Grundverbrauch täglich 20 Liter Wasser zur Verfügung stehen. In Teilen von Argentinien, Brasilien, Chile, Ecuador, Kolumbien, Kuba, Mexiko, Peru und Venezuela wird die Ressource jedoch infolge einer nicht nachhaltigen Nutzung knapp.

Laut dem von dem 'Regional Policy Dialog' veröffentlichten Bericht 'Water and Climate Change Adaptation in the Americas' lebt eine zunehmende Zahl von Menschen in der Region in Gebieten, in denen der Wasserstress mittelhoch bis hoch ist. Teile dieser Bevölkerung haben jährlich weniger als 1.000 Kubikmeter Wasser zur Verfügung. Im Jahr 2020 werden demnach zwischen 34 Millionen und 93 Millionen Menschen Wassermangel erleiden. 2050 könnten es zwischen 101 und 200 Millionen sein.

Bild: © Guillermo Flores/IPS

Der See Las Canoas nahe der nicaraguanischen Hauptstadt Managua trocknet aus
Bild: © Guillermo Flores/IPS


Klimaagenda und Menschenrechte

Da der Klimawandel so großen Einfluss auf Wasser habe, wolle man die Klimaagenda mit dem Thema Menschenrechte verbinden, sagt Dabbagh. Um die Menschen besser zu informieren, müssten mehr Anstrengungen auf lokaler Ebene unternommen werden.

Im kommenden März werden die UNFCCC-Vertragsstaaten ihre nationalen Pläne zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels vorstellen. Auch der Umgang mit den Wasserressourcen soll darin berücksichtigt werden. "Wir müssen Ressourcen für die Prävention und die Anpassung gewährleisten, innovative Finanzschemata anwenden, das Management verbessern, für eine grüne Infrastruktur sorgen und Wassereinzugsgebiete erhalten", sagt Palombo.

Wenn die gegenwärtige Entwicklung nicht umgekehrt wird, kann Mexiko-Stadt nach Schätzungen von IWRN seiner Bevölkerung ab 2031 keine ausreichende Wasserversorgung mehr garantieren. In Bogotá wird dieser Punkt 2033 erreicht sein, in Santiago de Chile 2043 und in Rio de Janeiro 2050.

Aktivisten hoffen, dass das vom 12. bis 15. April 2015 in den südkoreanischen Städten Daegu und Gyeongbuk geplante Weltwasserforum das Thema Wasser in den Diskussionen über Klimawandel und nachhaltige Entwicklung aufwerten wird. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/11/only-a-few-drops-of-water-at-the-lima-climate-summit/

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IPS-Tagesdienst vom 1. Dezember 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2014