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LANDWIRTSCHAFT/102: Pakistan - Bienenzucht bietet Bauern in Dürreregion neue Einkommensperspektive (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. Dezember 2015

Pakistan: Bienenzucht bietet Bauern in Dürreregion neue Einkommensperspektive

von Saleem Shaikh und Sughra Tunio


Bild: © Saleem Shaikh/IPS

Hakim Khan kontrolliert seinen Bienenstock im Dorf Ghool, etwa 90 Kilometer südöstlich der pakistanischen Hauptstadt Islamabad
Bild: © Saleem Shaikh/IPS

CHAKWAL, PAKISTAN (IPS) - Im Distrikt Chakwal in der nordindischen Provinz Punjab haben zunehmende Dürren dem Erdnussanbau in den vergangenen sechs Jahren stark zugesetzt. Viele Bauern zogen in nahegelegene Städte, um neue Arbeit zu finden. Andere blieben in ihren Dörfern und lernten, sich dem Klimawandel anzupassen.

Hakim Khan aus dem Dorf Ghool erntet seit drei Jahren nur noch halb so viel wie früher. Die Verluste kann er aber dadurch ausgleichen, dass er Bienenzucht betreibt. Er verkaufe den Honig auf Märkten in der Nachbarschaft, sagt er, während er die hölzernen Bienenkästen mustert, die er auf einem Feld aufgestellt hat, wo er Erdnüsse anbaut.

Khan und weitere 140 Bauern aus Dörfern in Chakwal wurden über den Pakistanischen Fonds zur Armutsbekämpfung zu Imkern umgeschult und erhielten finanzielle Unterstützung. Im Laufe der vergangenen Jahre ist den Bauern klar geworden, dass die vom Klimawandel betroffene Landwirtschaft keine verlässliche Einkommensgrundlage mehr bietet. Die Bienenzucht ist dagegen zuverlässig, konstant und verspricht ein sicheres Einkommen.


Regenfälle spärlich und unberechenbar

"Seit 1999 haben die Erträge aus meinem Erdnussanbau immer weiter abgenommen, weil die Niederschläge kürzer und nicht mehr so ergiebig sind", berichtet Khan. Die Bienenstöcke seien eine gute Alternative, weil sie keinen zusätzlichen Platz erforderten und einfach zu versorgen seien. Mit einer Investition von umgerechnet etwa 94 US-Dollar könne man sich bereits als Imker selbstständig machen.

Vor etwa drei Jahren kaufte Khan für etwa 320 Dollar zehn Holzkisten für seinen ersten Bienenstand. Inzwischen besitzt er neun Mal so viele Bienenkästen im Wert von fast 9.800 Dollar. "Jährlich produziere ich 800 Kilo Honig und verdiene damit etwa 5.760 Dollar. Die Arbeit ist weniger anstrengend als der Erdnussanbau, und ich lebe nicht mehr in Angst vor Wetteranomalien."


Bild: © Saleem Shaikh/IPS

Ein Ladenbesitzer beim Honigverkauf im Dorf Ghool
Bild: © Saleem Shaikh/IPS

Der Imker Ahmed Nawaz erklärt, seine neue Tätigkeit habe ihn davor bewahrt, in die Schuldenfalle zu geraten, nachdem er einen Kredit nicht mehr habe bedienen können. Nachdem er auf seinem zwei Hektar großen Feld Bienenstöcke aufstellte, konnte er mit den zusätzlichen Einnahmen ein Darlehen von etwa 670 Dollar abbezahlen, das er für den Kauf von Erdnüssen und Düngemitteln aufgenommen hatte. Angesichts der wiederholten Missernten und der zunehmenden Trockenheit in seiner Region will Nawaz nun mit einem Teil seiner Einnahmen aus dem Honigverkauf fünf weitere Bienenkästen kaufen. In jeder Box ist Platz für vier bis fünf Bienenvölker.

Der Distrikt Chakwal liegt etwa 90 Kilometer südöstlich der pakistanischen Hauptstadt Islamabad und erstreckt sich über eine Fläche von rund 6.500 Quadratkilometern. In der Dürreregion leben fast 90 Prozent der ungefähr 1,5 Millionen Einwohner von der Landwirtschaft.

