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KLIMA/379: Neuer Bericht bewertet Klimaanpassungs- und -abmilderungsmaßnahmen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Februar 2015

Klima: Trends, Risiken, Aussichten - Bericht bewertet Klimaanpassungs- und -abmilderungsmaßnahmen

von Manipadma Jena



Bild: © Manipadma Jena/IPS

Eine Inderin beobachtet den Untergang ihrer Hütte am Rande der Stadt Bhubaneswar im ostindischen Bundesstaat Odisha (2008)
Bild: © Manipadma Jena/IPS

Neu-Delhi, 20. Februar (IPS) - Der Wust an Informationen über den globalen Klimawandel macht es nicht eben leicht, Fiktion und Wahrheit zu unterscheiden. Immer neue Forschungsberichte werden vorgelegt, immer neue Verschwörungstheorien gewinnen an Boden. Neben wissenschaftlich fundierten Fakten gibt es Zukunftsprognosen, die das Schlimme noch schlimmer erscheinen lassen.

Während die Lobbygruppen großer Konzerne die Regierungen in Sachen Klimawandel beschwichtigen, drängen Bürger zum sofortigen Handeln. Die wenigen Fortschritte, die in dem Bemühen, den Klimawandel mit Hilfe einer Verringerung der CO2-Emissionen aufzuhalten, entstanden sind, verblassen oftmals angesichts des ganzen Ausmaßes der Naturkatastrophen, die, unabhängig davon, ob es sich um Schneestürme, Überschwemmungen oder Dürren handelt, immer drastischere Formen annehmen.

Aus diesem Informationsdschungel die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist ein schwieriges Unterfangen. Doch nun hat das 'Energy and Resources Institute' (TERI), eine in Neu-Delhi angesiedelte Denkfabrik, einen neuen Bericht vorgelegt, der nicht nur die Spreu vom Weizen trennt, sondern eine umfassende Bewertung der weltweit an der Klimafront erzielten Fortschritte vornimmt.

Darüber hinaus liefert TERI detaillierte Voraussagen zu dem, was auf jedes einzelne Land zukommen wird. Auf der Grundlage dieser Prognosen können die einzelnen Staaten Handlungspläne entwickeln, die nach Ansicht von Klimaexperten dringend erforderlich sind, um dem Planeten und der Menschheit einschneidende und unumkehrbare Klimaveränderungen zu ersparen.

Der in diesem Monat auf dem Delhi-Nachhaltigkeitsgipfel veröffentlichte 'Globale Nachhaltigkeitsbericht 2015' hat die 20 besonders klimagefährdetsten Länder (von insgesamt 193) auf der Grundlage derzeitiger Auswirkungen der extremen Klimaereignisse, die über einen Zeitraum von 34 Jahren (1980-2013) dokumentiert wurden, ermittelt.


Liste der 20 klimagefährdetsten Länder

Auf der Grundlage von Daten des Zentrums zur Erforschung der Epidemiologie von Naturkatastrohen (CRED) der Katholischen Universität Löwen in Belgien hat der TERI-Report ermittelt, dass sich die Zahl der Naturkatastrophen zwischen 1975 und 2002 von 50 auf 525 mehr als verzehnfacht hat. Bis 2001 konzentrierten sich 95 Prozent aller Todesfälle, die mit Naturkatastrophen im Zusammenhang standen, auf die Entwicklungsländer.

Das TERI-Ranking berücksichtigt sämtliche Unwetter - angefangen von Hitze- und Kältewellen über Dürren, Überschwemmungen, Sturzfluten und Wolkenbrüche bis zu Erdrutschen, Lawinen, Waldbränden, Zyklonen und Hurrikanen.

Weltweit am schlimmsten gefährdet ist demnach Mosambik, gefolgt vom Sudan und Nordkorea. Die ersten beiden Staaten verzeichneten die höchste katastrophenbedingte Sterberate von sechs pro 100.000 Menschen. Nordkorea wiederum erlitt die größten wirtschaftlichen Jahresverluste. Sie entsprachen 1,65 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP). Global gesehen war 2011 das Jahr mit den dramatischsten klimabedingten wirtschaftlichen Einbußen. Die Verluste beliefen sich auf 350 Milliarden US-Dollar. Besonders schlecht ist es in dieser Hinsicht um Asien und insbesondere Staaten wie Myanmar, Bangladesch und die Philippinen bestellt, die insgesamt mehr als 300 Millionen Menschen zählen.

China wiederum ist es trotz seines rasanten Wirtschaftswachstums nicht gelungen, die Katastrophenanfälligkeit seiner Bürger zu verringern, die bis Ende 2015 die 1,4-Milliarden-Menschen-Grenze erreicht haben werden. Im TERI-Ranking belegt die Volksrepublik den sechsten Platz.

Nachhaltige Bemühungen auf nationaler Ebene haben zwar Bangladesch geholfen, sich besser vor dem Anstieg des Meeres, der größten Klimaherausforderung des Landes, zu schützen. Dennoch rangiert es auf der Liste der Hauptklimaopfer auf Platz drei.

