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MEER/172: Meeresressourcen jenseits der nationalen Zuständigkeiten müssen fair geteilt werden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Januar 2015

Umwelt: Die Meeresressourcen jenseits der nationalen Zuständigkeiten müssen fair geteilt werden

von Palitha Kohona*


Bild: © Mikhail Matz/public domain

Ein unbekanntes Plankton, das von einem Tauchboot während einer Tiefsee-Expedition der US-Meeresbehörde NOAA im Jahr 2005 im Golf von Mexiko aufgenommen wurde
Bild: © Mikhail Matz/public domain

New York, 30. Januar (IPS) - Nach fast zehnjährigen und oftmals entmutigenden Verhandlungen hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe zum Schutz der biologischen Vielfalt in Meeresgebieten jenseits nationaler Zuständigkeiten in einer Konsensentscheidung einen Prozess in Gang gesetzt, der Gesprächen über ein rechtsverbindliches Abkommen zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Meeresressourcen in der Hochsee den Weg ebnen soll.

Die UN-Vollversammlung wird nun in einem nächsten Schritt im Sommer eine Resolution zur Einberufung eines Vorbereitungskomitees beschließen, das wiederum ab 2016 seine Arbeit aufnimmt und die Vorarbeit zu einem Abkommen leistet, das dann 2017 auf einer zwischenstaatlichen Konferenz verabschiedet werden soll.

Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe war 2006 eingerichtet worden. Sie war seither in regelmäßigen Abständen zusammengekommen. 2010 legte sie erstmals eine Reihe von Empfehlungen vor, die systematisch weiterentwickelt und am 24. Januar angenommen wurden. Diese Entscheidung wird signifikante Folgen für die weltgrößte Quelle der Artenvielfalt haben.

Die globale Gemeinschaft hatte sich im Rio+20-Abschlussdokument 'Die Zukunft, die wir wollen' auf Drängen einer kleinen Gruppe von Staaten wie Argentinien, Deutschland, Sri Lanka und Südafrika sowie der EU klar zur Sicherung der biologischen Vielfalt in Meeresgebieten jenseits nationaler Zuständigkeiten (BBNJ) bekannt. In der Erklärung wurde die Bedeutung eines angemessenen globalen Mechanismus für einen nachhaltigen Umgang mit dem marinen Artenreichtum jenseits der nationalen Zuständigkeit anerkannt.

2013 hatte die Resolution A/69/L.29 der UN-Vollversammlung die Ad-hoc-Arbeitsgruppe mit dem Mandat ausgestattet, Empfehlungen über den Geltungsbereich, die Parameter und die Machbarkeit eines internationalen Instruments im Rahmen der UN-Seerechtskonvention (UNCLOS) bis zur 69. Sitzung der Generalversammlung vorzubereiten.

In den letzten Jahren ist das Verständnis für den Wert der biologischen Vielfalt in den Gewässern jenseits nationaler Zuständigkeiten in bemerkenswerter Weise gewachsen. Man ist sich der Notwendigkeit, diese riesige und unschätzbare Ressourcenbasis zu schützen und nachhaltig zu nutzen, weitgehend bewusst.

Die Erdoberfläche ist zu 70 Prozent von Wasser bedeckt. Diese marine Welt stellt mehr als 90 Prozent der Biosphäre, also der Gesamtheit der Lebewesen auf der Erde. Sie ernährt viele komplexe Ökosysteme, die wichtig sind, um das Leben und die Lebensgrundlagen an Land zu erhalten. Zwei Drittel dieser Lebenswelt befinden sich in Gebieten jenseits der nationalen Zuständigkeiten.

Der Beitrag der Ozeane für die globale Wirtschaft wird auf Milliarden US-Dollar geschätzt.

Bisher sind hunderttausende marine Lebensformen bekannt. Wissenschaftler vermuten, dass es Millionen weitere sein dürften, über die wir möglicherweise nie etwas erfahren werden. Diese Arten und die genetischen Ressourcen könnten der Menschheit etwa bei der Herstellung wichtiger Medikamente von ungeheurem Nutzen sein.