"Vor acht oder zehn Jahren, als es noch reichlich regnete, pflanzten wir Weizen, Erdnüsse, Mais und Hülsenfrüchte an", erinnert sich der 61-jährige Bauer Hussain Khan. "Inzwischen ist jedoch die Anbaufläche für diese Kulturen in Chakwal um 60 Prozent zurückgegangen und das Land ist sehr trocken."

Einst halfen die reichlichen Einnahmen den Bauern dabei, Schulden zu begleichen und Ehen für ihre Kinder zu arrangieren. Im vergangenen Jahr erntete Khan auf rund 4.040 Quadratmetern jedoch nur noch weniger als 200 Kilo. Während der Saatzeit habe die Regenmenge 70 Prozent weniger als früher betragen, sagt er, während er Erdnüsse zum Trocknen im Hof seines Hauses verteilt. Bei gutem Regen könne doppelt so viel produziert werden. Hussain sorgt sich nicht nur darum, wie er seine Familie mit drei Kindern in den nächsten Monaten ernähren soll. Er muss außerdem mehr als 600 Dollar an einen privaten Geldverleiher zurückzahlen.


Bild: © Saleem Shaikh/IPS

Bauern im pakistanischen Dorf Ghool
Bild: © Saleem Shaikh/IPS

In Chakwal werden bisher auf insgesamt rund 32.300 Hektar Land Erdnüsse angepflanzt. Ausgesät wird von Ende März bis Ende Mai. Zwischen Juni und August wird ergiebiger Regen benötigt, um die Böden zu wässern, damit bis Ende August die ersten Sprösslinge wachsen können. In diesem Jahr war zunächst eine Aussaat auf rund 28.300 Hektar geplant. Doch nicht einmal die Hälfte der Fläche konnte bestellt werden, da es nicht genug geregnet habe, sagt Mohammad Khalid, ein Beamter der Landwirtschaftsbehörde von Chakwal.


Interesse an Bienenzucht steigt

"Alternative Existenzgrundlagen wie Bienenzucht können den Bauern dabei helfen, sich an veränderte Wetterbedingungen anzupassen und deren Auswirkungen auf ihr Leben abzumildern", sagt Raja Munir Hussain Janjua vom Nationalen Programm zur Unterstützung ländlicher Regionen. Das Interesse der Bauern an dieser zusätzlichen Einkommensquelle nimmt weiter zu.

Allein in Ghool verdienten sich inzwischen mehr als 70 Bauern als Imker ein Zubrot, erklärt Rab Nawaz, der mit 400 Bienenstöcken größter Honigerzeuger im Dorf ist. Insgesamt werden in Ghool etwa 16.000 Bienenvölker gehalten. Nawaz schätzt, dass sie zusammen mehr als 35 Tonnen reinen Honigs produzieren, der rund 268.000 Dollar wert ist. Händler aus den Städten kommen zu dem Dorf, um den Imkern den Honig für 7,68 Dollar pro Kilo abzukaufen. Auf Märkten bieten sie das Produkt für mehr als elf Dollar pro Kilo an. Laut Nawaz machen die Bauern bei diesen Geschäften guten Profit. Manchmal könnten sie die Hälfte ihrer Einnahmen als Gewinne verbuchen.

Im Rahmen des 'Livelihood Enhancement and Protection Project' (LEPP), das seit 1992 vom Pakistanischen Fonds zur Armutsbekämpfung in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Programm zur Unterstützung ländlicher Regionen umgesetzt wird, sind bis jetzt 150 Bauern zu Imkern fortgebildet worden. Die Regierung in Islamabad ist davon überzeugt, dass ähnliche Projekte auch Farmern in anderen durch den Klimawandel betroffenen Landesteilen neue Perspektiven schaffen können. (Ende/IPS/ck/29.12.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/12/beekeeping-helps-pakistan-farmers-cope-with-crop-losses/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 29. Dezember 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Dezember 2015

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