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ÖKOSYSTEME/025: Trinidad und Tobago - Schutzmaßnahmen gegen Bodenerosion gefährden Schildkrötenjunge (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. Juli 2012

Trinidad und Tobago: Schutzmaßnahmen gegen Bodenerosion gefährden Schildkrötenjunge

von Desmond Brown


Freiwillige Helfer haben mindestens 500 Schildkrötenjunge vor Baumaschinen an der Grand-Riviere-Küste in Trinidad gerettet - Bild: © Desmond Brown/IPS

Freiwillige Helfer haben mindestens 500 Schildkrötenjunge vor Baumaschinen an der Grand-Riviere-Küste in Trinidad gerettet
Bild: © Desmond Brown/IPS

Port of Spain, 17. Juli (IPS) - Lederschildkröten können bis zu einem halben Jahrhundert alt werden. Doch 20.000 Schildkrötenjunge haben nicht einmal so lange gelebt, um ihr Nest eigenständig zu verlassen. An der Grand-Riviere-Küste im Norden der Pazifikinsel Trinidad wurden sie in der zweiten Juliwoche zum Kollateralschaden von Bauarbeiten.

Seit der Grand-Riviere-Fluss im vergangenen Dezember über die Ufer getreten war und sich einen neuen Weg bahnte, war die Gegend von Bodenerosion gefährdet. Wohn- und Geschäftshäuser liefen Gefahr, über kurz oder lang weggeschwemmt zu werden oder festen Halt zu verlieren. Dem Umweltministerium zufolge war auch ein Hotel betroffen, das in der Schlüpfzeit der Lederschildkröten das beliebteste Touristenziel sei. Das Ministerium räumte ein, dass im Zuge der Bauarbeiten ein Teil der Schildkrötenjungen und -eier zerstört worden seien, und sprach sein Bedauern aus.

Planungsminister Bhoe Tewarie erklärte, der Tod der Schildkröten sei unentschuldbar. "Die Bauarbeiter und das verantwortliche Bauunternehmen müssen zur Rechenschaft gezogen werden", sagte er. Die Regierung müsse sich Gedanken darüber machen, wie sie verschiedene politische Vorhaben miteinander vereine, statt diese sich widersprechen zu lassen. "Die unterschiedlichen Ministerien müssen ihre jeweilige Politik aufeinander abstimmen." Da sich die Regierung das Ziel der nachhaltigen Entwicklung gesetzt habe, müsse sie dies auch in allen Aktionen verfolgen.

"Auf diesem Küstenabschnitt nisten die meisten Schildkröten", sagte Sherwin Reyz, die für die Grand-Riviere-Umweltorganisation arbeitet. Überall sonst hätte sich der Schaden begrenzen lassen. Reyz zufolge wäre die Aktion auch möglich gewesen, ohne so viel Land, auf dem die Schildkröten nisten, abzugraben. "Es ist allen klar, dass die Arbeiten notwendig waren. Aber dafür hätte man nicht den halben Stand umgraben müssen."


Gefährdete Tiere

Schildkröten gelten als gefährdete Tierarten, und die Lederschildkröten sind besonders gefährdet. Sie nisten zu großen Scharen an der Grand-Riviere-Küste in Trinidad. Auch andere Arten wählen diesen Ort, um ihren Nachwuchs in der Schlüpfsaison von Mai bis September auf die Welt zu bringen. Es ist der weltweit drittgrößte Nistplatz für Schildkröten.

"Wenn jemand die Lederschildkröten angreift und gefasst werden kann, muss er vor Gericht gestellt werden", verlangt Nalini Dial, Vorsitzende der Organisation 'Animals are Humans Too'. Von Premierminister Kamla Persad-Bissessar forderte sie, die Angelegenheit umfassend aufzuklären. "Das Töten der Schildkrötenjungen ist ein weiteres Beispiel dafür, wie wenig sich die Vierparteienkoalition um die Belange der Schutzlosen kümmert."

Joth Singh, Leiter der staatlichen Umweltmanagementbehörde EMA, hält den Schaden, den die Bauarbeiten angerichtet haben, für nicht ganz so schlimm wie befürchtet. Ein Großteil der Schildkröteneier sei bereits vom Meer davongespült und somit vernichtet worden. Die Arbeiten würden langfristig dafür sorgen, dass mehr Schildkrötennachwuchs gerettet werden könne. "Die Maßnahmen waren dringend notwendig. Wenn man jetzt nicht aktiv geworden wäre, wären noch viel mehr Schildkröteneier verloren gegangen - die Saison hat schließlich erst begonnen."

Auch Karen Eckert zufolge haben die Bauarbeiten den Schildkröten nicht ganz so zu schaffen gemacht wie von vielen angenommen. Die Exekutivdirektorin des Karibischen Meeresschildkrötenschutznetzwerks sagte: "Die Arbeiten haben weder die Zahl der Tiere an der Grand-Riviere-Küste wesentlich reduziert, noch den Bestand der Lederschildkröten generell geschmälert."

Für den Bestand ist allerdings der Klimawandel ein Problem: Wissenschaftlern zufolge ist die Schildkrötenpopulation nicht nur durch Ausbeutung gefährdet und weil die Tiere immer wieder als Beifang in Fischernetzen landen. Sondern auch die Veränderungen der Meerestemperatur und des Meeresspiegels, die durch den Klimawandel ausgelöst werden, greifen die Schildkröten an. (Ende/IPS/jt/2012)


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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juli 2012