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ÖKOSYSTEME/038: SASCHA - Neue Strategien für die Waldsteppe (idw)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ - 28.03.2013

SASCHA: Neue Strategien für die Waldsteppe



Die Moore, Wälder und Steppen in Westsibirien zählen zu den wichtigsten Kohlenstoffsenken der Welt. Weil in der Region der Bedarf an Ackerflächen zunimmt, droht der Kohlenstoff freigesetzt zu werden. Das könnte den Klimawandel beschleunigen. Wissenschaftler aus Deutschland und Russland wollen nun Fakten liefern, um den Landnutzungswandel nachhaltig zu gestalten.

"Neue Strategien für die Waldsteppe" ist das Thema des jüngsten Porträts des Forschungsschwerpunkts "Nachhaltiges Landmanagement", das das Projekt "SASCHA" vorstellt.

Uferschnepfe, Schafstelze oder Wachtelkönig - bei Arten wie diesen geraten Vogelkundler gerne ins Schwärmen. In Deutschland sind diese Vögel immer seltener zu beobachten, weil feuchte Wiesen und Weiden entwässert, gedüngt und in Äcker verwandelt werden. In der russischen Provinz Tjumen, tief im Westen Sibiriens an der Grenze zu Kasachstan, sind die Lebensräume der Wiesenvögel vielerorts noch intakt, die Bestände deswegen deutlich höher. »Die Vögel sind dort so häufig wie in Deutschland in den 50er Jahren«, freut sich Prof. Dr. Norbert Hölzel. Dies hat seine guten Gründe: Da, wo die Sowjetunion in den 50er Jahren auf Millionen Hektar mit gigantischem Aufwand die Steppe für den Getreideanbau unter den Pflug nahm, fielen nach dem politischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch in den 90er Jahren viele Grünländer brach. Heute fühlen sich dort seltene Limikolen wohl. Doch die Biodiversität ist in Gefahr: »Werden künftig die Wiesen und Weiden wieder in Ackerland umgewandelt und die landwirtschaftliche Nutzung intensiviert, hat das negative Auswirkungen auf die Vogelgemeinschaften«, sagt Hölzel, der als Ökosystemforscher am Institut für Landschaftsökologie der Universität Münster tätig ist.

Über das sibirische Hinterland weiß der 49-Jährige bestens Bescheid. Hölzel leitet das deutsch-russische Forschungsprojekt SASCHA. Bis zum Jahr 2016 wollen die Wissenschaftler Grundlagendaten erheben und Monitoring-I nstrumente bereitstellen, mit denen sich Strategien entwickeln lassen, damit sich regionale Landnutzer besser auf die Auswirkungen der Veränderungen der Landschaft und des Klimawandels einstellen können. Mit 3,8 Millionen Euro fördert das Bundesforschungsministerium das Vorhaben. Von deutscher Seite sind neben Forschern der Universitäten Münster, Osnabrück und Kiel auch die Humboldt-Universität Berlin, die Hochschule Osnabrück und das Fernerkundungsunternehmen Eftas sowie von russischer Seite Institute der Tjumener Staatsuniversität sowie der Staatlichen Agraruniversität Tjumen mit an Bord.

Foto: © N. Hölzel/Universität Münster

Sibirisches Birkenwäldchen in der Waldsteppe (Sommer).
Foto: © N. Hölzel/Universität Münster

Hölzels Sorgen um die Vielfalt der Vögel sind nicht aus der Luft gegriffen. »Der Bedarf an Agrarflächen für den Anbau von Getreide als Nahrungsmittel und für die Bioenergie steigt«, sagt er. Vor allem der Anbau von Weizen, aber auch von Raps, Sonnenblumen und Kartoffeln werde in Westsibirien stark zunehmen. Befeuert wird der Landnutzungstrend durch den Klimawandel. »Weil die Trockenheit in der Steppenzone Kasachstans und Südsibiriens zunimmt, wird sich der Getreideanbau weiter nordwärts in die Waldsteppenzone und die Vor-Taiga verlagern«, sagt Dr. Johannes Kamp, der das Projekt als Landschaftsökologe der Uni Münster koordiniert. Diese Verschiebung berge Risiken. Denn: Die Moore, Wälder und Steppen Westsibiriens zählen zu den weltweit wichtigsten Kohlenstoffsenken. Alleine Moore bedecken 600.000 km² und speichern damit ein Viertel des in terrestrischen Ökosystemen festgelegten Kohlenstoffs. »Werden diese Kohlenstoffvorräte freigesetzt, sind sie eine wichtige Quelle von Treibhausgasen«, erklärt Kamp.

Benjamin Haerdle


Das ganze Porträt finden Sie unter:
http://modul-a.nachhaltiges-landmanagement.de/fileadmin/user_upload/DOCUMENTS/RPs/SASCHA/SASCHA_WissPortraet_2013-03-01.pdf
Das Wissenschaftsporträt erscheint im Rahmen der Fördermaßnahme "Nachhaltiges Landmanagement" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

"SASCHA" ist eines von zwölf Regionalprojekten, welches im Rahmen der Fördermaßnahme "Nachhaltiges Landmanagement" (Modul A) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Der Förderschwerpunkt "Nachhaltiges Landmanagement" wird durch das wissenschaftliche Begleitvorhaben GLUES (Global Assessment of Land Use Dynamics, Greenhouse Gas Emissions and Ecosystem Services) übergreifend am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) koordiniert und begleitet.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://nachhaltiges-landmanagement.de/de/
http://modul-a.nachhaltiges-landmanagement.de/de/projekte/sascha/
http://www.uni-muenster.de/SASCHA/

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news525998
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution173

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ - Tilo Arnhold, 28.03.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April 2013