Mit fortschreitender Erforschung und Ausbeutung der genetischen Ressourcen der Meere werden jährlich immer neue Patente angemeldet. Der Wert dieser Patente wird ebenfalls auf Milliarden Dollar geschätzt. Klar ist, dass die Menschheit mit den Ressourcen der Ozeane und deren Ökoystemen sehr achtsam umgehen muss. Diese müssen geschützt und bewahrt werden.

Gleichzeitig stehen die Meeresökosysteme vor unerhörten Herausforderungen. Überfischung, Verschmutzung, Klimawandel, Erwärmung, Korallenbleiche und Versäuerung sind nur einige Faktoren, die die marine Artenvielfalt gefährden. Viele Gemeinschaften und Auskommen hängen von dem biologischen Reichtum der Meere ab und dürfen nicht gefährdet werden.

Während 2,8 Prozent der Weltmeere als Meeresschutzgebiete ausgewiesen sind, finden sich nur 0,79 Prozent dieser Gebiete außerhalb der nationalen Zuständigkeiten. In letzter Zeit sind die Schutzgebiete zu wichtigen Instrumentarien in dem globalen Bemühen geworden, gefährdete Arten, Habitate und Ökosysteme zu schützen.

Dass sich die Menschheit der Bedeutung der Meere, insbesondere derjenigen außerhalb von nationalen Zuständigkeiten, immer bewusster werden, erklärt, warum die Mehrheit der Mitglieder der Ad-hoc-Arbeitsgruppe für ein neues rechtverbindliches Instrument gestimmt hat, um die biologische Vielfalt in Meeresgebieten jenseits nationaler Zuständigkeiten zu schützen.

Die Entscheidung vom 24. Januar unterstreicht ferner, dass die Mandate für die bisherigen globalen und regionalen Instrumente und Rahmenverträge nicht unterlaufen werden dürfen, dass Duplikationen vermieden und eine Übereinstimmung mit UNCLOS gewährleistet sein sollte.

Die internationale Gemeinschaft steht vor der Herausforderung, vor der nächsten anstehenden Etappe mit Bedacht diejenigen Gebiete zu identifizieren, die durch das vorgeschlagene Instrumentariun im Sinne einer optimalen Sicherung der Artenvielfalt der Meere geschützt werden sollen. Es geht darum, die Widerstandfähigkeit der Ozeane zu stärken, einen umfassenden Schutz ökologisch und biologisch wichtiger Gebiete zu gewährleisten und den Ökosystemen die Zeit zu geben, die sie für die Anpassung brauchen.

Das Rahmenwerk, das dazu führen soll, dass der Nutzen der Meeresorganismen für Forschung und Entwicklung fair geteilt wird, muss mit höchster Weitsicht gestaltet werden. Privatunternehmen, die in diesen Bereich investieren, bedürfen einer rechtlichen Sicherheit und klarer brauchbarer Regeln.

Ein internationales Instrument muss einen Rahmen schaffen und eine allumfassende strategische Vision beinhalten, die den Hoffnungen der Industrie- und Entwicklungsländer auf eine faire Nutzung der Ressourcen Rechnung trägt.

Dem Austausch von Informationen kommt dabei eine wichtige Rolle zu, um höchste Schutz- und Nachhaltigkeitsstandards gewährleisten zu können. Insbesondere die Entwicklungsländer werden die fortgesetzte Unterstützung beim Kapazitätenaufbau brauchen, damit sie sich wirksam an dem gemeinsamen Ziel der nachhaltigen Nutzung der Meeresressourcen beteiligen und von den wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen profitieren können. Wir brauchen einen globalen Ansatz, der Nord und Süd gleichermaßen gerecht wird. (Ende/IPS/kb/2015)

Bild: © Mark Garten/IPS

Palitha Kohona
Bild: © Mark Garten/IPS

* Palitha Kohona ist Sri Lankas ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen und Ko-Vorsitzender der Ad-hoc-Arbeitsgruppe zum Schutz der marinen biologischen Vielfalt in Meeresgebieten jenseits nationaler Zuständigkeiten


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/01/marine-resources-in-high-seas-should-be-shared-equitably/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 30. Januar 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Februar 2015


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