Indien, das bevölkerungsreichste Land nach China, wird es bis Ende 2015 auf 1,26 Milliarden Menschen bringen. Es belegt im TERI-Ranking Platz zehn, während Sri Lanka und Nepal den 14. und 15. Platz einnehmen.

Innerhalb Afrikas gelten vor allem Äthiopien und Somalia als extrem anfällig für Klimakatastrophen, in Europa sind es Albanien, Moldawien, Spanien und Frankreich, gefolgt von Russland. Im gesamtamerikanisch-karibischen Raum belegt der kleine Inselstaat St. Lucia - vor Grenada und Honduras - den ersten Platz. Das mit 200 Millionen Menschen bevölkerungsreichste Land der Region, Brasilien, ist auf Platz 20 gelistet.


Rasante Zunahme der Naturkatastrophen

Zwischen 1900 und 2009 - also binnen fast 110 Jahren - ist die Zahl hydrometeorologischer Naturkatastrophen von 25 auf 3.526 gestiegen. Extreme hydrometeorologische, geologische und biologische Wetterextreme schnellten im gleichen Zeitraum von insgesamt 72 auf 11.571 in die Höhe.

In den 60 Jahren zwischen 1970 und 2030 ist den Autoren des Berichts zufolge in erster Linie Asien die mit Überschwemmungen, Zyklonen und dem Meeresanstieg besonders geschlagene Region. Dort allein sind 83 Millionen Menschen jährlich betroffen. In Europa werden der Hochrechnung zufolge im gleichen Zeitraum 16,5 Millionen, in Nordamerika neun Millionen und in Afrika sechs Millionen Menschen den Anstieg des Meeresspiegels zu spüren bekommen.

Das Büro der Vereinten Nationen für Katastrophenvorsorge (UNISDR) schätzt, dass bis Ende des 21. Jahrhunderts weltweit die wirtschaftlichen Verluste die 25-Billionen-Dollar-Grenze überschreiten werden, sollten wirksame Maßnahmen für Klimaanpassung und -abmilderung sowie für die Verringerung des Katastrophenrisikos ausbleiben. Aufgrund der bisherigen Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen kann davon ausgegangen werden, dass die erwarteten Kosten den bisher vorgesehenen Rahmen sprengen werden.

Entwicklungsländer beispielsweise werden das Zwei- bis Dreifache der jährlichen Beträge benötigen, die den bisherigen Schätzungen zufolge - 70 Milliarden bis 100 Milliarden Dollar - ab 2050 für Anpassungsmaßnahmen benötigt werden. Ab 2020 wird es eine erhebliche Finanzierungslücke geben, wie einer im letzten Dezember veröffentlichten Untersuchung des UN-Umweltprogramms (UNEP) über die Anpassungslücke zu entnehmen ist.

Indikatoren wie Wasserverfügbarkeit, Ernährungssicherheit, Gesundheit und soziowirtschaftliche Möglichkeiten wurden bei der Bewertung der Anpassungsfähigkeit der einzelnen Länder herangezogen.

Diesem weitgefassten Kriterium zufolge schneidet Liberia am schlechtesten ab: Ein Viertel der Bevölkerung hat keinen Zugang zu Wasser und 56 Prozent der Stadtbevölkerung leben in Slums. Hinzu kommt eine hohe Malaria-Infektionsrate infolge einer medizinischen Unterversorgung. Für jeweils 70.000 Menschen steht lediglich ein Arzt zur Verfügung.


In Sachen Entwicklung führt Monaco

In Sachen Anpassungsfähigkeit steht Monaco am besten da. Dort haben alle Bürger Zugang zu Wasser. Städtische Slums gibt es nicht, Unterernährung ebenso wenig. Die gesamte Bevölkerung ist alphabetisiert, und auf jeweils 10.000 Menschen kommen 71 Ärzte. Niemand in diesem kleinen Fürstentum muss mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen. Im selben Ranking belegen China und Indien den 98. beziehungsweise 146. Platz.

Die Studie stuft die Länder auch danach ein, welchen Anteil sie aus historischer Sicht betrachtet am Klimawandel haben. Der größte CO2-Emittent in der Zeit des industriellen Booms (1850-1989) war Großbritannien mit einem Pro-Kopf-CO2-Ausstoß von 940 Tonnen.

Die USA wiederum halten sich konstant in Sachen CO2-Emissionsintensität pro BIP-Einheit im Zeitraum 1990 bis 2011 auf dem fünften Platz. 2011 schleuderte das Land 6,1 Milliarden Tonnen Treibhausgase in die Erdatmosphäre. Übertrumpft wurde es nur noch von China mit 10,2 Milliarden Tonnen. Indien belegte im gleichen Jahr mit 2,4 Milliarden Tonnen den dritten Platz.

Geht es jedoch um die derzeitige Verantwortung für die CO2-Emissionsintensität pro BIP-Einheit, rangieren beide asiatischen Länder auf der Liste weiter unten, während die Ölstaaten Katar und Kuwait unter den Top-Fünf zu finden sind. (Ende/IPS/kb/2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/02/everything-you-wanted-to-know-about-climate-change/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 20. Februar 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2015

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