Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

LATEINAMERIKA/006: Peru - Unkontrollierter Holzschlag läßt Regenwald schrumpfen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. Juli 2010

Peru: Unkontrollierter Holzschlag lässt Regenwald schrumpfen - Behörden überfordert

Von Milagros Salazar


Lima, 29. Juli (IPS) - Noch ist Peru ein grünes Land. Mehr als die Hälfte des südamerikanischen Landes ist von tropischem Wald bedeckt. Die staatliche Ombudsstelle für Bürgerrechte hat jedoch festgestellt, dass die Behörden mit dem Schutz der Wälder völlig überfordert sind. Es fehle an Geld und Personal, um unkontrollierten Holzschlag zu verhindern, heißt es in einem neuen Bericht.

Angesichts der fortschreitenden Entwaldung Perus erscheinen Warnungen durchaus berechtigt. Von den insgesamt 68 Millionen Hektar Dschungel im peruanischen Amazonasgebiet verschwinden Jahr für Jahr rund 150.000. Experten machen diese Entwicklung für 42 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich, mit denen das Land zur globalen Erderwärmung beiträgt.

In den zuständigen Kontrollposten im Amazonasraum sitzen laut der Untersuchung der 'Defensoría del Pueblo' zumeist nur durchschnittlich drei Mitarbeiter, die nicht nur Überprüfungen durchführen, sondern auch Konzessionen zur Nutzung natürlicher Ressourcen vergeben.

Die Beamten in dem Büro der technischen Verwaltung in Mazuco in der südöstlichen Region Madre de Diós müssen jeden Monat zwischen 200 und 350 mit Holz beladene Lastwagen abfertigen. Den Kontrollpunkt Padre Abad in der östlich gelegenen Region Ucayali passieren sogar bis zu 7.000 Holzlaster pro Monat. Dort arbeiten lediglich sieben Kontrolleure, die in jedem Fall die Herkunft der Ladung genau klären müssen.

Mitarbeiter in den Kontrollpunkten berichteten, dass ihnen oft gefälschte Frachtpapiere vorgelegt werden. Experten mahnen einen daher einen Forstbewirtschaftungsplan an, der die Standorte der zu fällenden Bäume genau erfassen soll. Wenn eine solche Liste nicht vorliege, sei es schwierig, die Papiere der Holzfäller auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, hieß es.


Todesdrohungen gegen Kontrolleure

Die Beamten sind nicht nur völlig überlastet, sondern müssen überdies noch um ihr Leben fürchten. Wie aus dem 300 Seiten umfassenden Bericht weiter hervorgeht, haben Todesdrohungen, Einschüchterungen und tätliche Angriffe im vergangenen Jahr um zehn Prozent zugenommen. Die dem Agrarministerium unterstehende Forstaufsichtsbehörde stellt sich demnach jedoch nicht immer auf die Seite der betroffenen Beamten, wenn diese die Vorfälle zur Anzeige bringen wollen.

Die Ombudsstelle kritisierte außerdem, dass von 38 überprüften Büros lediglich drei über Fahrzeuge in einem annehmbaren Zustand verfügten. Obwohl die Amazonasregion sehr wasserreich ist, stand nur in einem einzigen Fall ein Boot bereit. Beamte in mehr als 60 Außenstellen beschwerten sich bereits darüber, dass sie ihre Arbeit nicht mehr vorschriftsmäßig erledigen könnten.

"Die Regierung hat sich in den vergangenen Jahren zwar willens gezeigt, die Forstgesetze zu reformieren", sagte Iván Lanegra, der für die 'Defensoría del Pueblo' tätig ist. Die unzureichende Ausstattung bereite den Büros jedoch nach wie vor für Schwierigkeiten.

Die Untersuchung kam zu dem Schluss, dass nur acht Provinzverwaltungen im Amazonasgebiet bisher unter Beweis gestellt haben, dass sie die Kontrolle über die Wälder tatsächlich ernst nehmen. Ein Grund dafür dürfte sein, dass die Außenstellen der Forstbehörden in den Provinzen von der Zentralregierung keine eigenen Budgets erhalten haben.

"Die Forstverwaltung könnte am ehesten durch eine Stärkung der Provinzverwaltungen verbessert werden", sagte José Luis Capella von der nichtstaatlichen Peruanischen Gesellschaft für Umweltrecht im Gespräch mit IPS.


Ureinwohner ohne Rechte

Auch die Ureinwohner könnten durch ihren verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Wälder leisten. Die meisten indigenen Gemeinden sind allerdings bisher mit dem Versuch gescheitert, eigene Landrechte zu erwerben.

Mehr als 140 Gemeinden haben dem Bericht zufolge zwar Genehmigungen des Agrarministeriums für den Holzhandel. Lediglich acht von ihnen dürfen aber die Waldressourcen in ihrem Wohngebiet vertraglich nutzen. Capella schließt daraus, dass die Regierung vor allem den Holzhandel vorantreiben will. Weit weniger Interesse bestehe daran, den Ureinwohnern die Rechte zu gewähren, mit denen sie nachhaltige Entwicklungsprojekte umsetzen könnten. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.defensoria.gob.pe/modules/Downloads/informes/defensoriales/informe- 151.pdf
http://www.spda.org.pe/portal/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=95998

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 29. Juli 2010
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Juli 2010