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PROTEST/041: Brasilien - Proteste gegen geplante Wiedereröffnung von Straße durch Iguaçu-Nationalpark (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. August 2013

Brasilien: Proteste gegen geplante Wiedereröffnung von Straße durch Iguaçu-Nationalpark

von Alice Marcondes


Bild: © SOS Mata Atlântica

Protest gegen die Wiedereröffnung einer Autobahn durch den Iguaçu-Nationalpark
Bild: © SOS Mata Atlântica

Rio de Janeiro, 15. August (IPS) - Brasilianische Umweltgruppen haben die Weltkulturorganisation UNESCO aufgefordert, ihren Widerstand gegen die Wiedereröffnung des 'Caminho do Colono' zu unterstützen. Der Autobahnabschnitt im Süden des Landes führt mitten durch den Iguaçu-Nationalpark, der 1986 zum Weltnaturerbe erklärt wurde.

Die 'Straße der Siedler' im Bundesstaat Paraná war mehr als zehn Jahre lang gesperrt. Sollte ein zurzeit im Senat beratenes Gesetz verabschiedet werden, könnte der Abschnitt wieder passierbar werden. Der Entwurf wurde in einem beschleunigten Verfahren dem Senat zugeleitet, nachdem ihn ein Ausschuss der Abgeordnetenkammer gebilligt hatte. Im Plenum des Unterhauses wurde er nicht beraten.

Der Bau an dem 18 Kilometer langen Straßenstück hatte 1925 begonnen, als Anwohner einen Transportweg für den in der Region geernteten Mate-Tee suchten. Jahre später wurde der Abschnitt in das brasilianische Autobahnnetz integriert und war seitdem Teil der Route PR-495 zwischen der Stadt Serranópolis do Iguaçu am nördlichen Rand des Nationalparks und der Stadt Iguiporã.

1986 wurde die Straße erstmals geschlossen, nachdem ein Verwaltungsplan für den 1939 zum Schutzgebiet erklärten Iguaçu-Nationalpark entworfen worden war. Dort befindet sich der größte zusammenhängende Teil der 'Mata Atlântica' (atlantischer Regenwald), einer brasilianischen Vegetationsform. Der bisher geschlossene Streckenabschnitt liegt vollständig in dem Naturschutzgebiet. Im selben Jahr wurde das Areal von der UNESCO unter Schutz gestellt. Nachdem die Straße später illegal befahren wurde, verfügte die Regierung 2001 die ständige Schließung.

Der Naturpark liegt im äußersten Westen von Paraná, nahe den spektakulären Wasserfällen von Iguaçu an der Grenze zu Argentinien und Paraguay. Das beliebte Touristenziel wurde sogar auf die Liste der sieben Weltwunder aufgenommen.


Befürworter sehen Gesetz als umweltfreundlich

Parlamentarier in der Region haben bereits mehrere Gesetzentwürfe eingebracht, um die Wiedereröffnung des 'Caminho do Colono' zu erreichen. Eine dieser Vorlagen, die von dem Abgeordneten Assis do Couto von der regierenden Arbeiterpartei eingebracht wurde, könnte noch in diesem Monat verabschiedet werden. Ziel sei es, Touristen rascher zu dem Weltwunder zu bringen und die Umweltbildung zu fördern, sagte Couto.

Etwa 1.000 Organisationen haben jedoch bei der UNESCO Protest eingelegt. "Der Verfasser des Entwurfs und seine Unterstützer behaupten, dass die Autobahn dem Umweltschutz, der ökologischen Bildung und der nachhaltigen Entwicklung der Region dient", heißt es in dem Schreiben an die UN-Organisation. "Die Auswirkungen von Straßen auf Naturschutzgebiete sind jedoch umfassend dokumentiert." Ein positiver Effekt des 'Caminho do Colono' für die regionale und föderale Wirtschaft sei nicht erwiesen.

Couto betont hingegen, dass das Gesetz den Verkehr durch den Park unter Kontrolle halten soll und Lastwagen die Nutzung der Straße verbietet, die nicht gepflastert werden soll, um den Boden durchlässig zu halten. Nachts soll der Autoverkehr ganz ruhen. Die Überwachung des Gebietes durch die Behörden könne zudem dazu beitragen, die illegale Ernte von Palmherzen einzudämmen.

Parkmanager Apolonio Rodrigues ist jedoch nicht davon überzeugt, dass die Anwohner von der Straße profitieren werden. "Sie ist kein Beitrag zu dem Straßennetz der Region, sondern nur eine Abkürzung für Leute, die von Süden nach Norden unterwegs sind", erklärte er. Der Schutz des Parks für die Menschheit sei aber wichtiger.


Jaguar-Population droht Ausrottung

Rodrigues zufolge würde die Straße eine Schneise durch das Ökosystem schlagen und fremde Arten in das Gebiet bringen. Auch die Verschmutzung der Gewässer und eine stärkere Sedimentablagerung wären zu befürchten. Zudem könnte die Straße die Zahl der Jaguare weiter dezimieren, nachdem die Population bereits um 90 Prozent geschrumpft ist. Von einst bis zu 180 Raubtieren in dem Gebiet sind laut Schätzungen nur noch etwa 18 erhalten.

Ronaldo Morato vom Nationalen Zentrum zur Erforschung fleischfressender Säugetiere fürchtet gar, dass die Spezies in der Region innerhalb der nächsten 80 Jahre vollständig ausgelöscht sein könnte. "Das Gebiet wird bereits durch Jagdaktivitäten belastet. Dringende Schutzmaßnahmen sind jetzt nötig. Und die Wiedereröffnung der Autobahn wird nicht dazu beitragen." (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://whc.unesco.org/en/interactive-map/
http://www.cataratasdoiguacu.com.br/portal/paginas/36-parque-nacional-do-iguacu.aspx
http://www4.icmbio.gov.br/cenap//
http://www.ipsnews.net/2013/08/highway-through-national-park-sparks-protest-in-brazil/

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IPS-Tagesdienst vom 15. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. August 2013